
Donald Trump ist bekannt für seine schroffe Rhetorik und sprunghafte Politik. Doch seine Zollpolitik folgt einem langfristigen Plan: Er will die schwindende Macht der USA gegen den Aufstieg Chinas verteidigen, Handelsungleichgewichte zwischen den USA und der Welt beenden und andere Länder dazu zwingen, sich seinem Kurs zu unterwerfen. Innenpolitisch überträgt er seine autoritäre Machtstrategie auf die Wirtschaft: Gezielte Ausnahmen von Zöllen für bestimmte Unternehmen sollen diese politisch gefügig machen. Sein Versprechen, inländische Arbeitsplätze in der fossilen Industrie zu schaffen, spiegelt den Versuch einer rechten Kulturrevolution wider, in der traditionell von Männern ausgeübte Berufe heroisiert werden.
Maxine Fowé ist Politökonomin und Redakteurin beim progressiven Wirtschaftsmagazin Surplus.
Trumps Zölle wirken wie ein verzweifelter Versuch, die US-Hegemonie in einer zunehmend multipolaren Welt zu bewahren. Höhere Zölle gegenüber der Weltwirtschaft werden die USA nicht vor der wirtschaftlichen Entwicklung anderer Länder schützen. Ohne eine strategische Industriepolitik werden Zölle auch nicht automatisch zu neuen Jobs in den USA führen. Sie stärken nur diejenigen, die bereits politische Macht haben, und nähren damit ein System, das auf Korruption und Ausnahmen für die Mächtigen setzt. Sollte sich Trumps Zollregime verfestigen, werden sich die Handelsströme weltweit neu ordnen, der Dollar an Macht verlieren, die Preise vor allem für die Menschen in den USA steigen und sich eine verstärkte Blockbildung zwischen China und den USA etablieren.
Erste Reaktionen: Unterwerfung und Gegenschläge
Die von Trump verhängten Zölle sind keineswegs nur symbolische Strafaktionen. Der US-Präsident hat Anfang April einen Handelskrieg mit China und dem Rest der Welt provoziert. Ein Basiszoll von 10 Prozent auf fast alle Importe aus aller Welt bildet die Grundlage. Weitere «reziproke» Zölle bis fast 50 Prozent, gestaffelt nach der Höhe des Handelsüberschusses, den ein Land aus seiner Sicht gegenüber den USA erzielt, hielt Trump stolz in die Kameras.
Während sich viele Länder an Trumps Warnung hielten, nicht mit Gegenzöllen zu reagieren, schlug China zurück. In einem tagelangen Wettrüsten zwischen Washington und Peking verhängten beide Länder gegenseitig Zölle in dreistelliger Höhe. Am 9. April dann das große Aufatmen: Alle Länder außer China sind von den Gegenzöllen ausgenommen. Lediglich allgemeine Zölle in Höhe von 10 Prozent auf alle Importe und 25 Prozent auf Stahl, Aluminium, Autos und Autoteile blieben in Kraft.
Derzeit eskaliert der Handelskrieg zwischen den USA und China. Vor wenigen Tagen setzte China seinen größten Machthebel ein und kündigte weltweite Exportkontrollen auf Seltene Erden an, von denen weltweit etwa zwei Drittel in China abgebaut und über 99 Prozent verarbeitet werden. Sie sind wichtige Bestandteile von Batterien für Elektroautos, Solarpaneelen oder Magneten für Windkraftanlagen, aber auch für militärische Anwendungen wie Jets, Raketen und Drohnen. Trump scheint die extreme Abhängigkeit von chinesischen Exporten zu erkennen. Er hat die Zölle auf Smartphones, Computer und andere Elektronikprodukte, die überwiegend in China hergestellt werden, vorübergehend ausgesetzt. Ob der Zollkrieg bald ein Ende hat, ist unklar. Bleibt er bestehen, droht der Handel zwischen den USA und China weitgehend zu erlahmen.
Lehman‑Moment im Zollkrieg: Provozierter Börsencrash führt fast zur Finanzkrise
Dabei sind die USA einer von Trump provozierten Finanzkrise nur knapp entgangen. Zwar war zu erwarten, dass die Aktienkurse nach Trumps Zollankündigungen einbrechen würden, doch die Reaktionen am US-Staatsanleihemarkt waren überraschend und könnten Ausdruck einer schwindenden Macht des Dollars sein.
