Nachricht | Zentralasien - China - Die Neuen Seidenstraßen Ein faires Geschäft für Chinas liebste Nachbarn?

Neubetrachtung der Managementstrategien für Wasser und Bodenschätze in Zentralasien im Rahmen der Belt and Road Initiative

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Der Kurpsai-Damm am Naryn-Fluss in Kirgisistan, teilweise mit chinesischen Krediten finanziert.
Der Kurpsai-Damm am Naryn-Fluss in Kirgisistan ist teilweise mit chinesischen Krediten finanziert. Foto: Yulia Kalinichenko

Zentralasien soll dank seiner strategischen Lage als eine der Hauptsäulen der chinesischen Belt and Road Initiative (BRI) dienen. So plant China einen Überland-Korridor zu den europäischen Märkten durch die Region, die zugleich wegen ihrer Kohlenwasserstoff- und Mineralvorkommen zur Stützung des chinesischen Wirtschaftswachstums von Wert ist.

Das Interesse an den BRI-Projekten ist beidseitig. Mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von über 25 Mrd. US-Dollar seit dem Start der Initiative 2013 und einem Gesamthandelsvolumen von fast 50 Mrd. US-Dollar gehören die Staaten Zentralasiens mittlerweile zu Chinas liebsten Nachbarn. Allerdings stellen die massiven Investitionen durch die Schuldenlast eine erhebliche finanzielle Belastung und damit verbunden politische Risiken dar. Tadschikistan und Kirgisistan droht bereits die Überschuldung, und auch in den anderen Ländern bestehen die chinesischen Investitionspakete aus gigantischen Krediten. Von den schuldenfinanzierten Infrastrukturprojekten erwartet man sich positive Effekte auf die Wirtschaftsentwicklung, doch in den hohen Schulden liegen auch Gefahren – wenn das Wirtschaftswachstum ausbleibt, die Umwelt zu stark belastet wird oder es nicht gelingt, den Lebensstandard der Bevölkerungsmehrheit zu erhöhen.

Farkhod Aminjonov ist Assistenzprofessor an der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Zayed-Universität in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Seine Forschungsschwerpunkte sind Energiesicherheit, Energiepolitik und nachhaltige Entwicklung.

Zentralasien wird sich aller Erwartung nach im Rahmen der Belt and Road Initiative transformieren. Zwischenmenschliche Kontakte (people-to-people) spielen dabei ebenso eine Rolle wie Infrastrukturnetze und Energie- und Industrieprojekte, die die Region stärker in die neue, chinazentrierte ökonomische und geopolitische Ordnung Eurasiens einbinden. Die beispiellose Abhängigkeit Zentralasiens von chinesischen Investitionen und chinesischer Infrastrukturanbindung sowie die Ausrichtung der meisten nationalen Wirtschaftsentwicklungsprogramme an der BRI birgt jedoch versteckte Risiken für die zentralasiatischen Regime und damit auch für Beijing. Dieser Artikel analysiert zwei heikle Bereiche der Zusammenarbeit zwischen China und zentralasiatischen Ländern und das nicht zu unterschätzende Gefahrenpotential bei Nichtbeachtung ihrer Problematik: einerseits die Handhabung grenzüberschreitender Wasserressourcen und andererseits die Erschließung von Mineralvorkommen.

  • Beijing hat die Empfänglichkeit lokaler Regierungen für chinesische Kredite dazu genutzt, Projekte (Erschließung von Mineralvorkommen und deren Verarbeitung, Entwicklung von Bergbautechnologie) voranzutreiben, an die sich große Erwartungen knüpfen, die aber nur wenig zur Entwicklung der lokalen Wirtschaft und zur Verbesserung des Lebensstandards vor Ort beitragen.
  • Obwohl nun im Rahmen der BRI das lange vertagte Problem unregulierter grenzüberschreitender Gewässer und deren Nutzung durch China und die Anrainerstaaten angegangen werden könnte, bleiben die Streitpunkte weiter ungelöst.

