Das linke Zentrum Conne Islandexistierte 2021 in Leipzig seit 30 Jahren. In diesem größten, und vermutlich wichtigsten linken Ort in der Stadt, wenn nicht in ganz Sachsen, haben sich in diesem Zeitraum hunderte von Personen engagiert, im Moment sollen es 150 sein. Dieses Buch versucht anhand von 20 persönlichen, auf Interviews beruhenden Geschichten, deren Vielfalt an Motivationen, Zugängen und Perspektiven abzubilden.
Die Leserin erwartet in den Texten ein breites Spektrum an Erfahrungen und Hintergründen. Erlebten einige noch das Punk-Sein in der DDR vor 1989, wurde andere in diesem Zeitraum erst in der westdeutschen Provinz geboren und zogen erst sehr viel später nach Leipzig. Andere sind von der jahrelangen Nutzung und Gestaltung des Skat-Parks auf dem Gelände geprägt, wieder andere berichten von den ausdifferenzierten, aber oft umso schärfer mündlich und schriftlich ausgetragenen politischen Debatten (Stichwort: «Antideutsche»). Das Buch erzählt von den Anfangszeiten des «Conne Island» in den 90ern, als den Nazis auch mal «einen auf den Gong gegeben» wurde, wenn diese das Zentrum angriffen - oder wie es sich anfühlt, als einzige Schwarze auf einem Hardcore-Konzert zu sein. Eine DJ erzählt, dass sie ohne das Conne Island nie auf die Idee gekommen wäre, selbst aufzulegen, und was das mit aktuellem Feminismus zu tun hat; oder eine politische Aktivistin, warum sie dem Ort den Rücken gekehrt hat.
Es ist also kein objektiver Überblick. Das Buch zeichnet aus persönlicher Sicht Debatten und Diskussionen der letzten Jahre fragmentarisch nach, und blickt damit auf subkulturelle und linksradikale Lebensläufe und Prägungen in Ost- und Westdeutschland. es möchte auch den vieldiskutierten Dialog zwischen den Generationen anregen und fördern. Immer wieder kommt auch die sich wandelnde Rolle und kleiner werdende Bedeutung des Zentrums für den Stadtteil Connewitz und Leipzig insgesamt in den Blick. Die nicht zuletzt daherkommt, dass es nun, im Unterschied zu den 1990ern, viele andere Orte für Politik und Subkultur in Leipzig gibt.
Eher zwischen den Zeilen ist auch von Burnout zu lesen, und davon, dass viele qua Alter auch aus der von ihnen lange ausgefüllten Rolle oder gar dem Ort insgesamt herauswachsen.
Ein spannendes Buch, dem allerdings einige analytische Gedanken, etwa zur Aufwertung von Leipzig, gut getan hätten. 2011 erschien im Verbrecher Verlag mit 20 YRS. Noch lange nicht Geschichtebereits ein erster, mittlerweile vergriffener Band zum 20. Jubiläum des «Conne Island».
Conne Island (Hg.): Auf dem Klo habe ich noch nie einen Schwan gesehen. Erinnerungen aus 30 Jahren Conne Island; Verbrecher Verlag, Berlin 2021, 280 Seiten, 20 Euro