
Vergangenen November verkündete der Tschad das Ende seines Militärabkommens mit Frankreich und brachte damit einen der ältesten Pfeiler des französischen Einflusses in Afrika südlich der Sahara zum Einsturz. Als logistische Drehscheibe für die französischen Operationen in der Sahelzone besaß das Land für Paris einst eine ähnliche Funktion wie Hongkong für Großbritannien und blieb auch in den letzten Jahren – nach dem Rückzug Frankreichs aus Mali, Burkina Faso und Niger – eine wichtige Bastion in der Region. Der Senegal und die Elfenbeinküste, die das größte verbliebene Truppenkontingent beherbergte, zogen bald darauf nach und kündigten ebenfalls den Abzug der französischen Truppen von ihrem Territorium an. Mit dieser Aufkündigung der militärischen Beziehungen nähert sich Frankreich dem Ende eines historischen Kapitels, das Anfang der 1960er Jahre mit de Gaulles strategischem Vorstoß nach Süden begann, als die algerische Unabhängigkeit den Zugang zu den Ölvorkommen in der Sahara bedrohte.
Martin Barnay ist Doktorand und Paul F. Lazarsfeld Fellow am Fachbereich Soziologie der Columbia University in New York.
Die Entscheidung der tschadischen Führung kam für viele überraschend, schließlich hatte Emmanuel Macron als einziger nicht-afrikanischer Regierungschef im Jahr 2021 an der Amtseinführung von Mahamat Déby, Sohn des vorherigen Präsidenten, teilgenommen. Dennoch waren die Anzeichen für einen Umbruch unübersehbar: Bei einem Einsatz gegen Boko Haram an der nigerianischen Grenze im November 2024 war Frankreich auffällig abwesend.
Der jüngste Truppenabzug markiert de facto das Ende europäischer Hard Power in West- und Zentralafrika. In der Region zwischen Mauretanien und dem Sudan tummeln sich nun zunehmend andere Akteure: Russland, China, die Vereinigten Arabischen Emirate und die Türkei. Auch das zivile Netzwerk Frankreichs – die technischen Berater*innen, Expats und Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die seine militärische Präsenz rechtfertigten und gleichzeitig im Falle militärischer Interventionen als Bindeglieder fungierten – wurde aufgelöst. Unterdessen verhandelte Washington, das einen wichtigen Verbündeten im Kampf gegen den Terrorismus nicht gänzlich verlieren wollte, im Herbst diskret mit dem Tschad über die Rückkehr eines Kontingents von Spezialeinheiten, nachdem es sein Personal im April desselben Jahres aus dem Land abgezogen hatte.
Während Frankreich sich zurückzieht, haben andere EU-Länder ihre Wirtschaftsbeziehungen mit der Region ausgebaut. Deutschland hat Frankreich weitgehend unbeachtet als führenden Exporteur der Eurozone nach Afrika abgelöst, während die Niederlande eine neue «Afrika-Strategie 2023–2032» vorstellten, die den «dynamischen», global expansiven Geist der Ostindien-Kompanie (Vereenigde Oostindische Compagnie, VOC) im Sinne einer neokolonialen «VOC-Mentalität» wiederbeleben soll. Eigene Wege gingen auch Italien mit dem Mattei-Plan sowie Spanien unter dem Deckmantel der Migrationskontrolle. Die französische Diplomatie sieht sich unterdessen in den Foren der multilateralen Zusammenarbeit zunehmend ins Abseits gedrängt. Der begehrte Posten des UN-Untergeneralsekretärs für Friedenseinsätze, einst eine französische Domäne, scheint nun für China reserviert zu sein. Im UN-Sicherheitsrat hat der chinesisch-russische Schulterschluss wiederholt französische Resolutionen vereitelt – eine diplomatische Retourkutsche für die Pariser Winkelzüge im Vorfeld des libyschen Bürgerkriegs.