Wenn nicht rechtzeitig und lösungsorientiert in Angriff genommen, kann die ökologische, ökonomische und soziale Problematik dieser Projekte, die in einigen zentralasiatischen Ländern heute schon Unmut in der Bevölkerung hervorruft, die Tragfähigkeit der BRI für alle betroffenen Parteien negativ beeinflussen

Rückschlage bei der Managementstrategie für Mineralvorkommen und die Gefahr öffentlichen Unmuts

Chinas beschleunigte Wirtschaftsexpansion mittels der BRI zwingt zentralasiatische Regierungen, sorgfältig zwischen Kosten und Nutzen bei der Akquise chinesischer Investitionen abzuwägen. Einer der konfliktträchtigsten Bereiche innerhalb der BRI ist dabei der Umgang mit Bodenschätzen und der Bergbauindustrie. Die anfängliche Erwartung war, dass die Mineralvorkommen in den abgelegenen ländlichen Bergregionen Tadschikistans, Kirgisistans und Kasachstans, die normalerweise nicht auf der staatlichen und privatwirtschaftlichen Prioritätenliste stehen, Investitionen anziehen würden. Das wachsende Interesse chinesischer Unternehmen an den Mineralvorkommen dieser Gebiete sollte der örtlichen Bevölkerung Beschäftigungsmöglichkeiten bieten, einen Ausbau der Stromversorgung und Straßeninfrastruktur mit sich bringen und den allgemeinen Lebensstandard erhöhen. Doch Bergbau erwies sich als einer der korruptionsanfälligsten Sektoren innerhalb der BRI. Staatliche Lizenzen zur Erschließung der Vorkommen werden lediglich an chinesische Bieter*innen weiterverkauft, ohne die lokale Beteiligung explizit zu fördern. Chinesische Bergbauunternehmen nutzen chinesische Expert*innen, Technologien und Gerätschaften und speziell in diesem Sektor sogar chinesische Arbeiter*innen, um die Abbaustätten zu betreiben. Die Erschließung und Entwicklung der Vorkommen ist also häufig begleitet von Landverpachtung, hoher Korruption und nur beschränkter Förderung der lokalen Wirtschaft, was wiederum eine wachsende Unzufriedenheit in der Bevölkerung hervorruft.

2019 flammten in Kirgisistan antichinesische Demonstrationen auf. Fast 300 Dorfbewohner*innen aus dem Gebiet Naryn griffen im August 2019 chinesische Minenarbeiter*innen der Solton-Sary-Goldmine an, beschuldigten sie, das Grundwasser zu verschmutzen, und forderten die Schließung der Mine. Die Proteste in Naryn waren nicht die ersten Versuche, gegen chinesische Bergbauunternehmen vorzugehen. Bereits 2011 waren chinesische Grubenarbeiter*innen derselben Goldmine attackiert worden. Die von einem chinesischen Management betriebene Taldy-Bulak-Levoberezhny-Goldmine wurde 2012 nach Zusammenstößen zwischen lokalen und chinesischen Beschäftigten geschlossen. Im benachbarten Kasachstan kam es 2015 in einer Kupfermine unter einem chinesischen Betreiber ebenfalls zu Auseinandersetzungen zwischen lokalen und chinesischen Beschäftigten.

Der Anteil des Bergbausektors an der tadschikischen Industrie ist zwischen 2000 und 2018 von einem auf 25 Prozent gestiegen, wobei sich die Branche größtenteils in der Hand chinesischer Unternehmen befindet. Außerdem hat die Regierung im Austausch gegen die Bewilligung von Energieprojekten und Krediten exklusive Rechte für die Erschließung von Bodenschätzen und Bodennutzung an die chinesische Seite vergeben. China kontrolliert mittlerweile fast 80 Prozent der tadschikischen Gold- und Silberminen. Anders als die kirgisischen und kasachischen Nachbarn hält sich die tadschikische Bevölkerung jedoch mit öffentlicher Kritik an undurchsichtigen chinesischen Projekten innerhalb der BRI zurück. Nichtsdestotrotz besteht der Interessenkonflikt – lokale Unternehmen und der tadschikische Staat bedienen sich nur anderer Mittel, um die verpassten Gelegenheiten noch zu Gunsten des Landes zu wenden. Zum Beispiel wurde beim chinesischen Bergbauunternehmen Kaisun die Gewinnsteuer (20 Mio. US-Dollar) in doppelter Höhe erhoben. Als sich das Unternehmen an ein Gericht wandte, urteilte dieses zugunsten der örtlichen Behörden. In einem anderen Fall beschwerte sich der Geschäftsführer des Joint Venture Zeravshan, dass der Abschluss neuer Verträge extrem erschwert werde und es dem Unternehmen nicht gelinge, neue Goldminen zu erwerben, weil die tadschikische Seite horrende Preise verlange. Die chinesische Seite hatte 400 Mio. Yuan geboten (ungefähr 60 Mio. US-Dollar), die tadschikische Regierung hingegen 500 Mio. Dollar verlangt.

