Interview | Rosalux International - Nordafrika - Westasien Ägypten: Al-Sisis Schwäche verschärft die Brutalität seiner Diktatur

Gespräch mit Robert Springborg

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Anhänger des amtierenden ägyptischen Präsidenten Abdel-Fattah al-Sisi feiern in Kairo nach seinem jüngsten erdrutschartigen Wahlsieg, 18. Dezember 2023. Foto: IMAGO / Xinhua

Nach seiner Machtübernahme im Jahr 2013 hat der ägyptische Präsident und Militärdiktator Abd al-Fattah Al-Sisi umfassende Maßnahmen zum Ausbau des Sicherheitsstaates ergriffen, die ihm ein Ausmaß an Kontrolle über die Bevölkerung verschafften, von der seine Vorgänger nur träumen konnten. Gleichzeitig hat das Land jedoch erheblich an wirtschaftlicher und geopolitischer Stärke verloren. Zwar mag Al-Sisi einer der loyalsten Steigbügelhalter des Westens in der Region sein, doch im Westen scheinen seine Dienste auf schwindendes Interesse zu stoßen.

Wie lässt sich diese scheinbar paradoxe Situation erklären? Um Al-Sisis Herrschaftsmodell ebenso wie seine Rolle in den regionalen und globalen Machtdynamiken nachzuvollziehen, sprach der Journalist Hossam el-Hamalawy mit Robert Springborg, einem der führenden Ägypten-Experten, über das aktuelle Regime, seine Unterschiede zu vorherigen Diktaturen in Ägypten und die möglichen Auswirkungen einer zweiten Trump-Präsidentschaft auf das Land und die Region.

Wie unterscheidet sich die Repression des Al-Sisi-Regimes von der seiner Vorgänger wie Hosni Mubarak?

Robert Springborg ist einer der führenden Forscher zum ägyptischen Militär- und Sicherheitsapparat. Zu seinen Publikationen gehört Egypt (Hot Spots in Global Politics), 2017.

Sie ist wesentlich zielgerichteter, brutaler und weniger durch zivile Institutionen eingeschränkt – sei es das Justizwesen, die Medien, die Zivilgesellschaft oder selbst der Druck aus dem Ausland. Mubarak musste immer darauf achten, wie Washington auf sein repressives Vorgehen reagieren würde. Al-Sisi wiederum machte 2013 die Erfahrung, dass Washington – und in der Folge auch alle anderen westlichen Mächte – ihn nicht daran hinderten, die Ermordung friedlicher Demonstrant*innen und die Inhaftierung von Zehntausenden politischen Dissident*innen unter horrenden Bedingungen anzuordnen.

Der ägyptische Präsident ist davon überzeugt, von Allah dazu auserkoren zu sein, nach eigenem Gutdünken – und ohne dass eine ausländische Schutzmacht ihn zur Räson rufen könnte – über das Land zu herrschen. Und da er auch keinem anderen inländischen Akteur das Recht zuerkennt, sich auf dem politischen Feld zu äußern, hat Al-Sisi eine Stellung inne, die jener entspricht, die faschistische Führer in anderen Systemen ausüben, insbesondere Italiens Mussolini, dessen Praktiken und Ansichten sehr ähnlich waren. Mubarak hingegen war zwar ebenfalls autoritär, jedoch kein Faschist. Er hatte weder eine besondere Botschaft, die er verbreiten wollte, noch wollte er ein System treu ergebener Kader schaffen, um das Land unter seine Kontrolle zu bringen, wie Al-Sisi es gerade praktiziert.

Im letzten Sommer erneuerte Al-Sisi die Führungsspitze im Militär, letzten Monat tat er dasselbe mit der Leitung des Nachrichtendienstes General Intelligence Directorate (GIS). Wie deutest du diese Maßnahmen?

