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Mit den Wahlen könnte die Opposition die langjährige Regierungspartei SWAPO ablösen

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Menschen halten Transparente zur Unterstützung von LGBTQ-Rechten vor dem Obersten Gerichtshof, der ein bahnbrechendes Urteil zugunsten von LGBTQ-Gemeinschaften gefällt hat, in Windhoek, Namibia, 21. Juni 2024
Die politischen Vorschläge der Oppositionsparteien stehen zusammen für einen umfassenden Entwicklungsansatz, der darauf abzielt, Strukturen der Ungleichheit abzubauen und eine Gesellschaft zu schaffen, in der jeder Mensch die Möglichkeit hat, sich zu entfalten. Menschen protestieren für LGBTQ-Rechte vor dem Obersten Gerichtshof, der ein bahnbrechendes Urteil zugunsten von LGBTQ-Gemeinschaften gefällt hat, in Windhoek, Namibia, 21. Juni 2024, Foto: picture alliance / REUTERS | Opas Onucheyo

Seit der Unabhängigkeit von Südafrika im Jahr 1990 hat Namibia einen Weg eingeschlagen, der von politischer Stabilität und einer demokratischen Regierung geprägt ist. Die Southwest Africa People’s Organisation (SWAPO), Regierungspartei und vormals Befreiungsbewegung, hat die politische Landschaft dominiert und ihre Grundsätze geprägt. Bei den bevorstehenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 27. November 2024 steht Namibia jedoch an einem Scheideweg, an dem sich Fragen der Regierbarkeit, der ökonomischen Stabilität, Ungleichheit und sozialen Gerechtigkeit stellen.

Auf dem Weg in die Unabhängigkeit

Die politische Geschichte Namibias ist tief geprägt vom Kampf um die Unabhängigkeit, der durch die führende Rolle der SWAPO bei der Erlangung der nationalen Befreiung vom südafrikanischen Apartheidregime gekennzeichnet ist. Der lang anhaltende, bewaffnete Kampf war von einem starken Gefühl nationaler Einheit und dem gemeinsamen Engagement für ein Ende der Apartheid gekennzeichnet.

Ndumba J. Kamwanyah ist Dozent am Department of Human Sciences der University of Namibia in Windhoek.

In den ersten Tagen der Unabhängigkeit etablierte die SWAPO ein einflussreiches Parteiensystem, das bis heute besteht. Zunächst galt die Vormachtstellung der Partei als stabilisierender Faktor bei der Konsolidierung der Demokratie Namibias. In den ersten Jahren der Unabhängigkeit stand der Umgang mit dem kolonialen Erbe und ökonomischer Ungleichheit, mit Rassentrennung und unzureichender Infrastruktur im Mittelpunkt der Politik. Die SWAPO-geführte Regierung konzentrierte sich auf Versöhnung, wirtschaftliches Empowerment für zuvor benachteiligte Communities und die Etablierung eines demokratischen Staatswesens. Die politische Landschaft entwickelte sich weiter, neue Parteien entstanden, und es gab lauter werdende Forderungen nach Transparenz und Verantwortlichkeit angesichts der wachsenden Unzufriedenheit mit der Regierungsführung der SWAPO, die Korruption, Misswirtschaft und Chancenungleichheit nicht hinreichend thematisierte. Die neuen Parteien wollten die Macht der SWAPO in Frage stellen und ein alternatives Führungsmodell anbieten.

Während die Demokratie in Namibia stabil blieb, stieg die Komplexität der Herausforderungen. Der Wandel von der Gründungsgeneration zu einer neuen politischen Elite hat zu Verschiebungen von Prioritäten und Führungsstilen geführt. Regionale und globale Trends beeinflussen die gesellschaftspolitische Lage, darunter die globalisierte Wirtschaft, der wachsende Populismus und die zunehmende Bedeutung sozialer Medien für das öffentliche Meinungsbild.

Darüber hinaus geben Parteien wie die Demokratische Volksbewegung (Popular Democratic Movement, PDM), die Bewegung der Landlosen (Landless People’s Movement, LPM), die Unabhängigen Patrioten für den Wandel (Independent Patriots for Change, IPC), die Partei der Affirmativen Neupositionierung (Affirmative Repositioning Party, AR) und weitere Formationen neue Impulse. Diese Parteien fordern die Hegemonie der SWAPO heraus und stellen die Regierungsführung, die Wirtschafts- und die Gleichstellungspolitik in Frage. Die diesjährigen Wahlen bedeuten deshalb einen Schlüsselmoment für die demokratische Entwicklung Namibias.