Zentralasiatische Regierungen betonen meist, dass BRI-Projekte die Binnenwirtschaft ankurbeln und den Lebensstandard heben. Erwartungen, dass die Erschließung der Bodenschätze und Bergbauprojekte die Wirtschaft vor Ort beleben, sind besonders in der lokalen Bevölkerung hoch. Doch laufende Projekte deuten darauf hin, dass ihre Hoffnungen weitgehend unerfüllt bleiben werden. Der Nutzen für die einheimische Wirtschaft fällt bescheiden aus, da für den Rohstoffabbau hauptsächlich Material, Technologie, Gerät und Arbeitskraft aus China zum Einsatz kommen. Eine wachsende Zahl undurchsichtiger Bergbauprojekte schürt Unzufriedenheit in der Bevölkerung und könnte den Erfolg der ganzen BRI in der Region ernsthaft gefährden. Für die zentralasiatischen Akteur*innen ist es daher wichtig, ihre Entwicklungsstrategien innerhalb der BRI zu überdenken, durch die sich die Region gegenwärtig ein Mineralvorkommen-Anhängsel Chinas verwandelt. Es sollten strenge Vorgaben zur Einbeziehung lokaler Ressourcen (Material, Gerät und Dienstleistungen) eingeführt werden, damit angemessen qualifizierte lokale Unternehmen stärker in diese Projekte einbezogen werden.

Die BRI wird die Auseinandersetzungen um Wasser in Zentralasien verschärfen

Das Fehlen wirksamer politischer Mechanismen zur Regulierung grenzüberschreitender Wasserressourcen in Zentralasien und die ökologischen, ökonomischen und politischen Risiken, die damit verbunden sind, räumte bereits der frühere kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew in seinem Beitrag zum BRI-Forum für Internationale Zusammenarbeit 2017 in Beijing ein: «Es ist wichtig, die komplexen Umweltfragen nicht auszusparen wie zum Beispiel das Problem eines rationalen Wasserressourcenmanagements bei interkontinentalen, grenzüberschreitenden Flüssen.» Die Frage grenzüberschreitenden Wassermanagements fehlt allerdings nicht nur auf der Liste der BRI-Kooperationsprioritäten, sie wird auch nicht einmal in den Richtlinienpapieren der Initiative gesondert erwähnt. Industrieentwicklungsprojekte innerhalb der BRI und die potentielle Beteiligung Chinas an der Wasserkraftentwicklung in der Region könnten die Konfliktdynamik zwischen den betroffenen Parteien noch anheizen.

Der wirtschaftliche Erfolg der BRI belastet die Wassermanagement- und Bewässerungssysteme in Zentralasien übermäßig und könnte, wenn innerhalb der BRI kein wirksamer Mechanismus zur Handhabung der Gewässer im Allgemeinen und der grenzüberschreitenden Flüsse im Besonderen festgelegt wird, eine großräumige Konfliktdynamik in der Region auslösen. Da das Thema sehr sensibel ist, legt die Analyse in diesem Abschnitt nahe, mit einem weniger umfassenden, aber ebenso wichtigen Element der Zusammenarbeit zu beginnen: der Minderung der Risiken im Bereich Wasser und Umwelt durch Weitergabe von Hochtechnologie und Wassermanagementexpertise zwischen den Ländern innerhalb der BRI.

China teilt sich 110 grenzüberschreitende Flüsse und Seen mit 18 verschiedenen Ländern. Bei den meisten besteht keinerlei Regulation durch internationale Abkommen. China liegt dabei fast immer flussaufwärts, was dem Land einen Vorteil bei der Nutzung grenzüberschreitender Wasserressourcen verschafft. Zahlreiche Streitfälle zwischen China und flussabwärts gelegenen Anrainerstaaten sind ungelöst. Schnelle Fortschritte zur Einrichtung eines wirksamen formalen Managementmechanismus für grenzüberschreitende Wasserressourcen innerhalb der BRI sind nicht zu erwarten. Angesichts der politischen Sensibilität und der möglichen ökologischen, ökonomischen und sozialen Kosten, falls die Bedeutung der Problematik für den Erfolg der BRI in der Region ignoriert wird, ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Thema auf die Tagesordnung kommt. Schließlich hat das chinesische Engagement in den zentralasiatischen Ländern direkte und indirekte Folgen für die Wassersicherheit und die ökologische Nachhaltigkeit in der Region.

