Artikel | Was ist eigentlich Bürgergeld?

Die Sozialleistung sei zu hoch, heißt es, obwohl Betroffene kaum über die Runden kommen

Das Jobcenter ist für die Auszahlung des Bürgergelds zuständig. Foto: IMAGO / Rene Traut

Wir leben in extrem politisierten Zeiten. Die Diskussionen ändern sich schnell und sind oft hitzig. Manchmal werden absichtlich falsche Behauptungen aufgestellt, und es ist nicht immer leicht, Fake News von Fakten zu unterscheiden. In unserer Serie «Was ist eigentlich …? Politische Grundlagen zum Bundestagswahlkampf 2025» erklären wir wichtige Begriffe aus der politischen Diskussion und zeigen, welche Interessen und Konflikte dahinterstecken.

Das Bürgergeld löste 2023 das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) ab. Es soll allen, die ihren Unterhalt nicht aus eigenem Einkommen sichern können, ein Existenzminimum garantieren. Das ist laut Bundesverfassungsgericht ein Grundrecht. Für Alleinstehende liegt die Sozialleistung derzeit bei 563 Euro für u.a. Ernährung, Kleidung, Hausrat und Strom.Im politischen Streit geht es um die Höhe 

Durch das vor zwanzig Jahren eingeführte Hartz IV vergrößerte sich der Niedriglohnsektor. Die Zahl der Personen, die trotz Arbeit als arm gelten, stieg an. Das Bürgergeld sollte dem entgegenwirken und Arbeitsvermittlung auf Augenhöhe ermöglichen. Übrig blieben von der Idee ein stärkerer Fokus auf Aus- und Weiterbildungen sowie höhere Schonvermögen und Zuverdienstgrenzen, die das Aufstocken niedriger Gehälter erleichtern. Die Ampel lockerte zunächst einige der alten Hartz-IV-Sanktionen, verschärfte sie dann aber erneut, so dass der Regelsatz des Bürgergelds im Extremfall für zwei Monate ganz gestrichen werden kann.

Die öffentliche Debatte um das Bürgergelds dreht sich vorrangig um dessen Höhe und die Behauptung, das Bürgergeld sei – angeblich Das Bürgergeld sei zu– so hoch, dass es sich für viele nicht lohne zu arbeiten. Dass die Regelsätze künstlich klein gerechnet werden und etwa nur 6,51 Euro am Tag für Nahrung und Getränke zur Verfügung stehen oder 2,03 Euro – im Monat – für Bildung, spielt hingegen kaum eine Rolle. Dabei müsste ein armutsfester Regelsatz laut Berechnungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbands bei 813 Euro liegen. Auch liegt der Lohnabstand zwischen Sozialleistung und Erwerbseinkommen tatsächlich bei mehreren Hundert Euro im Monat.

Für Personen, die ohne «triftigen Grund» Arbeit ablehnen würden, prägte das rechts-konservative Lager den Begriff «Totalverweigerer». Der Vorwurf trifft laut Bundesagentur für Arbeit auf weniger als ein Prozent der Bürgergeldbeziehenden zu. Von insgesamt 5,5 Millionen Menschen waren im Sommer 2024 nur vier Millionen überhaupt erwerbsfähig. Der weit überwiegende Teil befindet sich wiederum in Ausbildung, pflegt Angehörige, stockt das Gehalt auf, arbeitet in Teilzeit oder ist krank.

Um die Zahl der Personen im Bürgergeld tatsächlich zu reduzieren, braucht es keine Kürzungen und Strafen, sondern einen flächendeckenden Mindestlohn, die Vergütung von Sorgearbeit sowie eine armutsfeste Kindergrundsicherung.

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