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Bericht vom europäischen Vernetzungstreffen der Betriebsräte der Coca-Cola-Abfüller CCE und CCE AG

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Florian Wilde,

Am 4./5.10.2011 gab es in Frankfurt eine europaweite Vernetzungskonferenz von Betriebsräten der Coca-Cola-Abfüller CCE und CCE AG mit Vertretern der EFFAT (Europäische Gewerkschaft für Lebensmittel, Tourismus und Landwirtschaft). Anlass war die sich abzeichnende Umstrukturierung in der Branche mit einer möglichen Fusion von CCE und CCE AG.

An dem Treffen nahmen Betriebsräte aus Deutschland, Frankreich, England, Norwegen, Luxemburg und Belgien, der Vorsitzende der EFFAT, Vertreter der NGG (Gewerkschaft Nahrung, Genussmittel, Gaststätten) und der IUF (Internationale Gewerkschaft der Lebensmittelarbeiter) teil.

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung unterstützte die Konferenz durch die Übernahme der Kosten für die Übersetzung und war auf der Konferenz durch ihren Geschäftsführer Dr. Florian Weis und den Referenten für Gewerkschaften, Florian Wilde, sowie durch einen Info-Tisch vertreten.

In seinem Grußwort erklärte Florian Weis, dass es in der RLS ein großes Interesse an der Unterstützung internationaler Vernetzungen von Gewerkschaften untereinander und mit sozialen Bewegungen gäbe. Das Themenfeld Gewerkschaften habe in der Stiftung durch die Gründung eines Gesprächskreises Gewerkschaften weiter an Bedeutung gewonnen und spiele auch in der Auslandsarbeit der Stiftung eine wichtige Rolle. Besonders sei die Stiftung an der Frage interessiert, wie Gewerkschaften zu einer stärkeren transnationalen Organisierung kommen könnten.

Die Relevanz dieser Frage unterstrich auch Prof. Dr. Frank Deppe in seinem Einleitungsreferat. Konkret  geht es hier um die Frage der grenzüberschreitenden gewerkschaftlichen Organisierung in einem bedeutenden global player. Gerade in der Nahrungsindustrie gäbe es traditionell riesige weltweit agierende Konzerne wie Coca-Cola mit fast 100.000 oder Nestlé mit 300.000 Beschäftigten. Unten oft sehr dezentral strukturiert, sind sie oben sehr zentral gesteuert. Dies mache gewerkschaftliche Arbeit schwieriger. Gerade bei Umstrukturierungen sei eine starke gewerkschaftliche Vernetzung notwendig. Als Antwort auf die kapitalistische Globalisierung müssen die Gewerkschaften einerseits den informellen und prekären Beschäftigungssektor effektiver organisieren, andererseits eine stärker transnationale Orientierung entwickeln und dabei sowohl ihre Strukturen vor Ort als auch ihre internationalen Gewerkschaftsbünde stärken.

Hans-Jürgen Hinzer, der Streikbeauftragte der NGG, verwies auf verschiedene Beispiele erfolgreicher internationaler Solidarität seiner Gewerkschaft. Mitte der 90er Jahre gelang es durch Proteste in Deutschland und England, eine Schließung des Traditionsunternehmens Asbach zu verhindern. 2005 reiste eine Delegation der NGG zur Unterstützung streikender Nestlé-ArbeiterInnen nach Marseilles, und seit vielen Jahren spielt die Solidarität mit den von brutaler Repression betroffenen Gewerkschaften der Coca-Cola-Beschäftigten eine wichtige Rolle in der NGG.

Im Zentrum der Konferenz stand die Frage nach der Arbeit in einem Europäischen Betriebsrat (EBR). Thorsten Schulten (Hans-Böckler-Stiftung) beschrieb, wie die Zahl an EBR´s in den letzten Jahren explodierte: mittlerweile hätten fast 50% der europaweiten Unternehmen mit über 1000 Beschäftigten einen EBR. In der Realität gäbe es verschiedene Typen von EBR´s, wobei er den Typ des partizipationsorientierten empfahl, in dem es um den Versuch tatsächlicher Mitbestimmung der Politik des Unternehmens gehe.

Johan Botella vom Gesamtbetriebsrat der CCE AG schilderte die tariflichen Bedingungen in dem Unternehmen mit rd. 10.000 Beschäftigten in Deutschland.

Die Anwesenden verabschiedeten eine Erklärung, in der sie sich auf die Errichtung eines europaweiten Frühwarnsystems im Unternehmen verständigten, der Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen den Kampf ansagten und sich zur Solidarität bei Arbeitskämpfen verpflichteten.
Die Erklärung soll nun in die nationalen Gewerkschaften der Beschäftigten zurückgetragen werden.

Als erster Schritt hin zur Umsetzung des Papieres wurde eine internationale Arbeitsgruppe eingerichtet. Dazu Markus Dieterich, Referent im Gesamtbetriebsrat der CCE AG: „Diese Arbeitsgruppe soll die Tarifpolitik grenzüberschreitend koordinieren.“

Der Vorsitzende der EFFAT, Harald Wiedenhofer, fasste abschließend die Ergebnisse zusammen und kündigte künftige Treffen zur Fortsetzung der Vernetzung an.

Die Konferenz war ein spannendes Beispiel dafür, wie die Perspektive einer transnationalen gewerkschaftlichen Organisierung in einem wichtigen globalen Unternehmen konkret in Angriff genommen werden kann. Sie verdeutlichte die Schwierigkeiten, aber auch die Herausforderungen und Chancen, die sich daraus für Gewerkschaften ergeben.

 

Von Florian Wilde, Referent für Arbeit, Produktion und Gewerkschaften.