Macrons Scheitern
Präsident Macron hat viele dieser Probleme von seinen Vorgängern geerbt und wenig dafür getan, sich von ihnen zu unterscheiden. Seine frühe Amtszeit war von einem plumpen Paternalismus geprägt – er beugte sich mit hochgekrempelten Ärmeln über Karten der Sahelzone, als ob die 5.000 Soldat*innen starke Opération Barkhane eine Fläche von fünf Millionen Quadratkilometern auch nur annähernd kontrollieren könnte. Schließlich sah er sich zu beschwichtigenden Gesten gegenüber seinen afrikanischen Amtskollegen genötigt: Er erkannte etwa das von französischen Truppen 1944 im Senegal verübte Thiaroye-Massaker an und inszenierte die Rückgabe geraubter Kulturschätze an Benin. Seine Annäherungsversuche an afrikanische Diasporagemeinschaften, um Afrika «mit Afrikaner*innen» von Paris aus regieren zu können, scheiterten kläglich. Anhänger*innen des abgesetzten ivorischen Präsidenten Laurent Gbagbo, Gegner*innen des kamerunischen Langzeit-Präsidenten Paul Biya oder Gefolgsleute des 2020 verstorbenen früheren Präsidenten der Republik Kongo Pascal Lissouba waren nicht bereit, über Frankreichs anhaltende Unterstützung für Autokraten hinwegzusehen. Macrons Inkonsequenz – er unterstützte die Déby-Dynastie im Tschad, während er die malische Junta anprangerte – machte die Sache nur noch schlimmer.
Macron reagierte auf die jüngste Welle von Abzugsbeschlüssen, indem er den Sahelstaaten «Undankbarkeit» vorwarf: «Sie haben vergessen, sich für Frankreichs Engagement gegen den Terrorismus zu bedanken. […] Ohne den Einsatz der französischen Armee in der Region wäre heute keines dieser Länder ein souveräner Staat.» Ungeachtet des unversöhnlichen Tonfalls solcher Äußerungen, die empörte Reaktionen der Staats- und Regierungschefs von Tschad und Senegal hervorriefen, hat Macrons ungeschickter Umgang mit Mali einige zu der Vermutung veranlasst, Paris habe Vorwände gesucht, um seinen Rückzug zu beschleunigen. Die Art und Weise, wie Macron im Juni 2021 das Ende der Opération Barkhane verkündete, verriet seine Absicht, das französische Engagement zurückzufahren, lange bevor der verbale Schlagabtausch mit den lokalen Machthabern eskalierte. Frankreichs Alleingang war für seine westlichen Verbündeten unhaltbar geworden, sodass eine Anpassung an internationale Vorgaben unumgänglich wurde. Im Wesentlichen bedeutet dies eine Übernahme des US-amerikanischen Modells, also den Verzicht auf permanente Stützpunkte und konventionelle Einsätze zugunsten von Drohnen und Spezialeinheiten.
Relikt der Kolonialherrschaft: der CFA-Franc
Bei allem Anschein eines schwindenden französischen Einflusses in Afrika besteht ein Relikt der Kolonialherrschaft noch immer fort: der CFA-Franc, der weithin als letzter bedeutender Hebel zur Kontrolle des ehemaligen «Hinterhofs» angesehen wird. Die Währung wurde in den 1930er Jahren als Gegenstück zum britischen Pfund Sterling konzipiert und 1945 am selben Tag, an dem Präsident de Gaulle das Bretton-Woods-Abkommen ratifizierte, eingeführt. Sie war an den Franc, später den Euro, gekoppelt, und ihre Konvertierbarkeit wurde vom französischen Finanzministerium garantiert. Mit der Entkolonialisierung wurde die CFA-Franc-Zone in zwei Währungsräume mit jeweils eigener Zentralbank aufgeteilt: die Westafrikanische Wirtschafts- und Währungsunion (heute UEMOA), die acht Länder umfasst und weitgehend dem ehemaligen Französisch-Westafrika entspricht, sowie die Zentralafrikanische Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft (heute CEMAC), die sechs Staaten des ehemaligen Französisch-Äquatorialafrika umfasst. Heute gehören diesen beiden Zonen 14 Länder mit einer Gesamtbevölkerung von fast 160 Millionen Menschen an. Hinzu kommen die Komoren, deren Zentralbank auf einem ähnlichen Modell beruht.