Wirtschaftskrise und Korruption

In den letzten Jahren haben sich in Namibia wichtige politische und soziale Entwicklungen vollzogen. Die stark vom Bergbau und anderen Rohstoffbranchen abhängige Wirtschaft wurde von der globalen Rezession, die sinkende Einnahmen, wachsende Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung zur Folge hatte, stark gefordert. Darüber hinaus belastete die Covid-19-Pandemie die Wirtschaft; Defizite im Bildungs- und Gesundheitssystem und bestehende Ungleichheiten vertieften sich. 2021 lag die Arbeitslosenquote bei 33,4 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit sogar bei über 46 Prozent. Die globale Rezession, die von externen Faktoren wie den Schwankungen der Rohstoffpreise und einer weltweiten Konjunkturflaute ausgelöst wurde, verschärfte die Entwicklung zusätzlich. Mit der Pandemie und der globalen Wirtschaftsrezession schrumpfte Namibias Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2020 um 8,5 Prozent. Dank steigender Fördermengen im Bergbau, vor allem bei Diamanten und Uran, trat im Jahr 2023 mit einem BIP-Wachstum von 4,6 Prozent eine leichte Erholung ein, die allerdings immer noch unter dem Niveau vor der Krise lag.

Neben den wirtschaftlichen Herausforderungen gab es auch mehrere Skandale, die das Vertrauen der Öffentlichkeit in Politiker*innen und staatliche Institutionen erschütterten. Heraus sticht hier der Fishrot-Skandal, ein Komplott, in das hochrangige Beamt*innen und Unternehmer*innen verwickelt waren, die Millionen US-Dollar aus der Fischindustrie des Landes veruntreuten. Dabei trat die allgegenwärtige Korruption besonders deutlich hervor, und die Korruptionsanfälligkeit der Regierungsstrukturen unterstrich den dringenden Bedarf an Transparenz und stärkeren Kontrollmechanismen.

Die Unzufriedenheit mit der Regierung führte zu massiven Protesten und Forderungen nach Reformen. Die Bewegung der Landlosen (LPM), die Affirmative Repositioning Party und andere Akteure der Zivilgesellschaft mobilisierten Communities, die eine Landreform, bessere Sozialleistungen und mehr wirtschaftliche Chancen für junge Menschen forderten.

Der Aufschwung des Social-Media-Aktivismus hat diese Stimmen weiter gestärkt und den Druck auf die politischen Entscheidungsträger*innen erhöht, sich der Anliegen der Bürger*innen anzunehmen. Diese Entwicklungen beeinflussten auch die Strategien von Regierung und Opposition. Die SWAPO hat die Herausforderung angenommen und versucht, sich als die Partei der Stabilität und Kontinuität zu präsentieren. Die Oppositionsparteien hingegen präsentieren sich als Agentinnen des Wandels, treten für einen Bruch mit der Vergangenheit ein und versprechen eine inklusivere und transparentere Regierungsführung.

Die Macht der SWAPO

Trotz der Mehrparteiendemokratie des Landes verliefen die letzten Wahlen einseitig. Die SWAPO konnte sich konsolidieren, während die Zustimmung zu den oft entlang ethnischer und regionaler Grenzen gespaltenen Oppositionsparteien zurückging.

1994 hatte die SWAPO sich bei der Parlamentswahl eine Zwei-Drittel-Mehrheit gesichert; 2014 konnte sie ihre Vormachtstellung mit fast 80 Prozent der Stimmen bestätigen. Dem im Februar dieses Jahres verstorbenen Präsidenten Hage Geingob gelang damals der Rekord von 87 Prozent der Stimmen – einer der höchsten Werte überhaupt für einen Präsidentschaftskandidaten. Geingob genoss aufgrund seiner Führung der verfassunggebenden Versammlung, die die namibische Verfassung entwarf, und seinem Ruf als fähigem Technokraten, den er sich als erster Ministerpräsident des demokratischen Namibias erworben hatte, breite Akzeptanz.

Der Erfolg der SWAPO wird auf ihren Ursprung in der Unabhängigkeitsbewegung zurückgeführt, der die Befreiung Namibias angerechnet wird. Ihre historische Bedeutung und Rolle bei der Befreiung bleiben Faktoren, die die namibische Politik bestimmen. Inzwischen aber beeinflussen vor allem aktuelle Realitäten wie Arbeitslosigkeit, gestiegene Lebenshaltungskosten, Unzufriedenheit mit der Regierung und Korruptionsskandale sowie Landreform und öffentliche Versorgungsleistungen die Wählerstimmung.

In der Folge sieht sich die SWAPO zunehmend der Kritik der Oppositionsparteien ausgesetzt. Diese haben aus der Unzufriedenheit Kapital geschlagen und setzen sich für mehr Transparenz, Wirtschaftsreformen und soziale Gerechtigkeit ein. Die SWAPO blieb zwar nach den Wahlen 2019 an der Regierung, aber die Ergebnisse markierten dennoch eine Machtverschiebung. Ihr Präsidentschaftskandidat wurde mit lediglich 56 Prozent der Stimmen wiedergewählt, die Partei erhielt 65 Prozent – ein deutlicher Rückgang gegenüber früheren Wahlerfolgen.

Die SWAPO verlor zudem ihre seit 1994 bestehende Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament. Bei den Regionalwahlen sank die Unterstützung von 83 Prozent im Jahr 2015 auf 57 Prozent im Jahr 2020, bei den Kommunalwahlen von 73 auf 40 Prozent. Die SWAPO verlor erstmals die Kontrolle über Schlüsselregionen wie die südlichen Hardap- und ǁKaras-Regionen, Erongo und die nordwestliche Kunene-Region. Oppositionsparteien wie LPM und IPC gewannen an Macht, während die SWAPO sogar in ihren nördlichen Hochburgen an Einfluss verlor. Große städtische Zentren wie Walvis Bay, Swakopmund und Windhoek gingen an die Opposition, was die wachsende Kluft zwischen der regierenden Partei und urbanen Wähler*innen zum Vorschein brachte.

