Nachricht | Sozial-ökologische Transformation der Industrie

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Aussicht auf Münchener Umland, mit Fokus auf ein Industriegebiet
Foto: Dimitry Anikin via unsplash

Die deutsche Industrie befindet sich am Beginn einer fundamentalen Umwälzung. Um die in der EU und in Deutschland angestrebten Klimaziele bis 2045 erreichen zu können, bedarf es entschlossenen und koordinierten Handelns auf einer Vielzahl technologie-, industrie-, wirtschafts- und arbeitspolitischer Felder. In den dazu geführten politischen und medialen Debatten stehen bislang die mit dem Industrieumbau verbundenen technologischen Herausforderungen im Mittelpunkt. Die sind gewaltig, doch es geht um noch mehr. Denn der ökologische Umbau der Industrie kann gesellschaftspolitisch nur als Teil einer sozial-ökologischen Transformation gelingen. Das Ökologische geht nur mit dem Sozialen, und das Soziale geht nur mit dem Ökologischen.

Dies ist der Ausgangsgedanke des Projekts «Sozial-ökologische Transformation der deutschen Industrie», das im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Verein «Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik» durchgeführt wurde. Es diente der Aufarbeitung und verständlichen Zusammenfassung des Stands der Dinge als Orientierung und Handreichung für gesellschaftliche Akteurinnen und Akteure, ohne deren Engagement die sozial-ökologische Transformation der Industrie nicht gelingen kann: in der Umweltbewegung und in den Parteien, in Kammern und Arbeitsagenturen, in der Regional- und Kommunalpolitik – und last not least in Gewerkschaften und Betriebsräten. Denn gerade sie müssen im Betrieb, in der Branche und in der Region handlungs- und konfliktfähig werden, um sowohl Klimaschutz als auch soziale Sicherheit und Gute Arbeit voranzubringen.

Folgenden Fragen wurde in dem Projekt nachgegangen: Welche Umbaustrategien werden in der Industrie verfolgt? Welche Rahmenbedingungen muss der Staat schaffen, damit der Umbau beschleunigt wird und gelingen kann? Welche Rolle spielen Gewerkschaften und Betriebsräte heute bereits bei alldem, und welche Überlegungen gibt es, um in Zukunft eine noch größere Rolle spielen zu können? Was ist also zu tun, damit aus dem beginnenden Industrieumbau ein Transformationsprozess entsteht, der soziale Gerechtigkeit und Sicherheit stärkt, anstatt soziale Ungleichheit weiter zu vertiefen?

Ergebnis des Projekts sind zum einen drei Sachstandsanalysen, die eine aktuelle Zwischenbilanz der technologischen und politischen Herausforderungen in der Chemie-, Stahl- und Automobilindustrie sowie der Strategien maßgeblicher Akteure in diesen Branchen präsentieren. Eine weitere Studie beleuchtet erstmals den Reformbedarf im gesamten Spektrum der Arbeitspolitik, die eine Schlüsselrolle bei der Verwirklichung des sozial-ökologischen Industrieumbaus spielen wird. Die klimapolitischen Rahmenbedingungen des Industrie-Umbaus, die Bedeutung der Wasserstoff-Strategie sowie der Diskussionsstand zu den Problemen des EU-Emissionshandels und des geplanten Grenzausgleichs-Mechanismus sind Gegenstand dreier gesonderter Studien.

Ein zusammenfassender Überblick über die Studien des Projekts führt zu offenen und strittigen Fragen sowie zu Politikdefiziten auf einigen der großen Baustellen, die für die sozial-ökologische Transformation der Industrie unmittelbar und praktisch relevant sind. Das Spektrum dieser Themen reicht von den umwelt- und arbeitspolitischen Bedingungen, an die die erheblichen staatlichen Unterstützungsleistungen für Unternehmen geknüpft werden sollten, über die Stärkung der Tarifbindung durch Tariftreueregelungen und Allgemeinverbindlichkeitserklärungen bis hin zu einer umverteilungsbasierten Erhöhung der Steuereinnahmen, die eine Finanzierung der riesigen öffentlichen Ausgabenprogramme erst möglich macht. All dies wird nur gelingen können, wenn staatliches Handeln durch das Engagement gesellschaftlicher Akteur*innen in Betrieben, Branchen, Kommunen und Regionen unterstützt und vorangetrieben wird.