Am 5. September 2020 gedachte der «Arbeitskreis Blumen für Stukenbrock» auf dem Gelände des Ehrenfriedhofs für russische Kriegsgefangene in Stukenbrock des 75. Jahres der Befreiung des Lagers u.a. mit einer Rede des bekannten Paderborner Theologen Eugen Drewermann. Dieses Gedenken an das zig-tausendfache Sterben und Verhungern an diesem Ort findet, organisiert durch den Arbeitskreis, seit mehr als fünfzig Jahren statt. Zudem gibt es auf dem Gelände seit 1996 eine kleine offizielle Gedenkstätte, vom Land und den angrenzenden Kommunen finanziell unterstützt.
In diese Arbeit ist nun aber (geschichts-)politische Bewegung gekommen. Die Verbrechen der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg im Stukenbrocker Kriegsgefangenenlager «Stalag 326 VI K» und weitere Problemfelder sollen angemessener erforscht und dokumentiert werden. Mit einem gigantischen Finanzaufwand von ca. 50 Millionen Euro soll der Standort vollständig neu entwickelt werden und zu einer Gedenk- und Begegnungsstätte von überregionaler und internationaler Bedeutung werden. Eine Machbarkeitsstudie dazu liegt bereits vor; die lokale Presse berichtete. Bei einigen politischen Stellungnahmen hat es allerdings den Anschein, als sei der Begriff der Erinnerungskultur nur ein anderes Wort für Politik mit der Erinnerung.
Mit seinem derzeitig gültigen Gedenkstättenkonzept (von 2008) legt der Bund Förderschwerpunkte der Erinnerungspolitik fest, entscheidet über die Ausstattung zentraler Gedenkstätten mit Geldern und hat die Möglichkeit, Schwerpunkte des staatlich geförderten Erinnerns und Gedenkens zu bestätigen oder zu verändern. Damit öffnet sich allerdings auch schon ein Konflikt um die Gestaltung der geplanten neuen Stukenbrocker Gedenkstätte, um Ausstellungen, Denkmale oder pädagogische Konzepte, um Beteiligung verschiedener Körperschaften und Initiativen. Eine HistorikerInnen Tagung an der Universität Bielefeld hatte sich im Frühjahr 2018 mit dem Kriegsgefangenenlager Stalag 326 beschäftigt und Positionen zu einer Neukonzipierung bearbeitet.
Informationen und Hintergründe zu dem geplanten Projekt gaben bei der Online-Veranstaltung des Rosa-Luxemburg-Clubs Bielefeld:
Dr. Rosa Rosinski, stellvertretendes Mitglied der LINKEN im Kulturausschuss der Stadt Bielefeld
Dr. Falk Pingel, Sprecher der Regionalen Arbeitsgruppe OWL im Verein «Gegen Vergessen - Für Demokratie»
Hubert Kniesburges, Sprecher des Arbeitskreises «Blumen für Stukenbrock»
Moderation: Hermann Taube, Rosa-Luxemburg-Club Bielefeld