In früheren Finanzkrisen flüchteten Anlegerinnen und Anleger stets in US-Staatsanleihen, die als sicher und liquide gelten. Normalerweise werten der Dollar und damit auch Staatsanleihen in unsicheren Zeiten auf, selbst wenn die Aktienkurse fallen. Diesmal war es anders: Unter dem Motto «Sell America» wurden weltweit massenhaft US-Schuldpapiere verkauft. Selbst als die Renditen der Staatsanleihen in die Höhe schossen, flüchteten die Anlegerinnen und Anleger.
Der Einbruch am Staatsanleihenmarkt lässt sich nur dadurch erklären, dass große Hedgefonds und Vermögensverwalter ihr Geld aus US-Schuldtiteln abzogen. Zudem stiegen die Inflationserwartungen, so dass niedrig verzinste Anleihen in der Hoffnung auf steigende Zinsen verkauft wurden.
Eine Finanzkrise wie 2008 konnte nur im letzten Moment abgewendet werden, als Trump die Gegenzölle aussetzte. Die Warnungen von JPMorganChase-Chef Jamie Dimon und BlackRock-Chef Larry Fink vor einem Crash könnten ihn zum Umdenken bewegt haben. Obwohl Trump sein Ziel eines schwachen Dollar vorerst erreicht hat, scheint die Macht des Dollar als globale Leitwährung zu schwinden. Doch die Botschaft bleibt: Sobald Trump es für richtig hält, wird er den Zollhammer wieder schwingen.
Trump hat einen Plan der Dominanz
Obwohl es wahrscheinlich ist, dass die Trump-Administration keine zweite Lehman-Finanzkrise auslösen wollte, scheint hinter Trumps Politik mehr zu stecken als Willkür und Chaos. Es gibt vier Anzeichen, die auf eine übergeordnete Strategie hindeuten, die jedoch zum Scheitern verurteilt ist.
1. Zölle gegen «unfaire» Handelsungleichgewichte
Trump ist entschlossen, die Weltwirtschaftsordnung mit ihren Handelsungleichgewichten zu zerstören. Sein Vorwurf: Wenn die USA mehr Güter importieren als exportieren, entsteht ein Handelsdefizit, das anderen Staaten unverhältnismäßige Vorteile verschafft. Mit Zöllen will Trump die vermeintlich unfaire Bereicherung des Auslands an den USA beenden und neue Industriearbeitsplätze in den USA schaffen.
Trump behauptet, dass hohe Zolleinnahmen langfristig Steuersenkungen bis hin zur Abschaffung der Einkommensteuer ermöglichen könnten. Während dieses Ziel eine ungerechte Steuersenkung für Reiche auf Kosten höherer Preise für die breite Bevölkerung wäre, zeichnet sich bereits jetzt ab, dass Trump es nichterreichen wird. Seit dem 5. April wurden nur 500 Millionen Dollar durch Zölle eingenommen, statt der von Trump angekündigten 2 Milliarden Dollar pro Tag. Zudem sind die US-Exporte stärker zurückgegangen als die Importe, was das US-Handelsdefizit entgegen Trumps Ziel noch vergrößert hat. Die Exportindustrien wurden sichtlich geschwächt und viele Unternehmen und Haushalte kauften importierte Güter als Vorrat, bevor die Zölle in Kraft traten.
Zudem führen Zölle nicht automatisch zu neuen Fabriken und Arbeitsplätzen in Regionen wie dem Rust Belt. Denn ohne eine strategische Industriepolitik sind Zölle Unsinn. Diesen Fehler hat Trump gerade mit dem Ende des CHIPS-Acts und des Inflation Reduction Acts besiegelt. Für die USA sind Zölle ein Angebotsproblem, das kurzfristig schwer zu beheben ist. Neue Fabrikhallen, Arbeitskräfte und Expertise aufzubauen, wird Jahre dauern. Selbst mit massiven Investitionen entstehen Autofabriken, Stahlschmelzen oder Elektrogerätewerke nicht über Nacht. Man braucht Materialien und Maschinen – und die werden durch Zölle und Gegenzölle plötzlich viel teurer.
Außerdem fehlen Arbeitskräfte: Niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen machen Industriejobs in vielen Fabriken unattraktiv. Andere Arbeitskräfte kommen wegen der rassistischen Einwanderungspolitik gar nicht erst in die USA oder werden gleich wieder abgeschoben. Über Parteigrenzen hinweg ist man sich allerdingseinig, dass die USA ein besserer Ort wären, wenn nicht man selbst, sondern andere Menschen in den Fabriken arbeiten würden. Wahrscheinlicher als ein echter Jobboom ist, dass Trumps Zölle und die Drohung, US-Sicherheitsgarantien aufzuheben, nur der erste Schritt in seinem Versuch sind, den Dollar abzuwerten.
