Publikation Parteien / Wahlanalysen Die Wahl zum 21. Deutschen Bundestag

Wahlnachtbericht und erste Deutungen zum «Comeback des Jahres»

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Autor

Moritz Warnke,

Erschienen

Februar 2025

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Plenarsaal des Deutschen Bundestags. DBT / Marco Urban

Die Union ist ein Wahlsieger ohne Glamour – sie gewinnt wie erwartet mit großem Abstand zum Zweitplatzierten und fährt dennoch ihr historisch zweitschlechtestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl ein. Dabei hatte der CDU-Kanzlerkandidat als Oppositionsführer gegen die unbeliebteste Regierung in der Geschichte der Bundesrepublik eigentlich leichtes Spiel.

Die SPD erlebt das erwartete Wahldebakel – noch nie hat die Partei bei einer Bundestagswahl so schlecht abgeschnitten. Dass die Partei den Wahlkampfauftakt mit einer brutalen Kandidatendebatte (Scholz oder Pistorius) verstolperte und sich dabei offenbar für den falschen Kandidaten entschied, sollte nicht über die strukturellen Probleme der Partei hinwegtäuschen.

Die Grünen verlieren 3,6 Prozent und landen bei 11,6 Prozent, was immer noch ihr zweitbestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl ist. Sie verlieren weniger als die anderen Ampel- Parteien, aber das von den damaligen Parteivorsitzenden Habeck/Baerbock gestartete Projekt, zur neuen Volkspartei zu werden und systematisch in neue Wählerschichten auszugreifen, hat seinen Zenit überschritten, weil es überdehnt wurde.

Die Linke ist die Partei der Stunde, erreicht 8,8 Prozent (+3,9 Prozent) der Stimmen und holt 6 Direktmandate (Berlin: Treptow-Köpenick, Lichtenberg, Neukölln, Friedrichshain- Kreuzberg, sowie Leipzig-Süd und Erfurt). Bei der Europawahl im Juni 2024 noch bei nur 2,7 Prozent und in den Umfragen lange in der politischen Todeszone bei weit unter 5 Prozent gelingt der Partei das Kunststück, sich in wenigen Wochen Wahlkampf im Wählerzuspruch zu verdreifachen, damit an frühere Wahlerfolge anzuknüpfen und nebenbei noch einen Mitgliederrekord nach dem nächsten zu feiern (Stand 20.02.2025: 95.112 Mitglieder) – Zeitenwende bei der Linken!

Die FDP verliert die von ihr angezettelte «Offene Feldschlacht» und fliegt mit 4,3 Prozent (-7,1 Prozent) nach 2013 erneut aus dem Bundestag. Dies ist einerseits Ausdruck einer langfristigen Krise der Partei: seit Eintritt in die Ampelkoalition auf Bundesebene scheiterte die FDP bei 7 von 10 Landtagswahlen an der 5-Prozent-Hürde, bei den Ost-Landtagswahlen im Herbst 2024 war die Partei nahezu pulverisiert (Thüringen: 1,1 Prozent, Sachsen: 0,9 Prozent, Brandenburg: 0,8 Prozent). Andererseits hat sich Christian Lindner als Parteivorsitzender in der Suche nach einem Ausweg aus dieser Krise offenbar auch einfach verzockt.

Die AfD erreicht mit 20,8 Prozent ein Rekordergebnis. Sie ist stärkste Kraft im Osten und wird mit 151 Abgeordneten im Bundestag vertreten sein – so vielen, wie nie zuvor. Das heißt auch: in den nächsten 4 Jahren wird es – so lange die Partei nicht verboten ist – über die staatliche Parteienfinanzierung so viel staatliches Geld an die AfD überwiesen wie nie zuvor und es werden noch mehr Nazis bezahlte Stellen im Parlament und in Wahlkreisbüros bekommen.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) scheitert mit 4,97 Prozent denkbar knapp an der 5 Prozent-Hürde und zieht nicht in den Bundestag ein. Damit steht Sahra Wagenknechts vor einem Scherbenhaufen. Sie hatte auf den letzten Metern des Wahlkampfs alles auf eine Karte gesetzt und wenige Tage vor der Wahl ihre persönliche Zukunft mit dem Wahlergebnis verknüpft – hält sie Wort, dürfte ihre Karriere als Politikerin mit diesem Ergebnis vorbei sein.

Die gesamte Analyse der Bundestagswahl und des spektakulären Comebacks der Linken im Wahlnachtbericht.

Inhalt:

  • Ergebnisse und erste Deutungen
  • Das Social Media Game der Linken
  • Der Mitgliederboom der Linken
  • Ausgangslage und Kontext der Wahl
  • Wahlkampf, Umfrageverlauf, wichtige Themen & LINKE-Wahlkampagne
  • Gewonnene Direktwahlkreise
  • Lange Linien – frühere Linke-Ergebnisse bei bundesweiten Wahlen (Europa- und Bundestagswahlen)
  • Erkenntnisse aus Nachwahlbefragungen

Autor:

Moritz Warnke ist Referent für soziale Infrastruktur und verbindende Klassenpolitik in der Rosa-Luxemburg-Stiftung.