Das Militär und die Sicherheitsdienste haben im derzeitigen ägyptischen Regime kein politisches Gegengewicht. Will Al-Sisi seine Machtposition sichern, muss er also auch die Personalstrukturen beider Institutionen unter seiner Kontrolle haben. Zu diesem Zweck ist ein häufiger Austausch entsprechender Personen vonnöten, eine Maßnahme, auf die Gamal Abdel Nasser oder Mubarak verzichten konnten. Insbesondere unter Letzterem konnten zentrale Führungspersonen sowohl beim Militär als auch bei den Sicherheitskräften lange Zeit auf ihren Posten bleiben.

Sowohl Nasser als auch Mubarak sorgten für ein zumindest halb-ziviles politisches Gegengewicht, mit dem sie ihre Herrschaft gegen Staatsstreiche absichern konnten. Anwar Sadat war bestrebt, die politische Bedeutung dieser beiden repressiven Institutionen zu verringern, indem er deren Führung während seiner Amtszeit mehrfach austauschte. Gleichzeitig bemühte er sich aber auch, die Rolle des Parlaments, der politischen Parteien, der Gerichte usw. zu stärken.

Der Niedergang Ägyptens lässt sich hauptsächlich auf seine desolate wirtschaftliche Lage zurückführen, die wiederum zu großen Teilen auf die militärische Kontrolle über die formale politische Ökonomie des Landes zurückgeht.

Im Gegensatz dazu ist Al-Sisi vollständig auf das Militär und das GIS angewiesen – nicht nur, um seine Herrschaft aufrechtzuerhalten, sondern auch in den Bereichen Verwaltung und Wirtschaft. Im Vergleich zu seinen Vorgängern ist Al-Sisi also weitaus abhängiger von Militär und Geheimdiensten, und dementsprechend verfügen die jeweiligen Führungspersonen dieser Institutionen auch über mehr Macht. Das ist der Grund, warum er es nicht zulassen kann, dass Amtsträger*innen zu lange auf einem Posten bleiben. Andernfalls würde das Risiko wachsen, dass diese Personen Patronage-Netzwerke aufbauen, die ihnen gegenüber loyal sind, und sie so zu alternativen Machtzentren werden, die ihn eines Tages ablösen könnten.

Die jüngsten Personalentscheidungen sind in diesem Licht zu sehen, obgleich sich die politischen Beobachter*innen etwa im konkreten Fall von Abbas Kamel uneins darin sind, wie seine Versetzung von der Leitung des GIS auf eine Position als Präsidentenberater zu deuten ist. Die genauen Beweggründe für diese Entscheidung lassen sich unmöglich feststellen. Da dem Regime jedoch keine unmittelbare Gefahr droht und es auch nicht mit negativen Auswirkungen seiner Gaza-Politik zu kämpfen hatte, scheint es eher unwahrscheinlich, dass Kamel aufgrund einer mangelhaften Amtsführung oder fehlender Loyalität versetzt wurde – immerhin ist er der engste und langjährigste Verbündete Al-Sisis. Stattdessen könnte es um die erfolgte Konsolidierung der Sicherheitsdienste gehen – ein Ziel, dass das Regime seit Jahren anstrebte, für das Kamel die Hauptverantwortung trug und dass er nun offenbar erreicht hat.

Mal angenommen, es gäbe heute einen spontanen sozialen Aufstand in Ägypten, sei es aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen, würde das Militär deiner Meinung nach anders agieren als im Arabischen Frühling?

Definitiv, denn die Geschichte würde sich nicht in Form einer Protestbewegung aus der Mittelklasse wiederholen, die Gewalt ablehnt und das Militär dazu aufruft, sie beim Sturz des Präsidenten zu unterstützen. Die Wirtschaftsmaßnahmen des Regimes haben die Mittelklasse sehr stark in Mitleidenschaft gezogen, und jeglicher Protest – oder sogar der Versuch, sich zu beschweren – stößt auf eine unerbittliche Einschüchterungspraxis. Wenn es also zu großen Protesten kommen sollte, werden sie nicht nur von reformorientierten Kräften aus der Mittelklasse getragen, sondern von wesentlich radikaleren Elementen und Positionen, was der Bildung einer sehr viel breiteren Koalition Vorschub leisten würde – insbesondere mit der Beteiligung der ärmeren Schichten aus den Städten und dem ländlichen Raum.