Die Widerstandsfähigkeit des CFA-Franc, der alle politischen Umwälzungen nach der Unabhängigkeit überlebte, gibt immer noch Rätsel auf. Anfang der 1950er Jahre löste das Ende der niederländischen Kolonialherrschaft über Indonesien in Frankreich eine Debatte über den Nutzen der eigenen Überseebesitzungen aus. Das später von dem Historiker Jacques Marseille popularisierte Theorem der «Holländischen Krankheit» stellte Kolonien als Belastung dar, die Investitionen aus der Metropole abzogen. Die Kontroverse fand ihren Ausdruck in dem zynischen Plädoyer des Journalisten Raymond Cartier für das Ende des Kolonialreichs: «La Corrèze avant le Zambèze» (übersetzt etwa: Die zentralfranzösische Region Corrèze soll gegenüber dem ostafrikanischen Einzugsgebiet des Sambesi-Flusses bevorzugt werden). Während des Algerienkriegs griff Raymond Aron diese Losung in einer Reihe einflussreicher Texte auf. Aron erkannte die Unvermeidlichkeit der Entkolonialisierung an und argumentierte für die Entkopplung von Währungseinheit und politischer Souveränität, womit er den theoretischen Grundstein für die neokoloniale «Zusammenarbeit» legte.
Der CFA-Franc blieb nicht unangefochten. Sowohl im Maghreb als auch in Indochina drängten die neuen unabhängigen Staaten sofort auf Währungsautonomie. In der Subsahara kappte Sékou Touré 1958 die Verbindungen Guineas zur Währungsunion, woraufhin de Gaulle den französischen Auslandsgeheimdienst SDECE in einem Vergeltungsakt anwies, das Land mit Falschgeld zu überschwemmen. Mali verließ die Franc-Zone 1962, kehrte aber 1984 zurück, während Madagaskar und Mauretanien ihr 1973 den Rücken kehrten.
Paris bleibt der Lenker des Systems, der bei Bedarf nachsteuert und nur Zugeständnisse macht, wenn es die Aufrechterhaltung der Ordnung erfordert.
Am aufschlussreichsten ist vielleicht der Fall Togo: 1962 versuchte Präsident Sylvanus Olympio, der bei Harold Laski an der London School of Economics studiert und anschließend als Unilever-Manager gearbeitet hatte, die Beziehungen seines Landes zu Frankreich zu lockern. Von Washington umworben und von einem deutschen Währungsberater unterstützt, entwarf er Pläne für eine nationale Währung, die die Franc-Zone zu sprengen drohte. Anfang 1963, als eine Einigung unmittelbar bevorzustehen schien, wurde Olympio bei einem Militärputsch ermordet. Sein Nachfolger passte sich den Pariser Vorgaben an und führte Togo rasch in die CFA-Franc-Zone zurück.
Die CFA-Union als «freiwillige Knechtschaft»
Für die Kritiker*innen offenbart diese Episode den wahren Charakter der CFA-Union als Zwangsgemeinschaft, die durch den langen Arm der französischen Ordnungsmacht aufrechterhalten wird, deren Interessen sie unweigerlich dient. Jahrzehntelang brachte die Franc-Zone Paris enorme Vorteile: nämlich einen sicheren Zugang zu Rohstoffen, die in der eigenen Landeswährung bezahlt werden, gekoppelt mit Einnahmen aus Importkontrollen. Die unbegrenzte Konvertierbarkeit ermöglichte es französischen Unternehmen, in der CFA-Zone erwirtschaftete Gewinne auszuführen, ohne lokalen Reinvestitionsverpflichtungen oder Währungsrisiken ausgesetzt zu sein. Ihre Vertrautheit mit dem französischen Finanzsystem verschaffte ihnen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der internationalen Konkurrenz – und bei Bedarf konnten sie auf die Unterstützung durch die robusten Truppen des bereits im Indochina- und im Algerienkrieg eingesetzten 11. Fallschirm-Sturmregiments zählen. Die Beschaffung großer öffentlicher Aufträge in Afrika, die durch ein Karussell von Provisionen und Bestechungsgeldern gesichert wurden, entwickelte sich zu einer tragenden Säule des politischen Lebens in Frankreich. Insbesondere der Ölkonzern Elf mit seinem dubiosen Netz von Mittelspersonen, das sowohl von Anhänger*innen Charles de Gaulles als auch von Sozialist*innen genutzt wurde, diente als wichtiger finanzieller Motor des Zweiparteiensystems der Fünften Republik.
