Nachricht | Köpnick/Stamm: Hanna Hofmann-Stirnemann. «Eine Frau als Museumdirektorin», Dresden 2024

Die erste weibliche Museumsdirektor*in Deutschlands

Information

Hanna Hofmann-Stirnemann wird am 12. Oktober 1899 als Johanna Stirnemann in Weißenfels geboren. Sie studiert Kunstgeschichte in Halle/Saale. Nach ihrem Rigorosum im Februar 1927 beginnt ihre berufliche Laufbahn in Oldenburg. Walter Müller-Wulckow (1886-1964) ist dort seit der Gründung 1921 der aufgeschlossene und engagierte Direktor des Landesmuseums.

Die hier anzuzeigende Publikation von Gloria Köpnick und Rainer Stamm zeichnet erstmals das Leben und Wirken, die Ideen, Aktivitäten und Netzwerke von Hofmann nach, die, nach einer kurzen Zwischenstation in Greiz, 1930 in Jena die erste weibliche Museumsdirektorin Deutschlands werden sollte. Tätig ist sie am Stadtmuseum Jena ab November 1929, wo sie als wissenschaftliche Assistentin des Direktors Paul Weber arbeitet und nach dessen plötzlichen Tod einige Monate später als seine Nachfolgerin berufen wird. Sie ist gleichzeitig Geschäftsführerin des Jenaer Kunstvereins, der in den Jahren vor Stirnemann als einer bekanntesten und ambitioniertesten Vereine des deutschen Reiches gilt, wenn es um die Vermittlung und Präsentation von Kunst der Avantgarden geht.

1935 heiraten sie und der mit ihr seit 1931 verbundene Bauhäusler Otto Hofmann (1907-1996); 1935 ist auch das Jahr, in dem sie ihrer Entlassung durch ihre Kündigung zuvorkommt. Danach lebt das Ehepaar zurückgezogen (und unbehelligt) in Hainichen, einem kleinen Dorf bei Jena. Otto wird 1940 zum Kriegsdienst eingezogen und kehrt erst 1946 zurück.

Im April 1946 wird sie zur Direktorin des Schlossmuseums Rudolstadt berufen, eine Position, die sie nach ermüdenden Konflikten mit der künstlerisch konservativen Ministerialbürokratie durch ihre Flucht im Oktober 1950 nach Westberlin bereits wieder aufgibt. 1956 lässt sich das Ehepaar scheiden. Zu diesem Zeitpunkt ist Johanna Hofmann bereits zwei Jahre als Geschäftsführerin für den Deutschen Werkbund Berlin e.V. tätig. Elf weitere Jahre sollten folgen, bis sie 1967 mit 68 Jahren in den Ruhestand tritt. Sie stirbt am 25. November 1996 in Berlin. Ein Nachlass existiert nicht.

Die mit 121 meist farbigen Abbildungen versehene Publikation schildert auf der Basis umfangreicher Archivrecherchen den Lebensweg von Hofmann-Stirnemann, nennt ihre Kooperationspartner*innen und beschreibt die vielen Ausstellungen, die sie (mit)organisiert hat. Hofmann-Stirnemann fördert nicht nur moderne Kunst, und darin auch oft die von Frauen, sie ist auch eine Museumsreformerin, die für Museen neue Zielgruppen erschließt, diese inhaltlich modernisiert und als lebendigen Bestandteil der Stadtgesellschaft positioniert.

Wenn der Begriff nicht so abgenutzt wäre, könnte das Leben von Hanna Hofmann-Stirnemann als Jahrhundertbiografie bezeichnet werden. Die Erforschung ihres Lebens ist ein kleiner Baustein der in den letzten Jahren verstärkten Bemühungen die Bedeutung von Frauen in der Kunst und in der Kunstgeschichte zu dokumentieren. Ein Namensregister und eine Bibliografie der derzeit bekannten Veröffentlichungen von Hofmann-Stirnemann schließen den flüssig zu lesenden Band ab.

Gloria Köpnick/Rainer Stamm: Hanna Hofmann-Stirnemann. «Eine Frau als Museumdirektorin», Sandstein Verlag, Dresden 2024, 172 Seiten, 28 Euro