Volker hat viele Jahre (2007 bis 2015) im Vorstand der Landesstiftung kreativ und zuverlässig mitgearbeitet. Ihm war die politische Bildung als Bedingung für gelingende Demokratie eine Angelegenheit von Kopf und Herz. Insbesondere die politische Bildung in ländlichen Raum hat er organisiert und befördert, den Rosa-Luxemburg-Club in Celle hat er aus der Taufe gehoben. Volker war ein respektierter, guter und leidenschaftlicher Lehrer und ein großherziger Mensch. Er hat sich um die Rosa-Luxemburg-Stiftung verdient gemacht.
Volker ging keiner Diskussion aus dem Wege, war stets an solidarischer Klärung interessiert und immer der erste, wenn es um praktische Unterstützung vor Ort ging. Er wird uns als Mensch und als Aktivist emanzipatorischer politischer Bildungsarbeit fehlen.
aus revista. linke zeitung für politik und kultur in celle - Nr. 106, Sept./Okt. 2021
Nachruf Volker Petran
gestorben am 31. Juli 2021
Die Eröffnungen waren unkonventionell. Volker war ein begabter und begeisterter Schachspieler. Er mochte es, im Wohnmobil vor der Nachtruhe noch ein paar Spielchen zu machen. Das meist total unaufgeräumte Wohnmobil war in den beiden letzten Lebensjahrzehnten sein Lebensmittelpunkt. Transportmittel, Büro, Poststelle, Schlafstätte. Wegen seinen Bewegungsdefiziten nutzte er Wohnmobil und Fahrrad. Und er war viel unterwegs. Vom heimischen Wohlenrode ging es oft zu ( hauptsächlich politischen) Terminen nach Celle und Hannover, aber auch nach Malmö und Istanbul. Da er als Student sein Studium mit Fahrertätigkeiten finanzierte, liebte er lange Strecken und er fuhr sehr ausdauernd. Dadurch lernte er Länder in Nord- und Westafrika kennen.
Nach dem Pädagogikstudium in Göttingen arbeitete er bis zur Pensionierung als Grundschullehrer. Er mochte den Umgang mit den Schulanfänger*innen und war auch bei den Eltern und Kolleg*innen beliebt, auch als Aktivist der GEW. Es gab kaum einen Redebeitrag, wo die Bemerkung „… ich als Lehrer …“ nicht mit einfloss.
Während des Studiums engagierte er sich im SHB (Sozialdemokratischer Hochschulbund ), der wegen seiner STAMOKAP-Ausrichtung bald keine Bindung mehr an die Mutterpartei hatte. Im Bündnis mit dem MSB Spartakus stellten sie lange den ASTA der Pädagogischen Hochschule Göttingen.
Im Gegensatz zu vielen SHB-Genoss*innen organisierte sich Volker nach dem Studium nicht in der DKP - er wurde SPD-Mitglied. Der Einfluss des linken Sozialdemokraten Peter von Oertzen war dafür ausschlaggebend. Er blieb in der SPD als Karteileiche bis zum Amtsantritt von Schröder, dessen Agenda-Politik er vehement ablehnte. Die Initiative von ehemaligen Sozialdemokrat*innen zur Bildung einer Wahlalternative wurde von Volker von Anfang an unterstützt. In Celle baute er den Kreisverband der WASG auf.
Nach dem Zusammenschluss der WASG mit der PDS zur Partei DIE LINKE engagierte sich Volker auf verschiedenen Ebenen für die neue Partei.
Im Kreisverband Celle war er von Anfang an im Kreisvorstand aktiv. Bundesweit war er der Sprecher der niedersächsischen SOZIALISTISCHEN LINKEN (SL) in der bundesweiten SL-Koordination.
Die Parteiarbeit war aber nur ein Standbein. Für ihn war es wichtig, die Partei mit sozialen Bewegungen zu vernetzen. Ganz praktisch baute er die ATTAC-Regionalgruppe Celle mit auf und engagierte sich im internationalen Netzwerk der EUROPÄISCHEN MÄRSCHE GEGEN ERWERBSLOSIGKEIT. Im Kontext der EUROMÄRSCHE besuchte er 2008 das EUROPÄISCHE SOZIALFORUM in Malmö und 2010 das EUROPÄISCHE SOZIALFORUM in Istanbul.
Und natürlich die Sozialforen in der BRD 2005 in Erfurt und 2009 im Wendland. Im Wendland organisierte er den Workshop zum Celler Trialog.
Legendär die Geschichte, als er in Istanbul die Orientierung verlor. Er fragte vorbeikommende Polizisten, wo nun das Sozialforum stattfinden würde. Die Polizeieskorte brachte ihn dann direkt zum Tagungszentrum. Das war Volker. Er ging immer direkt auf Menschen zu und hatte sofort Kontakt.
Als Lehrer war ihm die politische Bildung ein Herzensanliegen. Als langjähriges Vorstandsmitglied der ROSA-LUXEMBURG-STIFTUNG Niedersachsen koordinierte er die Bildungsarbeit zwischen Harz und Küste. In Celle war er Gründungsmitglied des ROSA-LUXEMBURG-CLUBS Celle.
Bei zahlreichen Veranstaltungen des Clubs war er anwesend und brachte sich durch Redebeiträge ein. Am 1. Mai war er lange sehr verbindlich mit einem Infostand der ROSA-LUXEMBURG-STIFTUNG bei den Kundgebungen des DGB Celle vertreten. Artikel von ihm erschienen auch in der SoZ (Sozialistische Zeitung ).
Volker war immer ansprechbar und er sagte mal, dass er „bei allen Gruppen mitmachen würde, wo die rote Fahne flattern würde“. Die Kommunikation mit ihm wurde in den letzten Jahren schwieriger - durch seine Schwerhörigkeit und seine Weigerung, die neuen Medien zu nutzen. Texte schrieb er ausschließlich mit der Hand. Das Gespräch war ihm wichtig, bei der Stiftung, in der Partei und auch beim Preisskat. Und auch beim traditionellen Stintessen in Wienhausen.
Über gesehene Fußballspiele konnte er sich lange ausbreiten. Gegen Gerhard Schröder hatte er in seiner Studienzeit auch mal gespielt. Er meinte, Schröder wäre kein guter Player gewesen.
Volker hätte sich auch jetzt wieder in die Wahlkämpfe eingebracht. Mit seinem geliebten Wohnmobil. Mit seinen Möglichkeiten. Und mit aller Bescheidenheit. Bis zuletzt setzte er sich ein für eine bessere Welt, von der er so viel gesehen hatte.
Gern hätte ich mit ihm noch mal eine Partie Schach gespielt, die er garantiert gewonnen hätte.
Paul Stern