2. Dollar-Abwertung um jeden Preis
In einem 41-seitigen Papier des US-Regierungsberaters Stephen Miran wird genau dieses Ziel formuliert: Der Dollar soll abgewertet werden, um US-Produkte attraktiver zu machen und die globale Finanzarchitektur neu zu ordnen. Für Trump ist die Dominanz des Dollars also kein Privileg, sondern eine Bürde. In seinen Augen zahlt die große Mehrheit in den USA den Preis dafür, dass andere Länder wachsen. Hohe Zölle sollen eine Schockwelle auslösen, um Länder zu zwingen, ihre Währungen gegenüber dem Dollar aufzuwerten, indem Zentralbanken Teile ihrer US-Währungsreserven verkaufen. Sogar Steuern auf ausländische Kapitalzuflüsse werden im Trump-Lager diskutiert, um den Dollar für ausländische Anlegerinnen und Anleger unattraktiver zu machen.
Trump will damit zweierlei: Der Dollar soll billiger und US-Produkte wettbewerbsfähiger werden – ohne dass die geopolitische Macht der USA darunter leidet. Beide Ziele stehen in einem Spannungsverhältnis und zeigen, dass Trump das vermeintlich arbeiternahe Lager um Bannon mit Industriearbeitsplätzen in den USA befrieden und gleichzeitig dem neoliberalen Lager der klassischen Republikaner den Dollar als Magnet für Kapitalzuflüsse aus dem Ausland erhalten will.
Trumps Wirtschaftsnationalismus beruht auf weiteren Fehlschlüssen. Nach dem Zweiten Weltkrieg sorgte das Bretton-Woods-System dafür, dass fast alle nichtkommunistischen Währungen einen festen Wechselkurs zum Dollar hatten. Der eigentliche Grund für die Handelsungleichgewichte seit dem Zusammenbruch dieses Systems ist die Doppelrolle des Dollars als Weltreserve- und Leitwährung einerseits und als nationale Währung andererseits. Während ein schwacher Dollar gut ist, um in den USA produzierte Waren zu verkaufen, treibt die weltweit hohe Nachfrage nach dem Dollar, der bisher als sicherste Anlage- und Handelswährung galt, seinen Wert in die Höhe. Ausländische Zentralbanken halten diese Dollars in großen Mengen, was zu Handelsdefiziten führt. Dieses unvollendete Währungssystem wurde immer wieder mit brutalen politischen Instrumenten korrigiert: Etwa Anfang der 1980er Jahre durch den damaligen Fed-Chef Paul Volcker, der die Zinsen drastisch erhöhte, oder 1985 durch das Plaza-Abkommen unter Reagan, das den Dollar gegenüber Währungen wie dem Yen und der D-Mark abwertete.
Trumps Behauptung, andere Länder würden auf Kosten der USA handeln, indem sie zu viel in die USA exportieren, ist falsch. Die Wurzel des Problems liegt im unvollendeten Weltwährungssystem und dem Fehlen einer Weltreservewährung, deren Funktion der Dollar zwangsläufig übernimmt. Die USA sind aber keineswegs die Hauptleidtragenden der Dollarhegemonie. Es sind vor allem die in Dollar verschuldeten Entwicklungsländer, die darunter leiden: Je stärker der Dollar, desto teurer wird es für diese Länder, ihre Dollarschulden zu bedienen und Dollarreserven anzuhäufen, um ihre eigenen Währungen und Finanzsektoren zu stützen.
Richtig ist, dass der hohe Wert des Dollars eine übermäßige Finanzialisierung begünstigt, die tendenziell die industrielle Basis der USA aushöhlt. Der Beschäftigungsrückgang in Regionen wie dem Rust Belt ist jedoch noch struktureller: Weltweit entwickeln sich die Volkswirtschaften hin zu größeren Dienstleistungssektoren, die Industrieproduktion wird automatisiert und fossile Geschäftsmodelle werden durch erneuerbare ersetzt, die weniger Arbeitsplätze in der Produktion schaffen. Statt allein auf Zölle zu setzen, wären massive staatliche Investitionen in Zukunftsbranchen, Umschulungsprogramme und Kinderbetreuungsangebote sinnvoll, wie sie im ursprünglichen Build Back Better Plan vorgesehen waren.