Die bröckelnde Vormachtstellung der SWAPO reflektiert die wachsende Unzufriedenheit, gerade unter urbanen und jüngeren Wähler*innen, die von der hohen Jugendarbeitslosigkeit, Korruption und alternden Staatsspitze enttäuscht sind. Viele gewinnen den Eindruck, dass es Namibia nach der Unabhängigkeit nicht geschafft habe, den Wohlstand und die Freiheit zu schaffen, die einst insbesondere der jüngeren Generation versprochen worden waren.

Die lange Amtszeit der SWAPO hatte Vorteile und war zugleich eine Bürde. Ihre tiefen Wurzeln im Freiheitskampf und ihre führende Rolle bei der Gestaltung der Unabhängigkeit haben ihr vor allem bei älteren Wähler*innen und in ländlichen Communities Loyalität gesichert. Ihre langjährige Machtposition brachte der Regierungspartei jedoch auch Kritik ein wegen Selbstgefälligkeit, Korruption und der Ignoranz der Anliegen junger Menschen.

Die Ideologie der SWAPO hat sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt. Sie war als sozialistische Unabhängigkeitsbewegung mit einer klar linken Ausrichtung gegründet worden. Aber obschon sie sich, insbesondere bei Fragen sozialer Fürsorge oder der Aufarbeitung historischen Unrechts, eine gewisse linke Rhetorik bewahrt hat, nähert sich ihre praktische Regierungsarbeit, vor allem hinsichtlich der Wirtschaftspolitik, bürgerlichen bzw. Mitte-Rechts-Positionen an. Diese Verschiebung spiegelt ihre Anpassung an die Führungszwänge einer modernen, marktorientierten Wirtschaft wider.

Die Demokratische Volksbewegung (PDM) hat sich als moderne, gemäßigte Partei neu positioniert, die städtische Wähler*innen und junge Leute anspricht, während die Bewegung der Landlosen (LPM) sich auf Landreformen und soziale Gerechtigkeit konzentriert, insbesondere in den Regionen, in denen die Ungleichheit bei der Landverteilung am größten ist. Die von Dr. Panduleni Itula geführte Partei der Unabhängigen Patrioten für den Wandel (IPC) hat sich als Alternative positioniert und die Unterstützung desillusionierter SWAPO-Mitglieder gewonnen.

Die Bedeutung der jungen Wählerschaft

Einer der wichtigsten Faktoren, der die politische Landschaft Namibias verändern könnte, ist die Stimme der Jugend. Mehr als 60 Prozent der namibischen Bevölkerung sind unter 30 Jahre alt. Wie die Namibische Wahlkommission (ECN) kürzlich bekanntgab, wurde die Mehrheit der registrierten Wähler*innen (900.000 von 1,4 Millionen) zwischen 1982 und 1996 geboren. Gerade in den Städten ist diese Bevölkerungsgruppe wegen der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit und dem Mangel an Chancen von der als korrupt wahrgenommenen Regierungspartei enttäuscht.

Für viele junge Namibier*innen blieben die Wohlstandsversprechen nach der Unabhängigkeit uneingelöst. Diese Enttäuschung schlug sich in Protesten und Bewegungen wie der Affirmative-Repositioning-Bewegung, der Bewegung der Landlosen und der Namibian Economic Freedom Fighters (NEFF) nieder, die die Jugend zu Fragen der Landreform und Gleichstellung mobilisierten. Durch diese Bewegungen angestoßen, hat sich das politische Engagement gewandelt, in dessen Rahmen sich die Jugend nicht-traditionellen Räumen zuwendet, um ihren Anliegen Gehör zu verschaffen.

Die Stimmen der jungen Menschen haben das Potenzial, das Kräfteverhältnis bei den Wahlen am 27. November deutlich zu verschieben. Eine politisch engagierte und mobilisierte Jugend könnte die traditionelle Dominanz der SWAPO untergraben und ein dynamischeres und stärker umkämpftes politisches Umfeld schaffen.

Patriarchale Führungsmuster in Frage stellen

Die politische Geschichte Namibias wurde weitgehend von Männern bestimmt. Kandidatinnen für die Wahlen im Jahr 2024 wie Nandi Netumbo Ndaitwah (SWAPO), Ally Angula und Rosa Namises (beide unabhängig) haben patriarchale Machtstrukturen offen in Frage gestellt und gesellschaftliche Erwartungen an Führung und Geschlechterrollen herausgefordert. Auch wenn Angula und Namises nicht mehr im Rennen sind, weil sie die Unterschriftenanforderungen der Wahlkommission nicht erfüllen konnten, ist ihr Engagement dennoch von Bedeutung. Denn ihre Kampagnen motivierten Frauen dazu, sich politisch zu engagieren, und übten Druck auf die politischen Parteien aus, die Parteiführungen umzustrukturieren und mehr Frauen in Entscheidungspositionen zu bringen.

