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Josua Mata über die philippinische Arbeiter*innenbewegung vor und nach Präsident Duterte

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Demonstrant*innen führen ein Bildnis des philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte bei den Demonstrationen zum Tag der Arbeit vor dem Präsidentenpalast am 1. Mai 2019 in Manila, Philippinen, mit sich. Foto: picture alliance / NurPhoto | Ezra Acayan

Obwohl die offizielle Stimmenauszählung erst heute begonnen hat, steht das Ergebnis der philippinischen Präsidentschaftswahlen 2022 bereits mehr oder weniger fest: Ferdinand «Bongbong» Marcos Jr., der Sohn des langjährigen Diktators Ferdinand Marcos, scheint einen erdrutschartigen Sieg errungen zu haben und wird der nächste Präsident der Philippinen werden.

Auch wenn er sich vor der Wahl nicht sonderlich geäußert hat, wird Marcos weithin als rechtsgerichteter Autoritarist wahrgenommen, dessen Karriere von Kontroversen und Korruptionsvorwürfen geprägt ist. Es wird erwartet, dass er die Politik des derzeitigen Präsidenten Rodrigo Duterte fortsetzen wird, einschließlich seines tödlichen «Drogenkriegs», der bereits Tausende von Menschenleben gefordert hat. Kritiker*innen befürchten, dass sich die Rechtsstaatlichkeit unter seiner Präsidentschaft weiter verschlechtern wird – eine Befürchtung, die durch die zahlreichen Vorwürfe von Wahlunregelmäßigkeiten am Wahltag noch verstärkt wurde.

Josua Mata ist Generalsekretär von SENTRO, einem progressiven, branchenübergreifenden Gewerkschaftsbündnis auf den Philippinen. 

Übersetzung von Daniel Fastner für Gegensatz Translation Collective.

Für diejenigen, die gehofft hatten, die Wahlen würden die philippinische Politik nach links verschieben, sind die Ergebnisse gelinde gesagt eine Enttäuschung. Immerhin verfügt das Land über eine Reihe einflussreicher linker Parteien und eine lange Geschichte von Kämpfen gegen Unterdrückung und für Demokratie – doch aufgeteilt in mehrere rivalisierende Lager fällt es der Linken schwer, ein politisches Programm zu formulieren, das überzeugend genug ist, um eine Mehrheit zu gewinnen. Diese Wahl war nicht anders.

Wohin können die progressiven sozialen Bewegungen des Landes gehen, und was wird ein weiterer Marcos im Amt für die umkämpfte philippinische Linke bedeuten? Josua Mata, einer der führenden Gewerkschafter auf den Philippinen und eine starke Stimme für Demokratie und soziale Gerechtigkeit im Land, sprach mit Liliane Danso-Dahmen, Leiterin des Südostasienbüros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Manila, über Sozialismus, Sektierertum und den Kampf für soziale Gerechtigkeit auf den Philippinen vor und nach der Duterte-Regierung.

Vorläufigen Prognosen zufolge wird wohl das Gespann Ferdinand «Bongbong» Marcos, Jr., und Sara Duterte, der Sohn des früheren Diktators und die Tochter des aktuellen Präsidenten, die Präsidentschaftswahl auf den Philippinen für sich entscheiden. Was bedeutet das für die Gewerkschaftsbewegung und allgemeiner für die Demokratie in Deinem Land?

Falls wieder ein Marcos in den Malacañang-Palast [die offizielle Residenz des philippinischen Präsidenten] einzieht, bedeutet das noch einmal sechs harte Jahre für die Arbeiter*innenklasse. Niemand weiß, welches Programm Bongbong Marcos an der Macht verfolgen wird. Bisher haben wir nicht mehr von ihm zu hören bekommen, als dass er die «gute Arbeit» von Präsident Duterte fortsetzen wolle.

Doch was soll gut daran sein? Mindestens werden es sechs weitere Jahre des «Dutertismo». Bongbong Marcos könnte seine Herrschaft auch noch darüber hinaus verlängern, wenn es ihm durch eine Verfassungsänderung gelingt, die Art von autoritärer Regierung zu institutionalisieren, die sie eigentlich anstreben. Genau das hat schon Duterte versucht, und wenn Bongbong Marcos diese Richtung fortsetzen möchte, wird er logischerweise einen neuen Anlauf nehmen – diesmal möglicherweise mit Erfolg.