3. Zölle als Machthebel der Unterwerfung
Trumps Zölle sind aber nicht nur ökonomisch zu verstehen, sondern dienen auch als Erpressungsinstrument. Während Zölle für Entwicklungsländer ein wichtiges Mittel sind, um sich aus neokolonialen Handelsbeziehungen zu befreien, etwa um einheimische Kleinbauern vor der Flut subventionierter Agrarprodukte aus dem globalen Norden zu schützen, geht es bei Trumps Zöllen um imperiale Dominanz. Länder, die sich seinen Bedingungen nicht beugen, müssen dauerhaft hohe Zölle akzeptieren. Kooperierende Länder verpflichten sich zu Zugeständnissen: Aufwertung ihrer Währungen, Investitionen in den USA und eine handelspolitische Abkehr vom US-Rivalen China. So will Trump China zu wirtschaftlichen Zugeständnissen wie dem Verkauf von TikTok US zwingen. Die EU soll mehr gefracktes LNG-Gas aus den USA kaufen. Mexiko wird von Trump gedrängt, seine Grenzen für schutzsuchende Migrierende und Fentanyl-Schmuggel zu schließen.
Seine Zölle dienen aber auch innenpolitischen Zielen. Trump überträgt seine Machtausübung auf die Wirtschaft, nachdem er bereits vulnerable Gruppen, die Wissenschaftsfreiheit und die Gewaltenteilung angegriffen hat. Gezielte Ausnahmen von Zöllen für bestimmte Unternehmen sollen diese politisch gefügig machen. Nur wer sich Trumps Machtergreifung beugt, bekommt Ausnahmen. Und Ausnahmen sind für Trump die Regel. Das Zollchaos ist ein System, das auf Korruption im großen Stil setzt. Apple-Chef Tim Cook etwa hat sich eine Zollbefreiung für Apple-Produkte und eine generelle Ausnahme für technische Produkte wie Handys und Chips aus China gesichert. Andere wie Nvidia und Honda haben sich Trump bereits gebeugt und angekündigt, ihre Produktion in die USA zu verlagern.
4. Fossile Industriejobs für eine rechte Kulturrevolution
Dabei scheint Trumps Versprechen, neue Arbeitsplätze in traditionellen Industrien zu schaffen, Ausdruck einer umfassenderen rechten Kulturrevolution zu sein. Im MAGA-Lager geht es um Öl, Kohle und Gas und um den energischen Versuch, die verblasste Erzählung der fossil-patriarchalischen US-Industrieära des 20. Jahrhunderts wiederzubeleben. Mehr als 70 Prozent der Beschäftigten in der US-Industrie sind Männer. In den letzten Jahrzehnten sind in den USA Millionen von Industriearbeitsplätzen verloren gegangen. Auf das entstandene Leid und die Perspektivlosigkeit vieler Menschen versucht Trump nun eine einfache Antwort zu geben.
In der MAGA-Ideologie dienen traditionelle Industriejobs – vom Kohlebergbau bis zur Fabrik – als moralische Reinigung im Kampf gegen die angeblich verweichlichte «Schreibtisch-Wokeness» des überdurchschnittlich weiblich besetzten Dienstleistungssektors. Frauen sollen an den Herd und die Männer in die fossile Fabrik, um mit den Händen zu schuften, statt am Schreibtisch zu sitzen.
Ironischer kann Trumps Arbeitsmarktpolitik kaum sein: Ausgerechnet in der Branche, die seinem Versprechen von «good, proud, male work» am nächsten kommt – dem Baugewerbe, zu 90 Prozent männlich, zwanzigmal größer als der Bergbau und nicht von Offshoring bedroht – hat er den Jobmotor abgewürgt. Statt eine landesweite Bauoffensive zu forcieren, die nicht nur neue Wohnungen, sondern auch viele Arbeitsplätze geschaffen hätte, lässt der US-Präsident die Zerstörung der Bauwirtschaft durch hohe Zinsen, Zölle und Abschiebungen ungebremst geschehen. Statt in Wohnungsbau, Infrastruktur und Umschulungsprogramme zu investieren, dient die Zollpolitik als politisches Ritual: harte Kerle, harte Arbeit, harte Grenzen – eine Symbolik, die den sozialen Frust von Arbeitern kanalisiert, ohne ihre Zukunft zu sichern.