Darüber hinaus tendieren Präsidentschaftskandidatinnen dazu, sich für Belange von Frauen und marginalisierten Gruppen einzusetzen. Geschlechtsspezifische Gewalt ist nach wie vor ein großes Problem in Namibia, das bei den weltweiten Rankings der gewalttätigen Übergriffe auf Frauen immer wieder ganz oben steht. Die Kandidatinnen dürften sich auch stärker für die reproduktiven Rechte einsetzen, für einen besseren Zugang von Frauen zur Gesundheitsversorgung und in Bezug auf wirtschaftliche Herausforderungen für Frauen, wie ungleiche Entlohnung und mangelnde Unterstützung für Unternehmensgründungen.

Die Präsenz starker weiblicher Stimmen, auch solcher, die nicht länger im Rennen sind, brachte Kandidaten dazu, gendersensible Themen in ihre Wahlprogramme aufzunehmen. So hat die SWAPO schon vor einiger Zeit eine paritätische Geschlechterverteilung eingeführt, die sicherstellt, dass Männer und Frauen in den Parteistrukturen gleich stark vertreten sind. Und da die amtierende Vizepräsidentin, Netumbo Nandi-Ndaitwah, auch die aktuelle Präsidentschaftskandidatin der SWAPO ist, könnte das Land erstmalig ein weibliches Staatsoberhaupt wählen.

Rosa Namises nutzte ihre Kampagne auch, um Themen wie geschlechtsspezifische Gewalt und soziale Gerechtigkeit auf die Tagesordnung zu setzen. Ally Angula, die sich auf wirtschaftliche Entwicklung konzentriert und einen universellen Zuschuss zum Einkommen fordert, versuchte, die von Frauen und vulnerablen Bevölkerungsgruppen erlebten Benachteiligungen abzubauen und auf diese Weise (und darüber hinaus) die Wirtschaftspolitik zu verändern.

Diese Positionen zeigen, dass geschlechtsspezifische und sozialpolitische Fragen bei den Wahlen eine größere Rolle spielen. Einige Kandidatinnen sind bereits aus dem Rennen, aber ihr Einfluss auf politische Narrative bleibt groß. SWAPO, PDM und andere Parteien werden allem Anschein nach ihre Programme erweitern müssen. Das könnte den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) größere Aufmerksamkeit verschaffen, insbesondere jenen, die sich auf die Gleichstellung der Geschlechter und die Armutsbekämpfung beziehen.

Unabhängige Kandidat*innen

Der Aufstieg unabhängiger Kandidat*innen wie Panduleni Itula bedeutete 2019 einen Wandel in der namibischen Politik und war Beleg dafür, dass Unabhängige die langjährige Machtposition der SWAPO herausfordern können. Diesmal sind die unabhängigen Präsidentschaftskandidat*innen von der Wahl ausgeschlossen, weil sie die strengen Richtlinien der Wahlkommission, Unterschriften aus allen 14 Regionen vorzuweisen, nicht erfüllen konnten. Durch diese Entwicklung werden die Optionen für die Wähler*innen auf jene Kandidat*innen beschränkt, die politischen Parteien angehören und über große Ressourcen verfügen.

Die Kampagnen unabhängiger Kandidat*innen fokussieren häufig auf populäre Themen wie die Bekämpfung der Korruption, Arbeitslosigkeit oder schlechte Regierungsführung. Würden sie oder kleinere Parteien mehr Wählerstimmen auf sich vereinen, könnte es erstmalig zur einer Koalitionsregierung kommen. Dies würde ein ausgewogeneres politisches System ermöglichen, in dem die verschiedenen Standpunkte unabhängiger und kleinerer Parteien bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden.

Unabhängige Kandidaturen haben, wie erwähnt, hohe Hürden zu nehmen. So muss jede*r unabhängige Präsidentschaftskandidat*in mindestens 500 Unterschriften aus jeder der 14 Regionen Namibias vorweisen, insgesamt also 7.000 Unterschriften. Im Vergleich dazu benötigt ein*e Parteikandidat*in nur 3.500 Unterschriften aus sieben Regionen. Zusätzlich müssen unabhängige Kandidat*innen 10.000 Namibia-Dollar (gut 500 Euro) aufbringen, während Parteikandidat*innen 20.000 Namibia-Dollar (gut 1.000 Euro) zahlen, die bei einem Scheitern nicht zurückgezahlt werden. Solche finanziellen und logistischen Hürden machen die Kandidatur für Unabhängige zu einem Wagnis, auch wenn ihre Programme gerade bei frustrierten Wähler*innen auf Resonanz stoßen.

Dennoch zeigte Itualas Kandidatur 2019, dass Unabhängige etwas bewirken können. In der gegenwärtigen Lage führt der Ausschluss von Unabhängigen jedoch dazu, dass die politische Landschaft weiterhin von Parteipolitik dominiert wird.