Wie würde sich die Arbeiter*innenbewegung, insbesondere SENTRO und die sozialen Bewegungen, mit denen wir im Rahmen von Kalipunan[1] zusammenarbeiten, dazu stellen? Uns ist völlig klar, dass es keine Flitterwochen mit Marcos geben wird. Wir bereiten alle schon darauf vor, in den Startlöchern zu stehen und vom ersten Tag seiner Amtszeit an für unsere Rechte und Sozialleistungen zu kämpfen.

Wie haben sich die Philippinen unter Duterte gewandelt? Wie haben die sechs Jahre seiner Präsidentschaft die Gesellschaft und das politische Klima verändert?

Die letzten sechs Jahre waren eine Katastrophe für Menschenrechte und die Arbeiter*innenbewegung auf den Philippinen, insbesondere im Blick auf Gewerkschafts- und Arbeiter*innenrechte.

Zum Beispiel sind die Philippinen seit 2017 im Globalen Rechteindex des Internationalen Gewerkschaftsbunds unter den Top Ten der Länder mit den schlechtesten Arbeitsbedingungen, und das zurecht. Dutertes blutiger Krieg gegen die Drogen hat ein Klima der Straffreiheit geschaffen. Seit 2016 sind mehr als 50 Gewerkschaftsführer*innen getötet worden. Lediglich bei einem dieser Morde wurde ein Gerichtsverfahren eingeleitet, das auch immer noch nicht abgeschlossen ist. Bei vielen Morden an Gewerkschafter*innen und sogenannten «außergerichtlichen Tötungen» stehen Ermittlungen noch aus.

Das ist die verheerendste Folge von Dutertes Krieg gegen Drogen, doch die Lösung eines anderen Problems wird meines Erachtens noch mehr Zeit in Anspruch nehmen: Es ist nicht nur die Menschenrechtskrise an sich, sondern auch die Tatsache, dass unsere Institutionen sehr geschwächt sind, weil Duterte fast alle Sicherungen gegen den Autoritarismus beseitigt hat. Er hat ein sehr viel mächtigeres Präsidentenamt geschaffen, das nun sein*e Nachfolger*in übernehmen wird. Ich denke, die Auswirkungen dieser weiteren Schwächung einer ohnehin schon schwachen demokratischen Tradition auf den Philippinen werden wir noch lange nach seinem Abtritt spüren.

Doch obwohl er die Gewerkschaften so unermüdlich attackiert und uns und andere Bewegungen mit Repressalien überzogen hat, konnten wir während seiner Amtszeit bedeutende politische Reformen durchsetzen. So war beispielsweise die Ratifizierung des IAO-Übereinkommens 151 sehr vorteilhaft für die Beschäftigten des öffentlichen Sektors, der Mutterschutz wurde ausgeweitet und das Gesetz über geschützte Räume verabschiedet. Diese Verbesserungen sollten aber nicht Duterte zugutegehalten werden, sondern der Gewerkschaftsbewegung und all den anderen progressiven Bewegungen und Abgeordneten, die die Sache trotz seiner Angriffe ins Rolle gebracht haben.

Wie steht es diesbezüglich eigentlich um den linken Flügel der Arbeiter*innenbewegung? Haben nicht Teile der philippinischen Linken anfangs Duterte unterstützt?

Das ist eine sehr wichtige Frage, um die man, so kontrovers sie auch ist, bei einer Bewertung der politischen Situation auf den Philippinen nicht umhin kommt. Zum ersten Teil der Frage: Wenn es eine Krise gibt, wenn also die Globalisierung und der Neoliberalismus in der Krise sind, sollte das der Linken bei der Verbreitung ihrer Ideen theoretisch entgegenkommen. Doch das Problem ist, dass sich die philippinische Linke seit längerer Zeit schon selbst in der Krise befindet.

