Nachricht | Klopotek: Rätekommunismus. Geschichte – Theorie; Stuttgart 2021

Ein gelungenes Buch zur Relevanz des Rätekommunismus

Information

Wahlplakat der Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands vor der Reichstagswahl am 6. Juni 1920

Der Band ist, wie der Autor selbst einleitend schreibt, «lange überfällig» – seit Herbst 2016 wurde er öfter angekündigt und, auch zum Leidwesen des Rezensenten, verschoben. Das lange Warten hat sich gelohnt, denn der Band führt plausibel und erkenntnisgewinnend vor Augen, was der Rätekommunismus war und worin auch für heutige linke Zusammenhänge die Relevanz dieser Art des Denkens und der politisch-gesellschaftlichen Analyse liegt. Klopotek benennt von vorherein wichtige Makel und Lücken, die einer Aneignung unter den gegenwärtigen Umständen Schwierigkeiten bereiten: viele Text sind, zumindest in der ersten Leseerfahrung, «hölzern, flach, mechanistisch» – wie auch der Rezensent aus eigener Leseerfahrung bestätigen kann. Außerdem spielen Feminismus und Rassismus keine Rolle, «wenig» wird über Antisemitismus geschrieben. Weitestgehend handelte es sich, was die «Verlautbarungen, Manifestationen» und «Themensetzung» anbelangt, um eine «männliche Bewegung».

Politisch ist der Band herausfordernd und verlangt die Reflektion der eigenen Situation und politischen Eingebundenheit – wenn es um die Belange der Arbeiter:Innen geht, über die gerade in der akademisch verankerten Linken vielfach geschrieben wird, ohne dass tatsächliche Kontakte bestehen. Die eine der zwei grundlegenden Thesen lautet, dass der Rätekommunismus keine bloße «linksradikale Strömung in der Arbeiterbewegung» ist, sondern eine «grundsätzliche Kritik» an diesen, konzipiert aus der «Sicht der Arbeiterinnen und Arbeiter selbst». Klopoteks zweite These, eng mit der ersten verkoppelt, lautet: Der Rätekommunismus ist als «schiere Notwehr» zu verstehen – Notwehr gegen die Totalität der kapitalistischen Verhältnisse, die auch die Organisationen der Arbeiterbewegung letztlich «als kapital-konform» ausweisen. Wie das in seiner Komplexität zu verstehen ist, macht Klopotek, sprachlich beschwingt, in chronologischer Abfolge anhand verschiedener Texte wichtiger Protagonisten – Anton Pannekoek, Otto Rühle, Paul Mattick, Karl Korsch – deutlich.

Ein gelungenes Buch, mit einem frischen Blick aufs Thema, das aus einem breiten Literaturfundus schöpft, verbunden mit sehr nützlichen Literaturtipps, die zu eigenen Erkundungen der Thematik einladen und außerdem hier frei abrufbar auf der Verlagsseite verfügbar sind.

Felix Klopotek: Rätekommunismus. Geschichte – Theorie, Schmetterling Verlag, Stuttgart 2021, 249 Seiten, 12 EUR