
Den antijüdischen Vorurteilen der Mehrheitsgesellschaft des deutschen Kaiserreiches stand das Integrationsangebot der Arbeiterbewegung entgegen. Auch dort gab es antijüdische Vorurteile. Der Antisemitismus als Ideologie aber war in der Arbeiterbewegung verpönt, und dies bewog einen nicht geringen Teil jüdischer Jugendlicher, sich ihr anzuschließen, sei es der Sozialdemokratie, später auch der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) oder sozialistisch-kommunistischen Zwischengruppen. Dies bedeutete für jene, die eine solche Entscheidung trafen, dass eine Form des Außenseitertums in einem freiwilligen Akt durch eine andere abgelöst wurde: die unveränderbare jüdische Existenz durch die von der Mehrheit der Gesellschaft bekämpfte sozialistisch-kommunistische Bewegung. Doch versprach diese Bewegung, vor allem ihr radikaler kommunistischer Flügel, durch den Sturz des Kapitalismus auch den Antisemitismus zu beseitigen, der als Kainsmal dieser Ordnung begriffen wurde.
Es ist diese Konstellation, innerhalb derer radikale jüdische Intellektuelle ihr Leben vor 1933 zu gestalten suchten. Die wenigsten von ihnen aber waren – zumindest in Deutschland – bereit, der visionären Existenz des Berufsrevolutionärs ihre Berufsplanung zu opfern. Sie studierten und blieben «Kopfarbeiter» innerhalb der sozialistisch-kommunistischen Bewegung. Galt dies vor 1914 als eine begrüßenswerte Form des Engagements, so zählte es in der KPD, die sich ab dem Ende der 1920er-Jahre politisch und kulturell dem entstehenden sowjetischen Stalinismus mitsamt seinem künstlichen Proletarierkult auslieferte, deutlich weniger.
All dies verdichtet sich beispielhaft in der Biographie des Juristen und politischen Publizisten Leo Zuckermann (1908–1985), über den Philipp Graf vom Leibniz-Zentrum für jüdische Geschichte und Kultur/Simon Dubnow in Leipzig eine höchst lesenswerte Biographie vorgelegt hat, die auf seiner Habilitationsschrift beruht.
Die ganze Rezension hier auf H-Soz-Kult (21.2. 2025) oder im PDF unten lesen.
Wir danken H-Soz-Kult herzlich für die Erlaubnis zur Publikation.