Unsere Krise hängt damit zusammen, dass sich die Menschen tendenziell an die traditionellen Politiker*innen der Elite halten, einfach weil die Linke keine überzeugende politische Alternative zu dem krisengetriebenen System präsentiert hat, mit dem wir seit jeher konfrontiert sind. Ich war immer davon überzeugt, dass der Sozialismus eine deutlich bessere Vision anzubieten hat, doch wir schaffen es nicht, diese Vision in funktionierende Programme umzusetzen, die in der Bevölkerung Anklang finden.

Ein anderes Symptom unserer Krise ist, dass es der Linken so schwer fällt, sich zusammenzuschließen und eine gemeinsame Front gegen die traditionellen Politiker*innen zu bilden. Aus meiner Sicht ist unser größtes Hindernis, dass weite Teile der Linken immer noch sehr sektiererisch sind.

Historisch war die philippinische Linke stark in stalinistischem Denken verhaftet, sei es die ursprüngliche Kommunistische Partei der Philippinen in den 1930er Jahren oder die neue Kommunistische Partei der Philippinen 1969. Das bedeutet ein großes Hemmnis für eine Vereinigung der Linken. Ich war über Jahrzehnte an zahlreichen Versuchen beteiligt, die Linke zusammenzubringen, und jedes Mal hat es sich als sehr schwierig erwiesen, weil diese Bemühungen an irgendeinem Punkt immer durch sektiererische Einstellungen untergraben werden.

Einer der größten Indikatoren für die Art von Problemen, die durch stalinistisches Denken entstanden sind, ist die Unterstützung und Ermächtigung Dutertes seitens großer Teile der Linken. Besonders die Nationaldemokraten sind auf den Zug aufgesprungen, weil ihnen 2016 Friedensgespräche versprochen wurden. Sie haben praktisch Wahlkampf für Duterte gemacht und sich sogar mehr als zwei Jahre lang an seiner Regierung beteiligt. Natürlich müssen friedliche Lösungen für einen der weltweit längsten bewaffneten Aufstände gefunden werden, daher verstehe ich es aus taktischer Perspektive. Doch es ist einfach ein gewaltiges Problem, jemandem zu vertrauen, der schon lange vor seinem Einzug in den Malacañang-Palast diktatorische Tendenzen gezeigt hat.

Das Problem hat sich noch dadurch verschärft, dass viele Anhänger*innen der Nationaldemokraten weiter an der Duterte-Regierung festielten, auch nachdem diese einen blutigen Krieg gegen Drogen begonnen hatte, in dem 20.000 bis 30.000 Menschen ums Leben kamen. Schlimmer noch, sie beteiligten sich an Dutertes blutigem Regime, obwohl viele der getöteten Menschenrechtsaktivist*innen ihre eigenen Mitglieder waren. Tatsächlich haben sie die Regierung nie aus freien Stücken verlassen. Sie mussten nach dem Scheitern der Friedensgespräche praktisch rausgeschmissen werden. Das will mir einfach nicht in den Kopf.

Nach meiner Auffassung lässt sich das ganze Problem der Arbeiter*innenbewegung darauf zurückführen, dass wir keinen tiefverwurzelten Sinn für Demokratie haben. Die Bewegung ist von etwas befallen, was ich «Amöbensyndrom» nenne: Man gründet eine Organisation, nach ein paar Jahren sind es dann zwei, die sich wiederum irgendwann in vier Organisationen aufteilen. Erklärungen dafür gibt es viele, sie reichen von ideologischen bis zu persönlichen Differenzen in der Führung – manche würden sogar sagen, es liegt am Arbeitsgesetz oder der ökonomischen Struktur des Landes. Ich denke aber, das sind alles nur Ausflüchte. Der wirkliche Grund ist, dass die Arbeiter*innenbewegung erst eine starke demokratische Kultur in ihren eigenen Reihen aufbauen muss. Stattdessen ist sie immer führungsorientiert gewesen.

Viele Gewerkschaftsmitglieder glauben tendenziell denjenigen, die an der Spitze ihrer Organisation stehen, so dass sich Gewerkschaften auch leicht spalten, wenn es zu Differenzen in der Führung kommt. Und auch sonst gibt es unter Arbeiter*innen immer noch einen starken Glauben an den Mythos des »starken Mannes«. Viele meinen, weil Philippiner*innen so undiszipliniert und ungehobelt seien, bräuchten sie Führung mit eiserner Faust. Das müssen wir aus den Köpfen der Arbeiter*innen herausbekommen.