Und da das Militär mittlerweile unangefochten an den Schalthebeln der Macht sitzt, ist die Idee, wonach es zu einer «Zusammenarbeit» von Zivilist*innen und Militärs kommen könnte, schlicht absurd. Jeglicher groß angelegte Protest würde sich direkt gegen das Militär richten, weshalb dieses mit noch brutalerer Repression antworten würde, also mehr wie in Raba’ al-Adawiya als in Midan al-Tahrir. Hemmungslose Repression würde wiederum eine aggressivere Gegenwehr mit sich bringen und damit auch das Militär potenziell spalten: Die Bereitschaft von Unteroffizieren und Mannschaftsgraden, mit tödlicher Gewalt gegen die Zivilbevölkerung vorzugehen, käme damit auf den Prüfstand. Ob das Militär diesen Test bestehen würde, wenn die Proteste sich ausweiten und lange anhalten, ist eine offene Frage.

Die USA, der Internationale Währungsfonds (IWF), die EU und andere Geldgeber sind mehrmals eilends eingesprungen, um das Al-Sisi-Regime finanziell zu stützen. Allein dieses Jahr sind 57 Milliarden US-Dollar geflossen, während über die Menschenrechtslage ein Mantel des Schweigens ausgebreitet wird. Denn Ägypten gilt als «systemrelevant», als too big to fail. Könnte diese Politik den westlichen Staaten in der Zukunft zum Verhängnis werden?

Die Gefahr einer politischen Destabilisierung ist groß. Ein solches Szenario würde nicht nur die Investitionen in ein stabiles Ägypten mit einem Schlag zunichtemachen, sondern auch diejenigen diskreditieren, die sie getätigt haben. Aber auch wenn das Regime in der Lage ist, mögliche politische Gegner*innen in Schach zu halten, wird es ihm nicht gelingen, seinen stetigen wirtschaftlichen Niedergang aufzuhalten, der die kontinuierlichen Mittelzuflüsse und anderweitigen Unterstützungsleistungen aus dem Ausland überhaupt erst nötig macht.

Sowohl westliche als auch regionale Akteure haben es heute – angesichts des seit mehr als einem Jahr andauernden regionalen Krieges – mit anderen, wachsenden Herausforderungen zu tun. Diese kommen zusätzlich zu den bislang unerfüllten Forderungen nach einer Unterstützung beim Wideraufbau Syriens, ganz zu schweigen von den irgendwann anstehenden Bemühungen für einen Wiederaufbau des Sudan, sollte der dortige Bürgerkrieg jemals ein Ende finden. Neben den Investitionen in andere kriegsgebeutelte arabische Länder werden auch für den Gazastreifen und den Libanon enorme Summen erforderlich sein. Die Bedürfnisse Ägyptens werden im Vergleich dazu zweitrangig erscheinen, insbesondere wenn es der EU gelingt, ihre Kapazitäten zur Eindämmung der illegalen Migration weiter auszubauen. Denn dadurch könnte die EU ihre Abhängigkeit von Ägypten und anderen Mittelmeeranrainern als vorgelagertem Grenzschutz verringern.

Anders als Barack Obama oder Joe Biden hat Trump aber keine Probleme mit der Diktatur eines Al-Sisi oder ihren Methoden. Allerdings – und auch das unterscheidet ihn von seinen Vorgängern – sieht er auch keine zwingende Notwendigkeit, Ägypten zu unterstützen.

Die teuren Rettungspakete für Ägypten im Jahr 2024 werden rückblickend wohl als enorme Geldverschwendung erscheinen, denn sie werden ebenso wenig wie frühere Programme die dringend benötigten Reformen in Gang setzen. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Saudi-Arabien – denen die fehlende Bereitschaft der Al-Sisi-Regierung, einen Reformprozess in Gang zu setzen, durchaus bewusst ist – stellen ihre Gelder derzeit fast ausschließlich für den Erwerb handfester ägyptischer Vermögenswerte zur Verfügung, insbesondere Land.

