Nachricht | International / Transnational - Europa Regierungsauflösung in der Slowakei am 11. Oktober 2011

Joanna Gwiazdecka (RLS) zu den Auseinandersetzungen um die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms in der Slowakei.

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Im Zusammenhang mit der Abstimmung über den sogenannten Euro-Rettungsschirm in der Slowakischen Nationalversammlung kam es zu einem Mißtrauensantrag, den die amtierende Ministerpräsidentin Iveta Radičova selbst stellte. Als Grund führte sie an, dass der Koalitionsparter SaS (Freiheit und Gerechtigkeit), der sich vor allem die strikte Kontrolle von Steuerausgaben auf die Fahnen geschrieben hat, die Regierungsvorlage für die Abstimmung nicht mit trug. Bei der Abstimmung bekam demzufolge die Regierung keine Mehrheit, da sich neben SaS auch die Opposition der Stimmen enthielt. Daraufhin erklärte Radičova die Vierparteienkoalition für gescheitert und ihren Rücktritt.

Laut slowakischer Verfassung können Gesetzesnovellen, die vor allem internationale Bedeutung haben, im Parlament zweimal beraten und über sie abgestimmt werden. Nach dem Rücktritt der Regierung von Radičova erklärte Robert Fico, der Chef der größten Oppositionsgruppe Smer (sozialdemokratisch ausgerichtet) seine Bereitschaft, bei der zweiten Abstimmung zusammen mit den drei bisherigen Regierungspartei für den sogenannten Euro-Rettungsschirm zu stimmen. Das ergäbe eine Mehrheit. Als Bedingung forderte er aber in zeitlicher Nähe die Ausschreibung von Neuwahlen, da Smer kein Interesse habe an einer neugebildeten Regierung unter den jetzigen Mehrheitsverhältnissen. Der Wähler, so Fico, müsse nun das Wort haben.

Die bisherigen drei bürgerlichen Regierungsparteien (außer SaS) akzeptierten den Vorschlag. So wird es zur Annahme des sogenannten Euro-Retungsschirms kommen und zu Neuwahlen des Parlaments, die am 19. März 2012 stattfinden werden.

Hintergrund für die Haltung Robert Ficos sind vor allem die derzeit günstigen Umfragewerte von teilweise deutlich über 40 Prozent. Außerdem stärkt er damit sein Ansehen auf der europäischen Bühne. Als er 2006 sein Amt als Ministerpräsident antrat, wurde er wegen der Koalition mit den slowakischen Nationalisten (SNS) von vielen europäischen Sozialdemokraten/Sozialisten, insbesondere von der SPD gescholten und gemieden. In dieser Zeit hielten einzig die tschechischen Sozialdemokraten (ČSSD) auch offiziell zu ihm. Das hatte sich zwar bis Ende seiner Amtszeit 2010 tendenziell zugunsten Ficos geändert, doch die Koalition mit den EU-skeptischen Nationalisten wurde ihm auch weiterhin verübelt. Bei den Wahlen 2010 schnitt seine Partei Smer mit fast 35 Prozent zwar als die mit Abstand stärkste Partei ab, doch fand sich kein geeigneter Koalitionspartner. Das ebnete schnell den Weg zu einer bürgerlichen Vierparteienkoalition, die trotz heterogener Zusammensetzung bis zum Zeitpunkt der Abstimmung über den sogenannten Euro-Rettungsschirm leidlich funktionierte. Nunmehr rechnet Fico aber mit einer anderen Situation: Sollte Smer wiederum die mit Abstand stärkste Partei werden, stünden ihm womöglich mehr Koalitionsmöglichkeiten zur Verfügung als 2006 oder 2010.