Du hast erwähnt, dass die philippinische Linke, oder zumindest der kommunistische Flügel, in einem der weltweit längsten bewaffneten Aufstände involviert ist. Doch die Linke ist auch in den Wahlen sehr präsent. Was hat linke Kräfte dazu gebracht, sich am Parlamentssystem zu beteiligen?

Unter der Marcos-Diktatur sind viele Linke, mich eingeschlossen, mit der Überzeugung großgeworden, dass Wahlen eine Farce sind. Sie galten als exklusive Spielwiese der Eliten. Das mag für die Jahre unter Marcos auch stimmen, doch es änderte sich mit den vorgezogenen Neuwahlen 1986, die zu seiner Absetzung führten. Dennoch dauerte es viele Jahre, bis sich die Haltung änderte. Ich bilde mir ein, dass meine Organisation, meine Strömung innerhalb der Bewegung, viel dazu beigetragen hat, Arbeiter*innen von dieser hinderlichen Denkweise abzubringen. Nach dem Ende von Marcos’ Diktatur 1986 gründeten wir das Labour Education Research Network (LEARN) und führten Diskussionen über die richtige Strategie für die neue politische Situation.

Jahrzehnte später, nachdem wir mit Akbayan eine der ersten progressiven Parteien gegründet hatten, schlossen sich auch viele andere dem Kampf um Parlamentssitze an, darunter die Nationaldemokraten, die unserem Ansatz ursprünglich sehr kritisch gegenübergestanden hatten. Aus meiner Sicht spielen viele tatsächlich das Wahlspiel so mit, wie es traditionelle Politiker*innen tun. Und das ist tragisch. Zwar machen sich auch andere progressive Parteien der Verwendung solcher Taktiken schuldig, doch die Nationaldemokraten sind in diesem heuchlerischen Spiel ganz besonders geschickt. Daher müssen wir uns nach zwei Jahrzehnten Arbeit im Rahmen des parlamentarischen Systems fragen, was wir als Bewegung eigentlich erreicht haben?

Was hat Gewerkschaften überhaupt dazu motiviert, in Wahlen zu intervenieren? Für uns gehört Beteiligung an den Wahlen zu unserer Strategie des Social Movement Unionism, die darauf abzielt, dass sich Arbeiter*innen auf verschiedenen Kampffeldern für gesellschaftlichen Wandel einsetzen. Durch Entwicklung des eigenen Wahlpotenzials sollten Arbeiter*innen in die Lage kommen, die Staatsmacht zu erobern, die wir dann zur Beschleunigung gesellschaftlichen Wandeln einsetzen können.

Bedauerlicherweise verfolgen manche Linke, die sich im Kampf um Parlamentssitze engagieren, nur das Ziel, die Interessen ihrer Führungsspitze voranzubringen. Sie orientieren sich nicht an gut durchdachten Klassenzielen, sondern an den beschränkten Interessen ihrer Anführer*innen oder bestenfalls ihrer Organisation. Daraus erklärt sich, wieso die größte Gewerkschaft, der Trade Union Congress of the Philippines (TUCP), Bongbong Marcos’ Wahlkampf unterstützt hat. Ist das zu glauben?

Wir sind jetzt schon mehrfach auf den bewaffneten Aufstand der Kommunistischen Partei gekommen. Wie wirkt sich dieser fortlaufende Konflikt auf die Politik im Land aus?

Das ist ein sehr heikles Thema. Es gibt Gegenden, vor allem in abgelegenen Regionen, wo die bewaffnete Linke großen Einfluss hat. In einigen dieser Gebiete werden andere politische Gruppen – einschließlich progressiver Gruppen – am Wahlkampf gehindert. Das ist sehr undemokratisch.

Ich finde es ziemlich ironisch, dass der Guerillakrieg unter dem Motto »langer Volkskrieg« geführt wird und sie ihn als demokratischen Krieg darstellen, weil sie das Volk auf ihrer Seite haben. Doch wenn er wirklich im Namen der Demokratie geführt wird, warum ist es in den Gebieten unter ihrer Kontrolle dann nicht möglich, dass auch diejenigen, die ihre Ideen nicht teilen, Kampagnen durchführen.

