Artikel | Was ist eigentlich ein Direktmandat?

Die Linke und die CSU klagten gegen die Wahlrechtsreform – und bekamen Recht.

Für den nächsten Bundestag muss wieder umfangreich umgebaut werden. Die Zahl der Abgeordneten wird auf 630 begrenzt, derzeit sind es 736. Foto: IMAGO / IPON

Wir leben in extrem politisierten Zeiten. Die Diskussionen ändern sich schnell und sind oft hitzig. Manchmal werden absichtlich falsche Behauptungen aufgestellt, und es ist nicht immer leicht, Fake News von Fakten zu unterscheiden. In unserer Serie «Was ist eigentlich …? Politische Grundlagen zum Bundestagswahlkampf 2025» erklären wir wichtige Begriffe aus der politischen Diskussion und zeigen, welche Interessen und Konflikte dahinterstecken.

Bei der Bundestagswahl haben Wahlberechtigte zwei Stimmen. Mit der Erststimme wählen sie eine Direktkandidatin oder einen Direktkandidaten im Wahlkreis, mit der Zweitstimme wählen sie eine Partei. Die Partei muss mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen erhalten, um ins Parlament einzuziehen. 299 Abgeordnete ziehen über Direktmandate in den Bundestag ein, mindestens weitere 299 über die Landeslisten der Parteien.

Soweit die Theorie, aber natürlich ist es nicht ganz so einfach. Eine Besonderheit entsteht durch die sogenannte Grundmandatsklausel: Wenn eine Partei mindestens drei Direktmandate gewinnt, kann sie auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenanteils in den Bundestag einziehen, wenn sie die fünf Prozent nicht erreicht. Die Linke profitierte 2021 von der Regel, als sie knapp an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte, aber drei Direktmandate gewann. Auch die CSU schickt dank vieler Direktmandate regelmäßig mehr Abgeordnete nach Berlin, als ihr nach ihrem bundesweiten Stimmenanteil zustünden.

Weil der Bundestag wegen solcher Besonderheiten immer weiter anwuchs, zuletzt auf 736 Abgeordnete statt der vorgesehenen 598, reformierte die Ampelkoalition 2024 das Wahlrecht. Dabei wollte sie eigentlich auch die Grundmandatsklausel abschaffen. Dagegen klagten Die Linke und die CSU vor dem Bundesverfassungsgericht – und bekamen Recht. Die Regel gilt weiter.

Das ist gerade für kleinere Parteien, deren Abgeordnete das Vertrauen der Wähler*innen in ihrem Wahlkreis genießen, eine gute Nachricht. Es stärkt auch die Demokratie. Dass die Einbeziehung der Wähler*innen vor Ort belohnt wird, kann Politikverdrossenheit abbauen und dazu beitragen, dass Kandidat*innen den Belangen ihrer Wähler*innen mehr Beachtung schenken, etwa durch regelmäßige Haustürgespräche oder Beratungs- und Hilfsangebote vor Ort.

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