Im Westen werden es die Steuerzahler*innen sein, die hinterfragen, warum Gelder nach Ägypten fließen sollten, wenn doch in der Region selbst, aber auch – so der Einwand mancher – zu Hause sehr viel dringendere Probleme zu lösen seien. Vor diesem Hintergrund werden westliche Staats- und Regierungschefs immer weniger motiviert sein, Ägypten direkt oder womöglich sogar nur indirekt zu unterstützen, also mittels des IWF, der Weltbank oder der EU. Anders gesagt, wird das Rettungspaket von 2024 im Nachhinein als das Ende einer Ära erscheinen, in der die Regime in Kairo durch das Ausland vor dem finanziellen Ruin bewahrt wurden.

Welche Politik haben die verschiedenen US-Präsidenten gegenüber Al-Sisi verfolgt? Welche Rolle spielt Ägypten in der Strategie, mit der die Vereinigten Staaten ihre Dominanz in der Region, aber auch global verfolgen? Und schließlich: Was ist von Donald Trump zu erwarten?

Trump bringt den Starken Bewunderung oder zumindest Respekt entgegen, während er die Schwachen ignoriert oder gar verachtet. Dementsprechend wird Ägypten keine besondere Rolle in seiner Nahost-Politik spielen. Diese zweifelhafte Ehre wird wohl eher Israel, Saudi-Arabien, den VAE und, zu einem geringeren Maß, der Türkei und dem Iran zukommen. Trump wird das «ägyptische Problem» – sprich: Fragen rund um die finanzielle und diplomatische Unterstützung – an eines oder mehrere dieser Länder zu delegieren, vor allem an Saudi-Arabien und die VAE. Er wird zudem versuchen, Europa dazu zu bringen, die Hauptlast einer finanziellen Rettung Ägyptens zu übernehmen.

Was die aktuellen Machtinteressen Ägyptens in Libyen, dem Sudan und am Horn von Afrika angeht, so wird er diese Bestrebungen weder torpedieren noch unterstützen, da sie weder von entscheidender Bedeutung noch realistisch sind. Er könnte vielleicht versuchen, die militärische Unterstützung der USA für Kairo zu reduzieren; insbesondere, wenn Ägypten einem möglichen, von Israel bestimmten Gaza-Deal im Wege stünde.

Anders als Barack Obama oder Joe Biden hat Trump aber keine Probleme mit der Diktatur eines Al-Sisi oder ihren Methoden. Allerdings – und auch das unterscheidet ihn von seinen Vorgängern – sieht er auch keine zwingende Notwendigkeit, Ägypten zu unterstützen. Die Folge: Er hat einen größeren Handlungsspielraum beim Umgang mit Al-Sisi, ob nun zum Schlechteren oder zum Besseren. Der Unterschied besteht darin, dass Obama und Biden Al-Sisi nur ungerne unterstützten, aber keine Alternative dazu sahen, während Al-Sisi Trump keine schlaflosen Nächte bereitet, denn er betrachtet den ägyptischen Diktator und sein Land als zu schwach, als dass die USA dort politische Energie und reales Kapital einsetzen müssten.

Inwiefern ist Al-Sisi gewillt, angesichts der gefährdeten US-Hegemonie auch andere Schutzmächte wie etwa China oder Russland in Betracht zu ziehen?

Seine eigenen Vorlieben sind dabei zweitrangig; Al-Sisi wäre bereit, sich jeden Teufel ins Haus zu holen. Die Frage liegt eher bei den besagten Teufeln, die womöglich wie Trump nur wenig Nutzen darin sehen, sich übermäßig politisch, wirtschaftlich oder anderweitig in Ägypten zu engagieren. Die Unterstützung Chinas und Russlands wird, unabhängig von der weiteren Entwicklung der US-Hegemonie, niemals das Ausmaß erreichen, das die USA seit den Zeiten Sadats in Ägypten an den Tag gelegt haben. Stattdessen wird es eine rein transaktionale Beziehung zu Al-Sisi und Ägypten geben, bei der es zu bestimmten Vereinbarungen kommen mag, aber keinesfalls zu einer vollumfänglichen Absicherung des Regimes.