Die Stabilität der Währung lässt sich auch durch inländische Faktoren erklären. Dass die Volkswirtschaften der Franc-Zone sich in Krisenzeiten als relativ robust erwiesen – zuletzt während der Covid-19-Pandemie –, hat ihnen das Vertrauen der Märkte bewahrt. Währungsabwertungen können für die Regierungen anderer Länder ein Problem darstellen, wie die diesjährigen Wahlen in Ghana zeigen, wo die regierende New Patriotic Party nach dem Zusammenbruch der Landeswährung Cedi (GHS) im Jahr 2022 von Rentner*innen und der Mittelschicht abgestraft wurde. Von der Unabhängigkeit bis Anfang der 2000er Jahre lag die jährliche Inflationsrate in den Ländern der Franc-Zone bei durchschnittlich nur sieben Prozent, verglichen mit über 75 Prozent auf dem restlichen Kontinent. Seit Frankreich den Euro eingeführt hat, liegt die Obergrenze bei drei Prozent. Diese Stabilität veranlasste Äquatorialguinea und Guinea-Bissau, dem CFA beizutreten, obwohl sie keine kolonialen Verbindungen zu Frankreich hatten. Für die Kompradoren-Elite – also jene einheimischen Unternehmer, die eng mit den europäischen bzw. westlichen Wirtschaftsinteressen verbunden sind – hat die garantierte Konvertierbarkeit klare Vorteile, denn sie ermöglicht die Anhäufung von Vermögen in den sicheren Finanzplätzen der Eurozone. Und während diese Kapitalflucht die öffentlichen Finanzen der CFA-Mitgliedstaaten aushöhlte, argumentieren Verfechter*innen der monetären Orthodoxie, dass die Stabilität des Systems die ärmeren Schichten, die über keinen Zugang zu Devisen verfügen, vor den zerstörerischen Auswirkungen der Inflationszyklen schütze.
Kritiker*innen bezeichnen die Zugehörigkeit zum CFA jedoch als «freiwillige Knechtschaft». Paris bleibt der Lenker des Systems, der bei Bedarf nachsteuert und nur Zugeständnisse macht, wenn es die Aufrechterhaltung der Ordnung erfordert. Als der Zusammenbruch von Bretton Woods 1971 zu Unruhen in den Ländern der Franc-Zone führte, reagierte Präsident Georges Pompidou, indem er Führungspositionen mit afrikanischem Personal besetzte und die Hauptsitze der Zentralbanken nach Dakar und Yaoundé verlegte – Maßnahmen, die weit hinter der Forderung des Ökonomen Samir Amin nach einer Rückführung zu den Landeswährungen zurückblieben. Ein ähnlicher Ansatz lag der Reform der Westafrikanischen Währungsunion 2019 zugrunde, die vor dem Hintergrund der instabilen Lage in der Sahelzone und wachsender Spannungen innerhalb der ECOWAS durchgeführt wurde. Die Reform beendete die Vertretung des französischen Finanzministeriums im Westafrikanischen Währungsausschuss, dem eigentlichen Entscheidungsgremium der Zone, wenngleich es Paris gelang, seinen Einfluss auf das Gremium zu wahren. Gleichzeitig behielt die Banque de France ihre Position im Zentralafrikanischen Währungsausschuss.
Frankreichs Versagen
Ein Großteil der Kritik an der Verwaltung des CFA-Systems durch Frankreich bezieht sich auf das mutmaßliche Versäumnis des Landes, seiner Rolle als Währungsgarant gerecht zu werden, mit der die Währungszentralisierung erklärtermaßen gerechtfertigt wurde. Die Spannungen erreichten im Zuge der Schuldenkrise der 1980er Jahre ihren Höhepunkt. Die beiden Ölpreisschocks der 1970er Jahre führten zu einer massiven Kreditaufnahme der Energie importierenden Staaten, während die Einnahmenüberschüsse aus den Ölexporten westliche Banken überschwemmten und den sogenannten Eurodollarmarkt befeuerten.