Kandidatinnen und Unabhängige bekommen ihre Unterstützung in der Regel von jungen Menschen und Frauen, also Bevölkerungsschichten, die sich im traditionellen politischen System unterrepräsentiert fühlen. Themen wie Arbeitslosigkeit werden für diese Kandidat*innen strategisch entscheidend sein.

Eine höhere Wahlbeteiligung von jungen und solchen Wahlstimmen, für die Geschlechtergerechtigkeit eine Rolle spielt, könnte die Art, wie Kampagnen geführt werden, neu definieren und einen größeren Fokus auf digitales Engagement, Graswurzelbewegungen und sozioökonomische Herausforderungen legen. Kandidat*innen müssen sich an eine tech-affinere, themenorientierte Wählerschaft richten und können sich nicht mehr nur auf Parteitreue und historische Zugehörigkeiten verlassen. Dies könnte politische Innovation durch moderne, digitale Lösungen für die Probleme Namibias befördern.

Der Neokolonialismus der Ressourcenausbeutung

Der grüne Wasserstoff wird in Namibia eine wichtige Rolle spielen. Er steht sowohl für das Wirtschaftswachstum, als auch für ein Spannungsfeld in der Politik, insbesondere hinsichtlich von Themen wie Ressourcenmanagement und nachhaltige Entwicklung. Namibias grüne Hydrogenbranche soll 4,1 Milliarden US-Dollar jährlich erwirtschaften. Sobald Namibia als globaler Player im Bereich erneuerbarer Energien in Erscheinung tritt, würde dies neue Arbeitsplätze und eine Entwicklung der Infrastruktur bedeuten. Mit gutem Management könnten die Wirtschaft diversifiziert, Abhängigkeiten vom Bergbau verringert und nachhaltige Entwicklung gefördert werden.

Allerdings gibt es auch viele kritische Stimmen, die den Zugang zu möglichen neuen Arbeitsplätzen und die Verteilung der Gewinne in Frage stellen. Namibias Fokus auf die Entwicklung von grünem Wasserstoff begann 2020, und anfangs wurden durchaus erhebliche Fortschritte erzielt. Die südlichen Regionen des Landes, besonders die ǁKaras-Region in der Nähe vom Tsau ǁKhaeb National Park, stellten sich als bevorzugte Regionen für die groß angelegte Produktion von grünem Wasserstoff heraus. Umweltorganisationen und Aktivist*innen sehen allerdings eine Gefahr für die Biodiversität und Ökosysteme. Darüber hinaus ist die Infrastruktur für die Produktion von grünem Wasserstoff an dem Ort geplant, an dem deutsche Kolonialsoldaten vor mehr als hundert Jahren einen Genozid an den Völkern der OvaHerero und Nama begingen. Die Unternehmen in diesem Sektor sind vor allem ausländische Unternehmen, darunter das Firmenkonsortium Hyphen unter deutscher Leitung.

Grüner Wasserstoff hat das Potenzial, die namibische Wirtschaft zu verändern, und ist ein wichtiges Thema der politischen Debatte. Politische Parteien werden um die Kontrolle über das Narrativ ringen, das um diese neu entdeckten Bodenschätze herum gestrickt wird. Die SWAPO scheint grünen Wasserstoff als transformativen Sektor zu sehen, der das dringend benötigte Wirtschaftswachstum und die damit verbundenen Arbeitsplätze schafft. Sie will Investitionen in großem Maßstab fördern und Namibia als globalen Energieakteur positionieren, im Einklang mit dem Fokus der Kampagne auf Stabilität und Kontinuität.

Allerdings lassen es sich Oppositionsparteien nicht nehmen, die Misswirtschaft der SWAPO in Bezug auf die natürlichen Ressourcen anzuprangern und die Aufmerksamkeit auf vergangene Korruptionsskandale wie Fishrot zu lenken. Sie argumentieren, dass die wirtschaftlichen Versprechen der SWAPO mittels grünem Wasserstoff erneut falsche Hoffnungen nähren, solange diese Ressource nicht angemessen verwaltet wird. Parteien wie die Bewegung der Landlosen, die Demokratische Volksbewegung und andere könnten sich auf Ressourcenmanagement, Rechenschaftspflicht und Transparenz konzentrieren, stärkere Schutzmechanismen gegen Korruption einfordern und sicherstellen, dass die Einnahmen direkt Namibia und nicht nur einer ausgewählten Elite zugutekommen.

Im Wahlkampfdiskurs stehen auch Fragen des Neokolonialismus und der Ausbeutung von Ressourcen im Mittelpunkt, insbesondere im Zusammenhang mit Projekten zu grünem Wasserstoff. Zivilgesellschaft, Opposition und verschiedene Interessengruppen betonen den Ausschluss lokaler Gemeinschaften von Entscheidungsprozessen und nutzen das Thema, um Wähler*innen zu mobilisieren, die enttäuscht sind von ausländisch gelenkten Projekten, die nicht zum allgemeinen Nutzen der lokalen Bevölkerung umgesetzt werden.