Gefahren für nachhaltiges Management grenzüberschreitender Wasserressourcen

Die wichtigsten grenzüberschreitenden Flüsse zwischen Nordwestchina und zentralasiatischen Ländern sind der Ili, der Irtysch, der Emin und der Aksu. Chinas Vorstoß zur Neubelebung des Nordwestens des Landes hat Auswirkungen auf die Wasserverteilung in grenzüberschreitenden Flüssen und damit auch auf die sozioökonomischen Bedingungen und die Ökosysteme der Nachbarstaaten.

Der Irtysch ist für rund 15 Mio. Menschen in den nordöstlichen Gebieten Kasachstans die wichtigste Süßwasserquelle. Alle Projekte, die flussaufwärts auf chinesischer Seite Wasser abzweigen, könnten daher die städtische und industrielle Entwicklung in Kasachstan gefährden. Die strategische Bedeutung des Irtysch ist mit der rapiden ökonomischen Entwicklung der Provinz Xinjiang gewachsen: China hat den Fluss in den vergangenen zwei Jahrzehnten immer exzessiver zur Bewässerung und für industrielle Zwecke genutzt, was die Pegelstände auf kasachischem Territorium hat sinken lassen.

Große Sorgen bereitet auch das Management des Ili, der drei Viertel des gesamten Zuflusses zu einem der größten Seen in Asien, dem in Kasachstan gelegenen Balchaschsee, ausmacht. Auf chinesischer Seite bedrohen die Ausweitung bewässerter Flächen, die Errichtung eines Stausees sowie ein Kanal, um Wasser aus dem Ili umzuleiten, das reiche Ökosystem des Balchaschsees. Einige Expert*innen sehen sogar Parallelen zwischen den ökologischen und politischen Folgen der chinesischen Bewässerungsplanung in Xinjiang und der sowjetischen Baumwollbewässerung in Kasachstan und Usbekistan, die die Aralsee-Katastrophe verursacht hat.

Es gibt natürlich auch Beispiele für erfolgreiche Zusammenarbeit entlang grenzüberschreitender Flüsse. 2011 starteten China und Kasachstan das Friendship Joint Water Diversion Project am Khorgos, einem 150 Kilometer langen Nebenfluss des Ili, bei dem sich beide Parteien darauf einigten, je zu gleichen Teilen Wasser abzuzweigen, um Überflutungsschäden einzudämmen sowie die Wasserversorgung des Ökosystems sicherzustellen. Allerdings ist dies die einzige lokale Initiative, die zu einem allgemeineren Rahmenwerk für kooperatives Wassermanagement geführt hat. Die Trägheit bei der Einrichtung eines wirksamen Mechanismus zur Aufteilung von Wasserressourcen lässt sich durch die große Bedeutung grenzüberschreitender Gewässer für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der nordwestlichen Region Chinas erklären.

Chinesische Wasserkraftprojekte und die Gefahr für die Wasserversorgung

Ein grundsätzlicher Konflikt zwischen dem Bewässerungsbedarf der Region und der Nutzung des Wassers zur Energieerzeugung, aber auch spezifische Streitigkeiten über Energieversorgung und den Bau großer Wasserkraftwerke haben zu Auseinandersetzungen zwischen stromaufwärts gelegenen Ländern (Tadschikistan und Kirgisistan) und Ländern stromabwärts (Usbekistan, Kasachstan und Turkmenistan) geführt. Um Konfrontationen zu vermeiden, nahm Beijing in Zentralasien, anders als in anderen Teilen der Welt, zunächst vom Bau großer Wasserkraftwerke und von Staudammprojekten Abstand. Mit dem Wechsel der politischen Führung in Usbekistan und neuen Perspektiven für eine Zusammenarbeit der zentralasiatischen Länder in Wasserfragen zeigt China aktuell aber Interesse an Wasserkraft in der Region.

2012 stellte die China International Water and Electric Corporation das 300 Megawatt-Wasserkraftwerk Moynak in Kasachstan fertig. Beide Seiten haben über die Möglichkeit der Errichtung mehrerer weiterer Dämme entlang des Ili und des Schilik verhandelt, darunter das Kraftwerk Turgusun-3 mit einer Kapazität von 115 Megawatt. Das größte chinesische Wasserkraftprojekt in Zentralasien wäre eine Kaskade aus fünf Staudämmen mit 480 Megawatt Leistung am Tentek im Gebiet Almaty. Das chinesische Staatsunternehmen Sinohydro plant auch Investitionen von 550 Mio. US-Dollar in den Bau eines Staudamms und eines Kraftwerks am Serafschan zwischen Tadschikistan und Usbekistan. Außerdem gab es informelle Gespräche über Beijings Interesse am Import von Wasserkraftstrom aus Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan.