In der Franc-Zone finanzierten günstige Kredite den Ausbau des Staatsapparates und städtische Infrastrukturprojekte, insbesondere in Abidjan. Der damalige ivorische Präsident Félix Houphouët-Boigny versuchte, die Hauptstadt zu «europäisieren» und ihre Vorrangstellung gegenüber Dakar und Lagos zu behaupten. Anfang der 1980er Jahre wendete sich das Blatt schlagartig, als nach einer Zinserhöhung durch die US-Notenbank die Ausgaben für die Rückzahlung der Auslandsschulden in die Höhe schossen. Mexikos Zahlungsunfähigkeit führte 1982 zu einem Zusammenbruch der Kapitalströme. Die Krise in der CFA-Zone wurde durch die Abwertung des französischen Franc durch Präsident François Mitterrand verschärft, wodurch sich der Abstand zwischen dem CFA und dem US-Dollar vergrößerte. Dadurch wuchsen die Handelsdefizite, die Kosten für den Schuldendienst schnellten in die Höhe, und schließlich sah sich Paris gezwungen, die angeschlagene Wirtschaft der Côte d’Ivoire zu retten.
Obwohl die Währung für Paris heute kaum noch von Nutzen ist, hat es seinen Einfluss wiederholt genutzt, um in regionale Konflikte einzugreifen.
Anfang der 1990er Jahre fiel der Anteil der Devisenreserven, den die CFA-Staaten beim französischen Finanzministerium hinterlegt hatten, unter die vorgeschriebene Schwelle von 20 Prozent. Nach dem Scheitern der Strukturanpassungsprogramme von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank ließ Frankreich den CFA-Franc 1994 gegen den heftigen Widerstand afrikanischer Staats- und Regierungschefs um 50 Prozent abwerten. Um dafür nicht selbst die Verantwortung übernehmen zu müssen, stützte sich Mitterrand auf die Institutionen des Washington-Konsens, insbesondere auf den IWF mit seinem damaligen Direktor Michel Camdessus, dem vormaligen Gouverneur der Banque de France. Die Abwertung hinterließ tiefe Spuren und zeigte, dass die Währungsgemeinschaft ihre Kernversprechen, vor allem jenes der regionalen Integration, nicht einlösen konnte. Der Binnenhandel innerhalb der CFA-Zone stagniert bei bescheidenen 15 Prozent, während er in der Eurozone bei über 60 Prozent liegt. Die Mitgliedstaaten sind weiterhin vom Export von Rohstoffen wie Baumwolle abhängig, die die Sahelstaaten unverarbeitet auf dem Weltmarkt verkaufen. Das CFA-Währungsregime hat zwar französischen Unternehmen Geschäfte in der Region erleichtert, dabei jedoch die Konkurrenzfähigkeit der lokalen Industrie mit nigerianischen und ghanaischen Anbietern untergraben, die von währungspolitischen Gestaltungsspielräumen profitieren.
Der CFA-Franc diente allerdings lange Zeit weniger der Bereicherung des französischen Zentrums als vielmehr der Kontrolle, insbesondere seit der Übergang zum Euro das System für die europäische Konkurrenz geöffnet hat. Obwohl die französischen Kapitalinteressen in Afrika nach wie vor beträchtlich sind, stellen sie sich inzwischen weitgehend als geografisch und branchenspezifisch fragmentierter Flickenteppich dar. Dieser Rückzug begann bereits in den 1980er Jahren, zeitgleich mit dem Aufkommen einer Art «Afropessimismus» unter den Wirtschaftseliten. Propagiert wurde diese Stimmung von so unterschiedlichen Persönlichkeiten wie dem Apartheidbefürworter Bernard Lugan und dem ehemaligen Libération-Journalisten Stephen Smith, der heute von Macrons Establishment als Prophet des Wettlaufs afrikanischer Migrant*innen «Nach Europa!» gefeiert wird. Heute entfällt nur ein verschwindend geringer Teil der französischen Wirtschaft auf den Handel mit den Ländern der Franc-Zone – beim Import sogenannter strategischer Rohstoffe sind es nur etwa zehn Prozent.
