Nachricht | Rosa-Luxemburg-Stiftung Nachruf für Prof. Dr. Dörte Putensen

20. April 1949 bis 25. November 2024

Portrait von Dörte Putensen, 2019
Dörte Putensen, 2019 (RLS)

Mit Bestürzung nahmen wir zur Kenntnis, dass Dörte Putensen verstorben ist. Noch im vergangenen April beging sie ihren 75. Geburtstag. Jetzt müssen wir Abschied nehmen von einem Vereinsmitglied der Rosa-Luxemburg-Stiftung, das langjährig und an unterschiedlichsten Stellen zu dessen erfolgreicher Entwicklung beitrug.

Dörte Putensen wurde am 20. April 1949 in Rostock als Tochter von Gerda und Alfred Strauß geboren. Ihre Kindheit in einer typischen Nachkriegsfamilie verlief behütet. Ihre Vita steht in Vielem für die Entwicklung von «Ost»-Akademikerinnen.

Nach der Grundschule wechselte Dörte in Rostock an die «Herderschule», wo sie 1967 das Abitur ablegte. Parallel absolvierte Dörte erfolgreich – wie damals üblich – eine Berufsausbildung zur Verkehrskauffrau. Im selben Jahr nahm sie ein Studium an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität in Greifswald auf, das sie 1971 mit dem akademischen Grad «Diplom-Nordeuropawissenschaftler» abschloss. Sie wurde Assistentin im dortigen Historischen Institut, verteidigte 1976 ihre Dissertationsschrift zum Thema «Die Sozialdemokratische Partei Finnlands und die Wandlung ihrer außenpolitischen Auffassungen seit den sechziger Jahren». 1980 erfolgte die Berufung zur Oberassistentin, 1985 habilitierte Dörte Putensen mit einer Schrift zum Thema «Geschichte der Sozialistischen Arbeiter-Internationale (1923-1940)», wenige Wochen später folgte die Verleihung der «facultas docendi».1988 wurde sie zur Hochschuldozentin berufen und lehrte Allgemeine Geschichte der neuesten Zeit.

Der thematische Bezug zu Finnland stand im Mittelpunkt ihrer Forschungen und Lehre. Aspekte der Geschichte der nordeuropäischen Arbeiterbewegung bildeten einen Schwerpunkt. In den1990er Jahren wartete Dörte Putensen mit einer Vielzahl wissenschaftlicher Leistungen auf, die auch international Beachtung fanden. Trotzdem wurde die beliebte Pädagogin und Wissenschaftlerin im September 2000 von der Leitung der Universität Greifswald aus dem Hochschuldienst entlassen. Dem gingen für AkademikerInnen aus den neuen Bundesländern – im Rahmen des sogenannten Hochschulumbaus übliche – fragwürdige «Evaluierungen», «Anhörungen», erzwungener Übergang von unbefristeter zu befristeter Tätigkeit, angeordnete Reduzierungen von Lehrangeboten etc. voraus.

An der Universität Rostock zeigte man jedoch Interesse am Einsatz der ausgewiesenen Wissenschaftlerin und übertrug ihr 2003 am dortigen Historischen Institut Lehraufgaben auf dem Gebiet Neueste Geschichte und Zeitgeschichte. 2004 wurde sie zur Außerplanmäßigen Professorin für das Fachgebiet Allgemeine Geschichte der Neuzeit berufen. Letzten Endes konnte dies jedoch den Verbleib der Historikerin und Hochschullehrerin in der gesamtdeutschen Wissenschaftslandschaft allein nicht sichern.

Bereits seit 1. Februar 2001 wirkte Dörte Putensen als Referentin in der Fraktion der Linken im Brandenburger Landtag für die Bereiche Bildung, Jugend und Sport. 2009 erweiterte sich ihr Aufgabenbereich um die Bereiche Wissenschaft, Forschung und Kultur. Beispielhaft sei hier an seit 2004 durch Dörte Putensen organisierte Studienreisen von bildungspolitischen SprecherInnen der damaligen Linksfraktionen in Landtagen, im Bundestag sowie aus der Rosa-Luxemburg-Stiftung nach Finnland erinnert, die wichtige Impulse für bildungspolitische Aktivitäten vermittelten.  

Von 2002 bis 2015 gehörte sie ehrenamtlich dem Vorstand der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg an und war ab 2010 stellvertretende Vorsitzende.

Am 20. April 2014 beging sie ihren 65. Geburtstag. Aus diesem Anlass widmete die Deutsch-Finnische Gesellschaft e.V. Dörte Putensen eine Festschrift, die unter dem Titel «Finnland im Blick. Historische und zeitgeschichtliche Studien» eine Bilanz ihrer wissenschaftlichen Arbeit zieht. Der Band enthält ein beeindruckendes Publikations-Verzeichnis. Die Tabula gratulatoria bietet einen Blick auf die Vielzahl der Personen aus dem In- und Ausland, die Dörte als Kollegin, Genossin, Freundin schätzten.

Bis 2019 wirkte Dörte Putensen als engagiertes Vorstandsmitglied der Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin. Noch 2024 unterstütze sie die Zusammenarbeit der RLS mit finnischen WissenschaftlerInnen auf dem Gebiet der Bildungspolitik.

Persönliche Eigenschaften wie Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit, Pflichtgefühl, Fleiß, aber auch, sich jeder Aufgabe zu stellen, gehörten zu den Voraussetzungen für ein erfolgreiches Wirken. In der Laudatio anlässlich ihres 65. Geburtstages hieß es: «Sie ist hochmotiviert, schnell und doch gründlich, leistet mehr als der Arbeitsvertrag fordert, ist diplomatisch und dennoch ungeschminkt und verliert nur selten ihren Humor.» Hervorzuheben bleibt ebenso ihre Bescheidenheit.

Mit ihrem umfassenden Wissen und ihrem Engagement als Historikerin, Nordeuropawissenschaftlerin und internationale Bildungsexpertin prägte sie die politische Bildung. Ihr Wirken wird unvergessen bleiben.

Dr. Monika Nakath, Potsdam