Chinesisches Engagement in der Erschließung des Wasserkraftpotentials der Region, insbesondere im weiteren Rahmen der BRI-Zusammenarbeit, könnte indirekt die Wasserverteilung in Zentralasien beeinflussen und eine neue Konfliktdynamik auslösen. Wasser, das zur Erzeugung von Wasserkraft in den neu gebauten WKW benötigt wird, dürfte die Wasserentnahme zur Bewässerung in den flussabwärts gelegenen Ländern beeinträchtigen. Die Anerkennung und Berücksichtigung ökologischer Grenzen im BRI-Kooperationsrahmen ist also entscheidend, um das Risiko von Zusammenstößen wegen der Wasserverteilung und des Managements grenzüberschreitender Flüsse in der konfliktträchtigen Region Zentralasien zu minimieren.

Das flussaufwärts gelegene China möchte sich Flexibilität gegenüber Verträgen erhalten, die seine Handlungsfreiheit beschränken und seine Optionen begrenzen könnten, insbesondere im Rahmen der BRI. Macht Beijing einem zentralasiatischen Land Zugeständnisse beim Management grenzüberschreitender Flüsse, könnte das einen negativen Präzedenzfall in der BRI schaffen, aufgrund dessen alle anderen flussabwärts gelegenen Länder ähnliche Mechanismen fordern. Selbst wenn sich irgendeine Form von regionalem Modell etabliert, hat China also höchstwahrscheinlich wenig Anreize, sich an internationale Normen zum Wassermanagement zu halten. Solange es keinen wirksamen Wassermanagementmechanismus zwischen zentralasiatischen Ländern gibt, wäre es auch naiv zu erwarten, dass Beijing die Initiative ergreift und einen solchen entgegen seiner eigenen Interessen etabliert.

Gleichzeitig beschränkt sich eine funktionierende Zusammenarbeit in Wasserfragen nicht nur auf offizielle Kanäle und zwischenstaatliche Regelungen. Im Rahmen der BRI ließe sich auf unterschiedlichen Ebenen Vertrauen aufbauen und die Kooperation beim Management der Wasserressourcen verbessern. Der erfolgversprechendste Weg für zentralasiatische Staaten besteht darin, China in die Verringerung der Wasser- und Umweltrisiken mit einzubeziehen, indem man es bittet, Expertise und Hochtechnologie zur effizienten Wassernutzung und Modernisierung der Bewässerungssysteme zu teilen. Das Problem der Wasserverteilung in Zentralasien ist keines der Quantität, sondern eines der Qualität der Bewässerungsinfrastruktur. Die Bewässerungssysteme sind veraltet und höchst ineffizient, sodass wegen schlechter Instandhaltung der größte Teil des Wassers gar nicht bis auf die Felder gelangt. Eine Priorisierung des Teilens von Wissen und Technologien, was im Rahmen der BRI von solider Wissenschaft und aussagekräftigen hydrologischen Daten flankiert werden könnte, böte aktuell einen Ausgangspunkt für eine umfassendere Zusammenarbeit zwischen China und zentralasiatischen Ländern beim Management grenzüberschreitender Gewässer.

Fazit

Zweifellos wird Beijing mit seinen zentralasiatischen Nachbarn bei so sensiblen Fragen wie dem Management grenzüberschreitender Gewässer und der Erschließung von Bodenschätzen zusammenarbeiten. Doch die Anreize, auch deren Management neu zu regeln, werden aus der Region selbst kommen müssen. Zentralasien profitiert von bestimmten zu erwartenden Vorzügen der BRI-Projekte, erleidet aber auch die zwangsläufigen Nachteile. Um die erwähnten Probleme anzugehen, dürfen sich die zentralasiatischen Staaten nicht wie bloße Regelempfänger verhalten, sondern sollten sich vielmehr in die Lage versetzen, den Erfolg der Initiative aktiv mitzugestalten. Wenn nicht rechtzeitig und sachgerecht angegangen, könnte die Misswirtschaft mit den Mineralvorkommen und Wasserressourcen in Zentralasien – die heute schon Unmut vor Ort auslöst – die Zukunftsfähigkeit der ganzen BRI beeinträchtigen. (Ende)


[Aus dem Englischen von Daniel Fastner & Markus Ostermair für Gegensatz Translation Collective]