Einige zivilgesellschaftliche Organisationen wehren sich dagegen, dass Namibia zum bloßen Rohstofflieferanten für Europa wird, und bezeichnen diese Politik als eine Form von modernem Kolonialismus. Vielmehr sollte das Land sich darauf konzentrieren, die Kontrolle über die eigenen Energieressourcen und die daraus erzielten Gewinne zu übernehmen, und zwar im Rahmen eines Kampfes um wirtschaftliche Unabhängigkeit.

Sollte die SWAPO an der Macht bleiben, könnte sie im großen Stil Partnerschaften mit ausländischen Regierungen und Unternehmen eingehen und den Handel mit grünem Wasserstoff und Öl fördern. Dies würde bedeuten, dass sie verstärkt unter Beschuss von Oppositionsparteien und Zivilgesellschaft gerät, die mehr Inklusivität und Transparenz fordern.

Sofern eine Oppositionskoalition an die Macht gelangt, dürfte diese für die Neuverhandlung von Deals zugunsten von lokalen Interessen und für einen protektionistischen Ansatz eintreten. Dies würde den politischen und wirtschaftlichen Kurs Namibias drastisch beeinflussen, insbesondere, wenn Oppositionsparteien ihre Forderungen in Bezug auf die Verteilung von Ressourcen und Vermögen lauter vorbringen.

Im Vorfeld der Wahlen gab es bemerkenswerte Entwicklungen mit Blick auf mögliche Oppositionskoalitionen. Die Demokratische Volksbewegung (PDM) unter der Führung von McHenry Venaani rief zum gemeinsamen Vorgehen auf, um die Vormachtstellung der SWAPO herauszufordern. Seiner Überzeugung nach könnte eine solche Koalition die Chancen der Opposition entscheidend verbessern, weil sie dann mit vereinten Ressourcen und Perspektiven für Veränderung einstehe. Sowohl die Unabhängigen Patrioten für den Wandel (IPC) als auch die Bewegung der Landlosen spielen die Idee des Zusammengehens jedoch herunter und zeigen sich skeptisch, ob die unterschiedlichen Interessen in einem solchen Bündnis vereinbar seien.

Es gibt zwar keine konkreten Ankündigungen über eine Neuverhandlung der Rohstoffabkommen, aber der wachsende Druck der Oppositionsparteien, die eine lokale Kontrolle der Ressourcen und eine Umverteilung des Reichtums anstreben, deutet darauf hin, dass es im Falle ihrer Machtübernahme zu solchen Veränderungen kommen könnte. Dies steht im Einklang mit dem allgemeinen Trend zu nationalistischen oder protektionistischen Strömungen im Ressourcenmanagement.

Die Dominanz der Ovambo

Das Wahlverhalten der namibischen Bevölkerung wird durch ein komplexes Zusammenspiel regionaler, ethnischer und sozioökonomischer Faktoren beeinflusst. Historisch kann die SWAPO auf die starke Unterstützung durch ländliche Wähler*innen und ältere Generationen setzen, vor allem aus der ethnischen Gruppe der Ovambo. Die Ovambo sind die größte ethnische Gruppe Namibias und machen mehr als 50 Prozent der Bevölkerung aus. Diese demografische Dominanz trug dazu bei, den Einfluss der SWAPO zu festigen, als sie aus dem – weitgehend von ihrer Ovambo-Führung vorangetriebenen – Befreiungskampf hervorging.

Die politische Macht der Ovambo hat sowohl die Wählerbasis der SWAPO gestärkt, als auch zu einem Gefühl der Ausgrenzung bei ethnischen Minderheiten beigetragen. Auch wenn die SWAPO versuchte, stärker auf die Interessen von einzelnen Regionen und Ethnien einzugehen und für nationale Einheit einzustehen, bleibt das allgemeine Gefühl einer Begünstigung der Ovambo bestehen. Ethnische Minderheiten wie Herero, Nama, Damara und San sprechen regelmäßig die politische und wirtschaftliche Marginalisierung an. Diese zeigt sich im ungleich verteilten Zugang zu Ressourcen, politischen Ämtern oder Entwicklungsprojekten, besonders in Regionen außerhalb des mehrheitlich von Ovambo bevölkerten Nordens.

Folglich haben mehrere Oppositionsparteien bei diesen Minderheiten Unterstützung gefunden. So erhält beispielsweise die Bewegung der Landlosen (LPM), die im Süden Namibias besonders stark ist, erhebliche Unterstützung vom Volk der Nama. Die Partei konzentriert sich in ihrem Programm auf Themen wie Landrückgabe, wirtschaftliche Ungleichheit und historische Missstände, insbesondere im Zusammenhang mit dem Erbe der kolonialen Enteignung. Auf der anderen Seite haben die Unabhängigen Patrioten für den Wandel (IPC) eine diverse Koalition aus entfremdeten städtischen, vor allem jungen Wähler*innen und jenen Menschen gebildet, die mit der SWAPO-Regierung unzufrieden sind. Ethnische Minderheiten wie die Herero und Damara unterstützten einst auch Oppositionsparteien wie die Demokratische Volksbewegung (PDM), die die Wähler*innen in Zentralnamibia ansprechen. Diese Gruppen fühlen sich von der Zentralisierung der Macht durch die SWAPO ins Abseits gedrängt, da sich Entwicklung und Entscheidungsfindung auf die nördlichen Regionen konzentriert, in denen die Ovambo-Gemeinschaften leben.