Obwohl die Währung für Paris heute kaum noch von Nutzen ist, hat es seinen Einfluss wiederholt genutzt, um in regionale Konflikte einzugreifen. Während der anhaltenden politischen Krise in der Elfenbeinküste in den 2000er Jahren, die nach der Pattsituation bei den Wahlen von 2010 und 2011 in einem Wiederaufleben des Bürgerkriegs gipfelte, unterstützte Präsident Nicolas Sarkozy seinen Vertrauten Alassane Ouattara gegen den amtierenden Präsidenten Laurent Gbagbo. Damals drohte die Westafrikanische Union damit, Gbagbos Zugang zu den Staatskonten einzufrieren, während französische Banken ihre Filialen wochentags schlossen, was Lohnauszahlungen unterbrach und den Druck auf das Regime verstärkte. In jüngster Zeit hing das Damoklesschwert ähnlicher monetärer Restriktionen in Verbindung mit ECOWAS-Sanktionen über den revisionistischen Regimen der Sahel-Allianz (AES) – Niger, Burkina Faso und Mali –, was sie kürzlich zum Austritt aus der Westafrikanischen Gemeinschaft bewog. Der Einsatz währungspolitischer Instrumente als politisches Druckmittel wirft die Frage der territorialen Selbstbestimmung auf und ruft ähnliche Kritik hervor, wie europäische Staaten und insbesondere Frankreich sie ihrerseits am US-Dollar äußern.
Unterschiedliche Prioritäten
Inzwischen scheinen die inneren Widersprüche immer unhaltbarer zu werden. Die politische Instabilität hat eine neue Generation afrikanischer Staats- und Regierungsoberhäupter hervorgebracht, die sich gegen die strukturellen Ungerechtigkeiten des Systems wenden und dabei auf Kritikpunkte aus der Zeit nach der Unabhängigkeit zurückgreifen. Während der Begriff der Souveränität in Frankreich nach mehr als einem Vierteljahrhundert Maastricht-Orthodoxie an den Rand des politischen Diskurses gedrängt wurde, ist er in ganz Westafrika zu einem Schlachtruf geworden, dem sich politisch engagierte Jugendliche angeschlossen haben. Im Januar 2017 verbrannte der panafrikanische Aktivist Kémi Séba – einst eine Randfigur in der französischen Weböffentlichkeit, inzwischen jedoch eine unerwartete Galionsfigur der antifranzösischen Agitation auf dem afrikanischen Kontinent – bei einer Kundgebung in Dakar vor laufenden Fernsehkameras einen 5000-CFA-Franc-Schein. Diese Mobilisierungswelle, die in Gestalt der Bewegung Balai Citoyen auch Burkina Faso erschütterte, gipfelte im vergangenen März im Wahlsieg der PASTEF-Partei im Senegal, die im Wahlkampf hauptsächlich mit ihrer Ablehnung des CFA-Franc für sich geworben hatte.
Trotz des erneuten Rufs nach einer Abschaffung des CFA-Franc gibt es keinen Konsens darüber, was an seine Stelle treten soll: ein reformierter CFA-Franc, die Einführung nationaler Währungen oder ein völlig neues System der regionalen Integration.
Der bislang konkreteste Alternativvorschlag ist der ECO, eine gemeinsame Währung für die westafrikanischen Staaten. Ursprünglich wurde er in den 1980er Jahren von den anglophonen Staaten unter Führung Nigerias eingeführt, um den französischen Einfluss einzudämmen. Seitdem hat sich der ECO für Lagos zu einem Instrument entwickelt, um Allianzen zu festigen und seine Führungsrolle zu behaupten – sowohl gegenüber dem nahen Abidjan als auch, um ein strategisches Gegengewicht zur industriellen Dominanz Südafrikas auf dem Kontinent aufzubauen.
Der Übergang zum ECO wirft jedoch heikle Fragen auf: Soll er an den Euro gekoppelt, an verschiedene andere Währungen gebunden – etwa den Yuan, den Rubel oder den US-Dollar – oder den freien Marktkräften überlassen werden? Jedes Szenario birgt die Gefahr, dass die Abhängigkeit von den unterschiedlichen Konjunkturzyklen zunimmt. Würde Nigeria, der führende Ölexporteur des Kontinents, die Rolle des Kreditgebers der letzten Instanz übernehmen?
Die unterschiedlichen Prioritäten der westafrikanischen Staaten haben Paris bisher eine Atempause verschafft.
