Nachricht | Rosa-Luxemburg-Stiftung Auf Augenhöhe

Bei der Finanzierung aus dem Bundesetat herrscht jetzt Gleichbehandlung. Episode 15 von Klaus Meier/Florian Weis.

Die Finanzgespräche der sechs parteinahen politischen Stiftungen laufen über Monate, sind streckenweise zäh und kompliziert. Fair geleitet von der Konrad-Adenauer-Stiftung steht am Ende ein sehr gutes Ergebnis: Die Rosa-Luxemburg-Stiftung kann – die Zustimmung des Bundestages im November vorausgesetzt – ab 2011 mit mehr Geld aus dem Bundeshaushalt rechnen.

Spätestens nach dem guten Abschneiden der LINKEN bei den Bundestagswahlen 2009 war den Vertreterinnen und Vertretern aller Stiftungen klar: Die Rosa-Luxemburg-Stiftung ist ein fester Bestandteil bei der Mittelvergabe geworden. Bei den Gesprächen in diesem Jahr spielt die Frage von regierungs- oder oppositionsnaher Stiftung und politischen «Familien» keine ausschlaggebende Rolle, ebenso wenig wie auf den meisten Kontaktebenen der Stiftungen untereinander. Vielmehr geht es um einen Interessenausgleich – so wie bei Tarifverhandlungen, freilich anstelle von zwei mit sechs Tarifparteien.

Grundlage der Mittelverteilung auf die parteinahen politischen Stiftungen ist ein Aushandlungsprozess untereinander sowie eine parlamentarische Entscheidung des Bundestages. Wegweisend sind dabei das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 1986 und die darauf fußende gemeinsame Erklärung der Stiftungen. Wenig verwunderlich: Jede neue Stiftung, die einer Partei nahesteht, die sich längerfristig im parlamentarischen System der Bundesrepublik etablieren kann und eine dauerhafte politische Grundströmung in der Gesellschaft verkörpert, erschwert die Aushandlung eines neuen Kompromisses unter den Stiftungen. Das war so Ende der 1980er-Jahre bei den Grünen und der sich bildende Heinrich-Böll-Stiftung – und das wiederholt sich später auch mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

In die Gespräche in diesem Jahr geht die Stiftung mit dem Ziel, den Prozess der Gleichbehandlung auch zuwendungsseitig abzuschließen. Heraus kommen die Vertreter der Stiftung Ende Juni mit einem Ergebnis von 9,5 Prozent für die Bundesministerien für wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie Inneres und das Auswärtige Amt. Zuletzt hatte es je nach Ministerium zwischen 5,9 und sieben Prozent gegeben. Vom Bundesministerium für Bildung und Forschung erhält die Stiftung bereits seit Jahren Zuwendungen in Höhe von etwa zehn Prozent. Die Stiftung kann nun mit einem Gesamtetat für das nächste Jahr von rund 40 Millionen Euro planen und soll zudem in die Baumittelförderung aufgenommen werden, wodurch ein Neubau des Hauptsitzes in Berlin bis Ende der 2010er-Jahre möglich erscheint. Die Quote von 9,5 Prozent liegt damit über dem Durchschnittsergebnis der LINKEN und der PDS bei den vergangenen vier Bundestagswahlen, das bei knapp acht Prozent liegt. Dieser Durchschnittswert der nahestehenden Partei – und nicht etwa allein das Ergebnis der jüngsten Bundestagswahl 2009 von 11,9 Prozent – ist der Orientierungspunkt bei der Mittelvergabe. Die Übereinkunft sichert eine Weiterförderung, auch wenn eine Partei aus dem Bundestag ausscheidet, wie 1990 die (West-)Grünen und 2002 die PDS – abgesehen von den beiden direkt gewählten Abgeordneten Gesine Lötzsch und Petra Pau.

Mit dem Verhandlungsergebnis ist die Stiftung auf Augenhöhe mit den anderen parteinahen Bildungsinstitutionen. Schon seit Mitte des Jahrzehnts war es bei den Finanzen rasant bergauf gegangen und es stieg sukzessive auch die Quote. Nach dem Erfolg der Linkspartei.PDS im Jahr 2005, die ihre Listen für Kandidatinnen und Kandidaten der WASG geöffnet hatte und bei der Bundestagswahl 8,7 Prozent erreichte, verdreifachte sich der Etat binnen fünf Jahren. Im Jahr 2010 konnte die Stiftung über fast 30 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt verfügen. Rund 16 Millionen Euro gingen in die internationale Arbeit, etwa 6,5 Millionen in die Begabtenförderung.

Die Planungen für die Zeit bis 2014 laufen derzeit auf Hochtouren: Etwa 20 neue Arbeitsplätze sollen entstehen, darunter zunächst ReferentInnenstellen für die Themenfelder Migration und Gewerkschaften. Teilzeitstellen werden in Vollzeit umgewandelt. Mehr Geld soll auch in die Erstellung von Fachstudien fließen. Im Stiftungsalltag stehen die Zeichen unter anderem auf mehr inhaltlicher Zusammenarbeit zwischen Forschung, politischer Bildung und Auslandsarbeit. In einem ersten Schritt sollen dabei Projekte zur solidarischen Gesellschaft, der politischen Weiterbildung etwa von potenziellen MandatsträgerInnen und politisch Aktiven sowie das Projekt «Internationale Politik – lokal wirken» bereichsübergreifend bearbeitet werden.

KLAUS MEIER LEITET DEN BEREICH FINANZEN/CONTROLLING DER ROSA-LUXEMBURG-STIFTUNG. FLORIAN WEIS IST GESCHÄFTSFÜHRENDES VORSTANDSMITGLIED