Artikel | Wirtschafts- / Sozialpolitik - Alles wird teurer Was ist eigentlich die Schuldenbremse?

Die Kreditfinanzierung von Investitionen ist der größte finanzpolitische Streitpunkt

Die Bahninfrastruktur ist ein Opfer der Schuldenbremse: Erst wurde sie kaputtgespart, jetzt fehlt das Geld für die nötige Sanierung. Foto: IMAGO / Rene Traut

Wir leben in extrem politisierten Zeiten. Die Diskussionen ändern sich schnell und sind oft hitzig. Manchmal werden absichtlich falsche Behauptungen aufgestellt, und es ist nicht immer leicht, Fake News von Fakten zu unterscheiden. In unserer Serie «Was ist eigentlich …? Politische Grundlagen zum Bundestagswahlkampf 2025» erklären wir wichtige Begriffe aus der politischen Diskussion und zeigen, welche Interessen und Konflikte dahinterstecken.

Die Schuldenbremse wurde 2009 im Grundgesetz verankert, um die Staatsverschuldung zu begrenzen. Seit 2016 darf der Bund jährlich höchstens 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) an neuen Schulden aufnehmen, im Jahr 2023 wären das etwa 12,6 Milliarden Euro gewesen. Die Länder dürfen seit 2020 grundsätzlich keine neuen Schulden machen. Ausnahmen gelten bei Naturkatastrophen oder «außergewöhnlichen Notsituationen».

Mit der Schuldenbremse reagierte die damalige CDU-SPD-Bundesregierung auf die hohen Staatsschulden nach der Weltfinanzkrise 2008. Gewerkschaften, Die Linke und einige Ökonom*innen warnten, die Regelung zwinge den Staat zu strikter Sparpolitik, was Armut und soziale Ungerechtigkeit verschärfe und wichtige Investitionen in die Infrastruktur sowie allgemein eine aktive Wirtschaftspolitik erschwere. Befürworter*innen möchten die Rolle des Staates in der Wirtschaft oft generell begrenzen oder befürchten, Regierungen würden zu gern Geld ausgeben, um populäre «soziale Wohltaten» zu verteilen. Sie sagen, man dürfe künftigen Generationen keine Schulden hinterlassen. Kritiker*innen entgegnen, dass ein kaputt gespartes Land, marode Brücken und ein schlechtes Bildungswesen ebenfalls keine gute Zukunft bieten. Zudem funktioniere der Staatshaushalt nicht wie der Haushalt der sprichwörtlichen «schwäbischen Hausfrau», die sparsam ihre Groschen zusammenhält. Denn der Staat kann durch kreditfinanzierte Investitionen die Wirtschaft ankurbeln und Einnahmen generieren. Das kann die schwäbische Hausfrau nicht.

Mehrere Bundesregierungen setzten die Schuldenbremse bereits wegen außergewöhnlicher Notsituationen aus, etwa in der Corona-Pandemie. Auch Sondervermögen bzw. Schattenhaushalte wurden genutzt, um Ausgaben aus dem regulären Haushalt herauszunehmen. Das Bundesverfassungsgericht setzte Ende 2023 solchen Umgehungsmethoden jedoch strenge Grenzen, indem es untersagte, dass Extra-Schulden, die zur Bekämpfung der Corona-Pandemie aufgenommen worden waren, etwa für Klimaschutz ausgegeben werden.

Mittlerweile fordern auch SPD, Grüne, viele Wirtschaftsinstitute und selbst manche CDU-Politiker*innen, die Schuldenbremse zu reformieren. Die Partei Die Linke möchte die Schuldenbremse ganz abschaffen, FDP und AfD halten an ihr fest. Eine Reform erfordert eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat.

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