Sprechen sich Gewerkschaften auf den Philippinen explizit für bestimmte Kandidat*innen oder Parteien aus?

Vor Jahren haben einige kleine Gewerkschaften versucht, eine eigene Arbeiter*innenpartei zu gründen, doch das hat nicht funktioniert. Das Thema kam immer wieder auf, doch ich bin überzeugt, dass die Chancen schlecht stehen, solange die Arbeiter*innenbewegung nicht in der Lage ist, weitgehend einheitlich aufzutreten.

Da es nun keine funktionierende Arbeiter*innenpartei gibt, unterstützen die meisten Gewerkschaften einfach bestimmte Kandidat*innen. Das geschieht wie gesagt auf unterschiedliche Weise. Bei SENTRO haben wir versucht, diese Praxis in allen Bündnissen, mit denen wir arbeiten, einzuführen. Unser Ausgangspunkt war immer, Klarheit über die Agenda der Arbeiter*innen zu gewinnen. Auf Grundlage dieser Agenda entscheiden wir, welche Kandidat*innen diese Politik am besten vertreten können. Natürlich sollten sie voll und ganz hinter der Agenda stehen. Zweitens sollten sie in der Vergangenheit nicht an Menschenrechtsverletzungen beteiligt und drittens nicht in Korruption verwickelt gewesen sein.

Nachdem wir auf Führungs-, Rats- und Regionalebene diesen Prozess durchlaufen haben, treffen wir unsere Entscheidung und fragen den Kandidat oder die Kandidatin, eine Vereinbarung mit uns zu unterschreiben. Wir haben nie jemanden unterstützt, der keine Absichtserklärung unterschrieben hat. Deshalb haben wir uns auch nie für [den ehemaligen Präsidenten] Benigno Aquino ausgesprochen, obwohl unsere eigene Partei, Akbayan, ihn unterstützt hat.

Wie steht es um die breitere Öffentlichkeit? Gibt es einen Platz für die Linke im politischen Mainstream? Werden sozialistische Ideen als glaubwürdig angesehen?

Ich denke, das ist die größte Herausforderung für die Linke im Allgemeinen und für die progressive Bewegung im weiteren Sinne, selbst wo sie sich selbst nicht als links betrachtet. Wie übersetzen wir sozialistische feministische Ideen in ein praktikables und umsetzbares politisches Programm? Bedauerlicherweise steht das noch aus.

Allerdings sickern manche Ideen aus der Linken allmählich in den nationalen Diskurs ein, zum Beispiel das Ziel solider öffentlicher Beschäftigungsprogramme oder einer Reichensteuer. Diese Ideen sind nicht unbedingt links und auch nicht ausschließlich sozialistisch, sie sind aber innerhalb der progressiven Bewegung entwickelt worden und werden allmählich von der breiten Bevölkerung übernommen. Daran sehen wir, dass es Entwicklungsspielraum für radikale Politik gibt.

Die größte Herausforderung ist jetzt, wie wir diese Ideen in größerem Maßstab verbreiten können. Wie machen wir den Menschen glaubhaft, dass es eine Alternative zum Kapitalismus gibt und dass wir eine bessere Gesellschaft aufbauen können, die nicht durch und durch misogyn ist? Wenn die Frage ist, ob es Raum dafür gibt, dann lautet die Antwort «ja». Ich glaube aber nicht, dass sich dieser Raum auf Wahlen beschränkt. Die Interessengruppe für eine alternative Gesellschaft, für eine sozialistische und feministische Zukunft, können wir nicht während der Wahlen aufbauen. Das muss tagtäglich passieren, im Kampf Schulter an Schulter mit den Menschen.


[1] Kalipunan ng Kilusang Masa ist ein Bündnis von Organisationen, die Massenbewegungen der indigenen Völker, Frauen, Arbeiter*innen, behinderten Menschen, LGBT, Landwirt*innen, der Jugend, Fischer*innen und städtischen Armen vertreten.