Der ausweichende Umgang mit solchen Fragen bei der Vorstellung des Projekts lässt anderes vermuten. Der von Macron und Ouattara im Rahmen der erwähnten Reformen von 2019 wiederbelebte ECO sollte den CFA-Franc in der Westafrikanischen Union bis 2020 ersetzen – ein Zeitplan, den Beobachter*innen schnell als unrealistisch einstuften und der unter dem Vorwand der Covid-19-Krise auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Viele sahen in diesem Vorstoß den Versuch von Paris und Abidjan, dem anglophonen Block zuvorzukommen. Im Jahr 2021 hat die ECOWAS den ECO überarbeitet und 2027 als neue Zielmarke ausgegeben. Doch Fortschritte bei der technischen Umsetzung lassen auf sich warten, und die vorgeschlagenen Konvergenzkriterien scheinen für die meisten Mitgliedstaaten der Union unerreichbar zu sein.
Trotz der Rhetorik panafrikanischer Solidarität bleiben tiefe Gräben bestehen. Im Senegal schwankt die neue Regierung zwischen der Beibehaltung des bestehenden Systems und einem klaren Bruch. Die Sahel-Allianz tendiert zu einer subregionalen Integration, ohne das Prinzip einer gemeinsamen Währung aufzugeben. Dies würde jedoch bedeuten, dass Niger, Burkina Faso und Mali – drei der ärmsten Länder der Welt – der Konkurrenz des CFA oder des vorgeschlagenen ECO ausgesetzt wären.
Zudem gibt es große Unterschiede zwischen den afrikanischen Volkswirtschaften: zwischen den Sahelländern mit nur einer und den Küstenstaaten mit zwei Trockenzeiten; zwischen halbindustrialisierten Ländern wie dem Senegal oder der Côte d’Ivoire und ihren von Rohstoffexporten abhängigen Nachbarn. Die aktuellen Debatten über die Zukunft des CFA spiegeln zudem den anhaltenden wirtschaftlichen Wandel in Subsahara-Afrika wider. Jüngste Ölfunde vor der Küste Senegals und vielversprechende Explorationen in Niger machen aus diesen Ländern Exporteure strategischer Rohstoffe. Diese Verschiebung könnte die unausgewogenen Konjunkturzyklen innerhalb der Franc-Zone verschärfen und das Prinzip der gemeinsamen Währungsreserven in Frage stellen. Länder wie Senegal, die einst Nutznießer des Systems waren, könnten zu Nettozahlern werden und sich weigern, eine gemeinsame Struktur zu finanzieren, auf die sie sich bisher verlassen haben.
Hinter der scheinbaren Stabilität der Währung verbirgt sich eine unbeständige Realität. Derweil werden regionale Rivalitäten durch geopolitische Spannungen angeheizt. Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine und den Zinserhöhungen der US-Notenbank hat der Wertverlust des Euro gegenüber dem Dollar die in US-Dollar geführte Schuldenlast der Länder der Franc-Zone verschärft. Angesichts der anhaltenden Handelsdefizite der CFA-Zone hängt die Stabilität des Franc von den regelmäßigen Devisenzuflüssen ihrer stärksten Mitglieder ab – die Elfenbeinküste in West- und die kleinen, Öl produzierenden Staaten in Zentralafrika, deren Überschüsse anfällig für Schwankungen der Weltmarktpreise bleiben.
Die unterschiedlichen Prioritäten der westafrikanischen Staaten haben Paris bisher eine Atempause verschafft. «Jeder, der sich ein wenig mit den Problemen Westafrikas auskennt, wird zustimmen», bemerkte ein Korrespondent von Le Monde 1964, vielleicht ohne zu ahnen, dass die Franc-Zone mehr als 80 Jahre Bestand haben würde, «dass die Unabhängigkeit der Côte d’Ivoire eher gegen Dakar als gegen Paris errungen wurde. Mit der möglichen Ausnahme von Conakry», fuhr er fort, «gilt dies für ganz Westafrika: Nouakchott gegen Rabat und Dakar, Dakar und Bamako gegeneinander, Lomé gegen Accra, während Cotonou, Niamey und Ouagadougou immer noch mit unterschiedlichem Erfolg versuchen, ihre Unabhängigkeit von Abidjan zu erlangen.» Es ist nicht auszuschließen, dass diese Rivalitäten mit dem Rückzug Frankreichs wieder in den Vordergrund treten.
Deutsche Erstveröffentlichung des Textes «The Franc Zone», der zuerst von der «New Left Review» publiziert wurde. Die Zwischenüberschriften wurden redaktionell eingefügt. Übersetzung aus dem Englischen von Camilla Elle und Maximilian Hauer für Gegensatz Translation Collective.