Unter Al-Sisi verfestigte sich das Bündnis zwischen Ägypten und Israel. Warum? Und welche Rolle spielte das für den aktuellen Krieg in Gaza?

Israel hat die Schwäche Ägyptens und Al-Sisis sowie dessen Bedarf nach ausländischer Unterstützung erkannt und war mehr als gewillt, diese anzubieten – im Gegenzug für einen Freibrief für den Umgang mit den Palästinenser*innen und die eigenen Machtbestrebungen in der Region. Alles, was Israel dafür tun musste, war, in Washington ein gutes Wort für Al-Sisi und Ägypten einzulegen und Erdgas aus seinem Leviathan-Erdgasfeld zu liefern. Letzteres ist aber auch nicht mehr als eine finanzielle Transaktion.

Israel konnte sich Ägyptens Einverständnis billig erkaufen – ein Ausdruck des unausgewogenen Machtverhältnisses zwischen den beiden Ländern. Als klar war, dass Ägypten seine politische Seele an Israel verkauft hatte, konnte Netanjahu in Gaza schalten und walten, wie er wollte, woran sich bis heute nichts geändert hat.

Ist Kairo noch immer eine regionale Hegemonialmacht?

Ägypten ist inzwischen hinter den tatsächlichen Hegemonialmächten der Region – Israel, der Türkei, dem Iran, den VAE und Saudi-Arabien – auf die zweite Stufe abgerutscht und reiht sich nunmehr unter Staaten wie dem Irak, Algerien und Marokko ein. Obwohl es keiner dieser zweitrangigen Staaten mit der Macht Ägyptens aufnehmen kann, spielt dieser Unterschied regional keine entscheidende Rolle.

Die militärische Macht Ägyptens ist lediglich auf dem Papier eindrucksvoll, eine Tatsache, der sich die wahren Hegemonialmächte der Region durchaus bewusst sind.

Wodurch erklärt sich dieser Niedergang?

Der Niedergang Ägyptens lässt sich hauptsächlich auf seine desolate wirtschaftliche Lage zurückführen, die wiederum zu großen Teilen auf die militärische Kontrolle über die formale politische Ökonomie des Landes zurückgeht. Die nominale militärische Stärke des Landes – mit den größten Heeres-, Marine- und Luftwaffenkontingenten unter den arabischen Staaten – entspricht nicht der tatsächlichen militärischen Einsatzbereitschaft. Durch seine Teilnahme an der wirtschaftlichen Verwaltung des Landes ist das Offizierskorps von seinen eigentlichen Aufgaben im militärischen Bereich abgelenkt, und dementsprechend werden selbst grundlegendste militärische Funktionen vernachlässigt: Training, Wartung, das Zusammenspiel der Teilstreitkräfte, Fortbildungen usw.

Verschärfend kommt die große Vielfalt der Bezugsquellen für militärisches Material hinzu. Die Luftwaffe muss sich beispielsweise damit auseinandersetzen, dass sie Flugzeuge aus den Vereinigten Staaten, aus Frankreich, Russland und China zusammenführen muss, was zu enormen Problemen in den Bereichen Training, Wartung und Interoperabilität führt.

Kurzum: Die militärische Macht Ägyptens ist lediglich auf dem Papier eindrucksvoll, eine Tatsache, der sich die wahren Hegemonialmächte der Region durchaus bewusst sind. Zur Unfähigkeit, die eigene wirtschaftliche oder militärische Macht in die Waagschale zu werfen, gesellt sich noch der Verlust der einstigen Dominanz im Bereich qualifizierter Arbeitskräfte hinzu – wozu der Niedergang des Bildungssystems und des Produktionssektors in Ägypten sowie ein größerer Pool höher qualifizierter Arbeitskräfte in der Region beigetragen haben.