Kolonialismus und Völkermord

Darüber hinaus ist der Völkermord an den Herero und Nama (1904 bis 1908) unter deutscher Kolonialherrschaft nach wie vor ein sehr sensibles Thema in Namibia. Der Genozid, bei dem Zehntausende Herero und Nama getötet wurden, hinterließ ein unbewältigtes Trauma und Forderungen nach Wiedergutmachung. In den letzten Jahren haben die namibische und die deutsche Regierung eine «Gemeinsame Erklärung» ausgehandelt, die den Genozid anerkennt und Entwicklungshilfe als eine Form der Wiedergutmachung vorsieht. Allerdings wird die Erklärung vor allem von Nachkommen der Opfer des Genozids kritisiert, die argumentieren, dass sie nicht weit genug gehe, um die Gräueltaten anzuerkennen und direkte Entschädigungen zu leisten.

Der Genozid und die bislang nicht verabschiedete Gemeinsame Erklärung sind besonders unter den Oppositionsparteien und deren Anhänger*innen ein wichtiges Thema. Sie kritisieren die Verhandlungsführung der SWAPO und werfen ihr vor, die betroffenen Gemeinschaften auszuschließen und sich stattdessen auf staatliche Entwicklungsprozesse zu konzentrieren, die das historische Unrecht nicht berücksichtigen. Ethnische Spannungen verschärfen sich besonders in Wahlkampfzeiten, wenn Themen wie Landreform, eine Anerkennung der Geschichte und die Vertretung ethnischer Interessen in den Vordergrund rücken.

Während die SWAPO ethnische Spaltungen herunterspielt, um die nationale Identität auf der Grundlage der Befreiungskämpfe zu festigen, thematisierten Oppositionsparteien die ungelösten Genozid-Fragen dort, wo diese Wunden noch offen sind. Da die Frage des Völkermords für viele Wähler*innen weiterhin ungelöst bleibt, spielen die Debatten über historisches Unrecht und die anhaltende Kritik an der Nichtunterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung durch die namibische Regierung auch eine Rolle im Wahlkampf.

Und schließlich äußert sich Marginalisierung in Namibia häufig in Form von wirtschaftlichen Ungleichheiten, ungleicher Entwicklung und ungleichem Zugang zu Land. Diese Wirklichkeiten sind tief in der Geschichte verwurzelt und reichen bis zur kolonialen Enteignung zurück. Hinzu kommt, dass die Regierung in Minderheitenregionen weniger investiert hat, was zu wachsender Frustration führt, insbesondere bei Gruppen, die sich von wirtschaftlichen Möglichkeiten und politischem Einfluss ausgeschlossen fühlen. Die Oppositionsparteien nutzen diese Marginalisierung, um Unterstützung zu gewinnen, indem sie eine gerechtere Verteilung der Ressourcen versprechen und die seit der Unabhängigkeit bestehenden Ungleichgewichte angehen.

Sozioökonomische Spaltung

Themen wie die Arbeitslosenquote, Ungleichheit und Armut dominieren heute den politischen Diskurs in Namibia. Die Oppositionsparteien nutzen diese Missstände und bieten populistische Programme an, die Wirtschaftsreformen und Antidiskriminierungspolitik versprechen. Die SWAPO wird die Wähler*innen davon überzeugen müssen, dass sie Wirtschaftswachstum und soziale Gerechtigkeit erreichen und dabei die politische Stabilität aufrechterhalten kann. Um der hohen Arbeitslosigkeit, Diskriminierung und Armut zu begegnen, schlagen die Oppositionsparteien Folgendes vor:

