Dokumentation Die ökologische Krise und eine andere Perspektive

Ein Bericht über die RLS-Bildungsreise in das Biosphärenreservat Rhön

Information

Zeit

Foto: Matthias Weiß

Die ökologische Krise und eine andere Perspektive

Eine Bildungsreise in das Biosphärenreservat Rhön
Veranstaltung der RLS Sachsen-Anhalt in Kooperation mit der Offenen Arbeit Erfurt

Vom 2. bis 4.September 2022 reisten 14 Personen in den thüringischen Teil der Rhön, um dort am Beispiel des Biosphärenreservats zu erfahren, welche Möglichkeiten es gibt, die Interessen von Mensch und Natur in Übereinstimmung zu bringen. Zudem sollte ein größeres Verständnis über den Zusammenhang von menschlichem Handeln und den sich daraus ergebenden Folgen im Kontext der Themen „Anthropozän“ und „Klimawandel“ erreicht werden.

Ziele der Exkursionen waren u.a.: Die Geschichte, Bedeutung und Aufgaben der Biosphärenreservate; Erläuterungen zum Zusammenhang von Natur und Wirtschaft innerhalb der Reservate; Die Bedeutung von Klimawandel, Krisen und dem Anthropozän für Konzeption und Praxis der Arbeit in Naturräumen sowie die Diskussionen über mögliche Antworten auf eine andere Perspektive des Konflikts Mensch – Natur.

Das Konzept des Biosphärenreservats  

Die Rhön ist ein Mittelgebirge, eine alte durch die Menschen geprägte Kulturlandschaft. Die Einflüsse des Menschen sind über die Zeiten deutlich sichtbar und widersprüchlich.

Das gesamte Reservat in seinen drei Teilen in Thüringen, Hessen und Bayern ist geologisch sehr vielfältig. Es umfasst 96 Gemeinden in sechs Landkreisen. Wälder umfassen 42% der Flächen, weitere 26% sind Grünland und bei 18% handelt es sich um Ackerland.

Die Aufgaben der Biosphärenreservate bestehen u.a. in dem Schutz und der Erhaltung der natürlichen Vielfalt, der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung, Bildung und Kommunikation sowie Forschung und Monitoring.

Das Biosphärenreservat wird in drei Zonen unterteilt: Kernzone (3,07%), Pflegezone (20%) und Entwicklungszone, welche den größten Teil der Fläche umfasst. Dabei werden auch schon die ersten Probleme für die Natur- und Landschaftsschützer*innen sichtbar: es gibt konkurrierende Landnutzungsansprüche. Zwar handelt es sich bei den meisten der für den Naturschutz genutzten Flächen um Bundes- oder Landesterritorien, jedoch wird zum Teil auch auf privates Land zurückgegriffen, wenn es sich um besonders schützenswerte Bereiche handelt. Dabei kommt hier und da der Vorwurf der „Enteignung“ auf, obwohl Ersatzland zur Verfügung gestellt wird.

Besonders bei der Kulturlandschaft der Streuobstwiesen wird der Einklang von Mensch und Natur durch die gemeinsame Nutzung durch Menschen und Tiere deutlich. Hier wie auch in anderen Bereichen sind erfolgreiche Entwicklungen zu beobachten. Allerdings gibt es auch eine Vielzahl von Herausforderungen, die gemeistert werden müssen. Seien es die langen Genehmigungsverfahren und die Eingriffe in die bisherigen Gewohnheiten der Menschen, die bei der Bevölkerung unterschiedliche Wahrnehmungen hervorrufen; seien es die häufiger auftretenden Neophyten (Herkulesstaude, Staudenlupine u.a.), Monokulturen, wie z.B. Mais, das Einbringen von Gülle auf Feldern usw. Der Tourismus ist eine Chance dem Anliegen des Reservats zu dienen und den Menschen einen angenehmen Aufenthalt in der Natur zu bieten. Gleichzeitig kann er aber auch zur Plage werden: Wenn der Wildschutz nicht beachtet wird, „Wildes Zelten“ als Abenteuertourismus verstanden oder mit Mountainbikes ohne Rücksicht durch das Gelände gerast wird.

Im Großen und Ganzen jedoch blicken die von der UNESCO seit 1971 in ihrem Programm „Man and Biosphere“ begründeten Biosphärenreservate in Deutschland auf eine bisher erfolgreiche Arbeit. Von den bisher 18 Biosphärenreservaten sind 16 von der UNESCO als solche anerkannt. Der Drömling und der Südharz bewerben sich um ihre Anerkennung.

Die zwei geführten Wanderungen

Der erste Rundweg führte vom ersten natürlichen Erdfallsee Thüringens, der Bernshäuser Kutte über die Stoffelskuppe, einem alten Rhönvulkan, den Grafensee und dem Horn (einem Doppelberg) zurück zur Bernshäuser Kutte. Zwei unterschiedliche Eindrücke seien kurz geschildert: Die Bernshäuser Kutte hat eine Fläche von 4,85 Hektar. Sie ist bis 47 Meter tief und somit der tiefste See Thüringens. Und sie ist 4.000 Jahre alt. Die Kutte liegt in der Pflegezone und ist ein beeindruckendes Naturdenkmal.

Wie im Harz, tritt auch hier der Borkenkäfer auf. Der Wanderführer erläuterte, dass zu Zeiten der DDR ein Förster und zwei Helfer bei dem Befall eines Baumes sofort reagierten und diesen entfernten. Heute würde man zu lange abwarten bis die Flächen kahl seien. Dann erfolge erst eine Ausschreibung und eine Firma schaffe mit ihrem Harvester einen Kahlschlag. Inzwischen sei der Borkenkäfer jedoch längst woanders.

Am zweiten „Wandertag“ führte der Weg u.a. zum Ibengarten, einen Eibenwald mit Exemplaren, zum Teil in einem Alter von 500 bis 600 Jahren. Die Eibe galt oft wegen ihrer jungen Stammausschläge als Baum des Lebens und der Ewigkeit. Eibenholz war wegen seiner Eigenschaften sehr begehrt und teuer. Es ist sehr wasserbeständig und hat eine hohe Elastizität, welche sich als vorteilhaft für die Herstellung von Bögen, Speerschäften und Wanderstöcken. Der berühmte Ötzi zum Beispiel war im Besitz eines Wanderstocks aus Eibenholz.

Diese wenigen Eindrücke sollen reichen, um die Notwendigkeit des Zusammenlebens von Mensch und Natur zum beiderseitigen Nutzen zu erkennen. Stets wenn Menschen meinen, sich über die Natur erheben zu können und sie über alle Maße ausbeuten, zerstören sie nicht nur ihre Geschichte, sondern auch ihre Zukunft.

Bernd Löffler