
Wir leben in extrem politisierten Zeiten. Die Diskussionen ändern sich schnell und sind oft hitzig. Manchmal werden absichtlich falsche Behauptungen aufgestellt, und es ist nicht immer leicht, Fake News von Fakten zu unterscheiden. In unserer Serie «Was ist eigentlich …? Politische Grundlagen zum Bundestagswahlkampf 2025» erklären wir wichtige Begriffe aus der politischen Diskussion und zeigen, welche Interessen und Konflikte dahinterstecken.
Schon bevor Donald Trump seine zweite Amtszeit als US-Präsident antrat, drohte er mit Strafzöllen. Nun machte er ernst. Chinesische Waren belegte er pauschal mit Zöllen von 10 Prozent, Kanada und Mexiko sollten sogar 25 Prozent zahlen – allerdings wurden diese Zölle nach nur einem Tag wieder ausgesetzt. Auch dem Rest der Welt stellte Trump Zölle von 20 Prozent in Aussicht. Viele fürchten nun, dass Zölle den Welthandel bedrohen oder neue Handelskriege auslösen könnten. Aber wieso sind Zölle eine so mächtige politische Waffe?
Strafzölle oder Importzölle werden von einem Land auf Produkte aus einem anderen Land erhoben, um dieses Land zu bestrafen oder eigene Unternehmen zu bevorzugen: Die ausländischen Waren werden teurer, wodurch inländische «wettbewerbsfähiger» werden.
Während in den vergangenen Jahrzehnten der Freihandel, also der Abbau von Handelsbeschränkungen, das beherrschende Motiv der Wirtschaftspolitik war, ist seit einigen Jahren das Gegenteil zu beobachten. Schon in seiner ersten Amtszeit stieg Trump aus Freihandelsabkommen aus und verhängte Zölle gegen chinesische und auch europäische Waren, die sein Nachfolger Joe Biden beibehielt. Die EU und China, die viel in die USA exportieren, klagten über erschwerten Marktzugang für ihre Unternehmen und reagierten ihrerseits mit Zöllen auf bestimmte US-Produkte.
Die Wende zum Protektionismus soll dem Schutz vor ausländischer Konkurrenz dienen, «America first» war das Motto. Die meisten US-Bürger*innen profitieren davon allerdings nicht, sie zahlen drauf. Denn für Kund*innen machen Zölle billige Waren aus dem Ausland teurer. Die Alternative sind ebenfalls teurere Waren, die im Inland produziert wurden. «America first» bedeutet also: An erster Stelle stehen die Profite der US-Unternehmen.
Zölle dienen auch als Druckmittel, um politische Ziele durchzusetzen. So zwang Trump Kolumbien schon in seiner zweiten Amtswoche durch Zölle, abgeschobene Staatsbürger*innen aufzunehmen. Auch bei den Zöllen gegen Mexiko und Kanada stehen Forderungen nach mehr Migrationsabwehr und Maßnahmen gegen Drogenhandel im Vordergrund.
Ob wirtschaftlich oder politisch motiviert: Für die USA, deren Position als alleinige Weltmacht bedroht ist, sind Strafzölle ein Mittel, um andere Staaten zur Unterordnung zu zwingen. Andererseits sind sie Ausdruck der gewachsenen Konkurrenz um Anteile am Weltmarkt. Die Unternehmen stellen zu viele Waren her, die Staaten wollen nun «ihren» Unternehmen Vorteile bei deren Verkauf verschaffen. Auch hier hat China in wichtigen Branchen aufgeholt. Diese mit immer härteren Bandagen ausgetragene Konkurrenz um den Weltmarkt ist, was hinter der Warnung vor Handelskriegen steht.
Aus Sicht der Beschäftigten ist aber auch die Rückkehr zum Freihandel keine Lösung, denn auch dann konkurrieren die Unternehmen um Marktanteile, nun, indem sie Produktionskosten senken. Dadurch geraten Löhne und Arbeitsbedingungen unter Druck. Im Interesse von Arbeitnehmer*innen wäre daher eine Wirtschaftspolitik, die Konkurrenz abbaut, Kooperation stärkt sowie Arbeitsschutz- und Gewerkschaftsrechte international absichert.