Wie wird Trump die Situation im Nahen Osten und die aktuellen Kriege in der Region in den kommenden vier Jahren handhaben?

Eine ähnliche Frage stellte sich bereits nach seinem Wahlsieg 2016. Und wie heute auch reichten die damaligen Antworten von einer kompletten Abwendung von der Region, über eine Eskalation der Konflikte bis hin zur Herbeiführung von Friedensabkommen mit den verschiedenen Kriegsparteien. Das Erstaunlichste ist jedoch, dass der «Trumpismus» auch acht Jahre später noch immer so zweideutig ist wie am Anfang. Ist er rein transaktional und priorisiert er den Abschluss von Deals, wie es Trump zu seiner Zeit als Geschäftsmann tat, oder ist er ideologisch motiviert und spiegelt damit die populistischen, rechtsgerichteten Ansichten wider, die sich im MAGA-Slogan niederschlagen?

Einen möglichen Anhaltspunkt könnten die Besetzung wichtiger außenpolitischer Posten liefern. Doch wie seine erste Amtszeit zeigte, ist auch dieser Indikator alles andere als eindeutig. Die Schlüsselpositionen wurden sowohl von Pragmatiker*innen als auch von Ideolog*innen besetzt; der Außenpolitik im Allgemeinen und dem Nahen Osten im Besonderen drückte keine Person ihren Stempel auf. Obgleich Trump dezidiert pro-israelische Berater*innen hat, verfügt er auch über starke persönliche Verbindungen zur arabischen Welt sowie zu Akteur*innen, die eine eher pro-arabische Politik gutheißen.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass es sinnlos ist, Donald Trumps Verhalten auf beliebigen Politikfeldern voraussagen zu wollen, speziell wenn es um Außenpolitik geht, und darin nochmal gesondert um den Nahen Osten. Ich wage dennoch mal eine Prognose: Was Trump am meisten respektiert, ist Macht und die Ausübung von Macht, woraus man ableiten könnte, dass er noch pro-israelischer als bei seiner ersten Amtszeit auftreten wird. Und damit meine ich, dass die Zerschlagung der Hamas, der empfindliche Schlag gegen die Hisbollah und die neuerliche politische Wiederauferstehung Netanjahus bei Trump Eindruck hinterlassen. Trump ist viel eher geneigt, auf diesen Erfolgen aufzubauen, als den Schaden zu reparieren, der auf menschlicher und politischer Ebene entstanden ist.

Zu diesem Zweck muss er weitere israelische Aggressionen nicht unterstützen oder ihnen grünes Licht erteilen. Stattdessen kann er – im Rahmen einer Taktik des «good cop, bad cop» – den guten Bullen spielen und auf den potenziellen Schaden hinweisen, den weitere israelische Angriffe, sagen wir mal, dem Iran zufügen könnten – es sei denn, der Iran hört auf Trump, der dann den bösen Bullen Israel davon abhalten kann, beispielsweise dessen Atomanlagen anzugreifen. Ein solcher Ansatz würde viel eher seinem ausgesprochenen Wunsch entsprechen, die USA aus den Wirrungen im Nahen Osten herauszuhalten, als es eine vollumfängliche US-Intervention an der Seite Israels wäre.

Entsprechend erwarte ich ganz allgemein eher Worte denn Taten, wie es bereits in seiner ersten Amtszeit der Fall war, wobei er die Starken unterstützen, die Schwachen einschüchtern und seine zentrale Rolle im jeweiligen Prozess hervorheben wird. Dabei wird er dafür Sorge tragen, dass diese Rolle eher darin besteht, einen Deal abzuschließen, und weniger im Kontext eines Engagements um Krieg und Frieden zu verorten sein wird. Schließlich ist er Geschäftsmann und nicht auf der Suche nach einem Nobelpreis.

[Übersetzung von Sebastian Landsberger und Charlotte Thießen für Gegensatz Translation Collective]