  1. Die Schaffung von Arbeitsplätzen: Viele der Oppositionsparteien fordern die Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Förderung von Kleinunternehmen, Landwirtschaft und lokaler Industrie. Sie kritisieren die Regierung regelmäßig dafür, jungen Menschen nicht genügend berufliche Perspektiven zu bieten. Zu den vorgeschlagenen Lösungen zählen Darlehen oder Zuschüsse für Kleinunternehmer*innen und Weiterbildungskurse.
  2. Landreform: Landbesitz bleibt ein drängendes Problem, da sich der größte Teil des Grundbesitzes in den Händen einer kleinen Gruppe von Personen befindet. Oppositionsparteien fordern immer wieder eine radikalere Umverteilungspolitik, um Land an Bedürftige zu verteilen, um die Landwirtschaft, Selbstversorgung und Ernährungssicherheit zu fördern.
  3. Steuerreform: Einige Oppositionsparteien schlagen Steuerreformen vor, um reiche Einzelpersonen und große Unternehmen stärker zu besteuern. Mit den zusätzlichen Einnahmen könnten Programme zur Bekämpfung von Armut und Arbeitslosigkeit finanziert und die Ungleichheit verringert werden.
  4. Sozialhilfeleistungen: Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Ausweitung der Sozialhilfe einschließlich der Renten, Arbeitslosenleistungen und des Wohngelds. Die Oppositionsparteien fordern von der Regierung Investitionen in bezahlbaren Wohnraum und in das Gesundheitswesen, um Armut zu bekämpfen und den Lebensstandard zu verbessern.
  5. Bildung und Weiterbildung: Um die Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen, soll das Bildungssystem gestärkt werden, besonders die Fach- und die Berufsbildung. Aus Sicht der Oppositionsparteien können Menschen durch Weiterbildungen ihre Berufsaussichten und ihre wirtschaftliche Lage verbessern.
  6. Gesundheitsversorgung: Eine häufig gestellte politische Forderung betrifft ein bezahlbares, qualitativ hochwertiges Gesundheitswesen. Oppositionsparteien stehen für ein besseres Gesundheitswesen besonders in abgelegenen ländlichen Gebieten ein und wollen allen Namibier*innen eine gute Gesundheitsversorgung bieten.
  7. Wohnraum: Bezahlbarer Wohnraum ist eine wichtige politische Forderung und betrifft auch Pläne für die staatliche Unterstützung von Wohnungsbauprojekten, die sich an einkommensschwache Bürger*innen richten. Dazu gehören der verstärkte Bau von Häusern und die Schaffung von Programmen, die Menschen bei der Finanzierung von Wohneigentum helfen.
  8. Moral und geschlechtsspezifische Gewalt: Die Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt und die Förderung der gesellschaftlichen Moral sind ebenfalls Wahlkampfthemen. Die Oppositionsparteien fordern strengere Gesetze und ein konsequenteres Vorgehen gegen geschlechtsspezifische Gewalt sowie Aufklärungskampagnen zur Sensibilisierung. Sie treten ein für eine Gesellschaft, die auf Respekt und Menschenwürde basiert, um die zunehmende Gewalt gegen Frauen und Kinder zu bekämpfen.

Die politischen Vorschläge der Oppositionsparteien stehen zusammen für einen umfassenden Entwicklungsansatz, der darauf abzielt, Strukturen der Ungleichheit abzubauen und eine Gesellschaft zu schaffen, in der jeder Mensch die Möglichkeit hat, sich zu entfalten.

Namibia hat die Wahl

Die Wahlen stehen vor verschiedenen Herausforderungen, wie etwa der Apathie der Wähler*innen, logistischen Problemen und Sorgen bezüglich der Unparteilichkeit der Wahlkommission. Besonders hoch ist die Wahlverdrossenheit bei jungen Menschen, die sich vom politischen Prozess ausgeschlossen fühlen. Um den Zugang zur Wahl und einen reibungslosen Ablauf, vor allem in abgelegenen Gebieten, zu gewährleisten, müssen auch logistische Fragen geklärt werden.

Die diesjährigen Wahlen werden nach früheren Bedenken hinsichtlich der Überprüfbarkeit elektronischer Wahlsysteme wieder auf der Basis von Stimmzetteln durchgeführt. Aktuelle Bedenken betreffen jedoch die Unabhängigkeit der Wahlkommission. Kritiker*innen monierten insbesondere die jüngste offizielle Einladung der Wahlkommission durch Präsident Nangolo Mbumba. Auch die Generalsekretärin der SWAPO war zu dem Treffen eingeladen, während andere politische Interessengruppen ausgeschlossen blieben. Dies führte zu Befürchtungen einer unzulässigen Einflussnahme und mangelnden Neutralität. Um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wahlen zu stärken, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Wahlkommission unabhängig und transparent arbeitet.

Der Mangel an detaillierten und frühzeitig veröffentlichten Programmen ist ein Problem für Wähler*innen, die die Programme vergleichen und kritisch evaluieren möchten. Diese Verzögerung könnte den demokratischen Prozess negativ beeinflussen, weil den Wähler*innen nicht genügend Zeit bleibt zu beurteilen, welche Parteien ihre Interessen und Zukunftsvisionen für eine Zukunft Namibias am besten vertreten.

Die bevorstehenden Wahlen werden für die demokratische Entwicklung des Landes von entscheidender Bedeutung sein. Auf seinem Weg in die Zukunft könnte Namibia – je nach Ausgang der Wahlen – in den kommenden Jahren in den Bereichen Regierungsführung, Wirtschaftspolitik und Gleichberechtigung der Geschlechter eine neue Richtung einschlagen. Die Herausforderungen sind ebenso groß wie die Chancen für einen positiven Wandel. Namibias Bekenntnis zur Demokratie und das aktive Engagement der Bürger*innen sind der Schlüssel für erfolgreiche und friedliche Wahlen. Insofern stellen die Wahlen Namibias demokratische Institutionen und die Resilienz seiner politischen Kultur auf den Prüfstand.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Wahlen in Namibia durch Korruptionsskandale, sozioökonomische Probleme und wachsende Forderungen nach Reformen und Transparenz geprägt sind. Die Frage ist, wer sich das Mandat für die nächste Phase der Entwicklung des Landes zu sichern vermag.

 
Übersetzung von Nicola Tams und Camilla Elle für Gegensatz Translation Collective.