USA: Steigende Preise für die Vielen
Dieser Frust könnte sich in den kommenden Monaten noch verstärken, denn Trumps Zölle sind Steuererhöhungen auf Importe. Vieles, was erschwinglich war – Kleidung, Smartphones oder Spielkonsolen – könnte in der Zukunft für viele nicht mehr bezahlbar sein. Insgesamt könnten die derzeitigen Zölle die Lebenshaltungskosten für Menschen in den USA um jährlich 4.700 Dollar erhöhen. Höhere Kosten treffen überdurchschnittlich Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen und jene Unternehmen, deren Produkte stark von importierten Vorleistungen abhängen. Viele Menschen in den USA haben rote Zahlen auf ihren Konten, die verstärkt werden durch Kreditkartenzinsen von häufig satten 20 Prozent. Mittelfristig droht sogar eine politisch provozierte Rezession, in der Menschen ihre Jobs verlieren, die Konsumnachfrage einbricht, der Preisschock sich zu einer Inflation entwickelt, Unternehmen insolvent gehen oder auf Kosten der Menschen hohe Krisenprofite einfahren.
Dabei sind Preissteigerungen immer ein Verteilungskonflikt zwischen Verbrauchenden und Unternehmen. Schon jetzt gibt es eine Beraterbranche, die Großkonzernen zeigt, wie sie die Angst vor höheren Kosten in satte Gewinne verwandeln – Algorithmen heben die Preise punktgenau dort, wo Kunden sie schlucken, und lassen sie oben, selbst wenn die Zölle wieder fallen. Weil die US-Wettbewerbsbehörde auf Trumps Druck eine Untersuchung gegen diese Praxis beerdigt hat, wittern viele Unternehmen in Trumps Handelskrieg eine Chance, um satte Krisenprofite auf Kosten der Ärmsten einzufahren.
Weltweite Auswirkungen: Von der Exportkrise in Südostasien zum Aufstieg Chinas
Weltweit könnten TrumpsZölle in der jetzigen Höhe vor allem für Menschen in Exportländern wie Bangladesch, Vietnam oder Kambodscha zu existenzieller Not führen. Deren Wirtschaftsmodell basiert auf Textil- und Elektronikexporten, häufig in die USA. Wenn diese über Nacht teurer werden, geraten Fabriken und Millionen von Arbeitsplätzen unter Druck, während eine schnelle wirtschaftliche Neuorientierung Zeit braucht, da viele dieser Länder eine wenig diversifizierte Wirtschaft haben.
China hingegen könnte aus dem Zollchaos als Gewinnerin hervorgehen. Für China sind Zölle ein Nachfrageproblem, das im Inland in kürzerer Zeit gelöst werden kann. Sobald Xi Jinping die Binnennachfrage durch höhere Löhne ankurbelt, Handelsströme aus China in andere Regionen umleitet und sich als alternativer Partner in einer multipolaren Welt anbietet, könnte die chinesische Währung attraktiver werden.
Das hätte auch Auswirkungen auf Deutschland und die EU: Während Zölle auf Autos und Autoteile vor allem die deutsche Industrie bedrohen, könnten Billigimporte aus China die Preise für Kleidung, Computer und Elektronik sogar senken, gleichzeitig aber europäische Arbeitsplätze im Wettbewerb mit chinesischen Unternehmen gefährden.
Progressive Antworten auf den Zollkrieg
Um die Menschen weltweit vor Trumps Machtstreben zu schützen, braucht es einen Plan, wie die Wirtschaft im Interesse der Mehrheit der Menschen gestaltet werden kann. Weltweit sollten Menschen nicht zulassen, dass die Welt in zwei hegemoniale Machtblöcke aufgeteilt wird. Sie sollten auf neue internationale Kooperationen drängen. Dazu müssen progressive Kräfte wieder lernen, sich echte wirtschaftspolitische Alternativen zum Status quo vorzustellen.
1. Heimische Industrien unabhängiger machen
Zunächst sollten die Länder weltweit ihre Binnenwirtschaften stärken. Höhere Löhne und staatliche Investitionen in Zukunftsindustrien könnten die Binnennachfrage stärken und Unternehmen dazu bringen, auch vor Ort zu produzieren. Eine solche Industriepolitik hätte eine andere Stoßrichtung als Trumps Wirtschaftsnationalismus. Sie würde nicht auf die wirtschaftliche Unterwerfung anderer Länder abzielen, sondern den Aufbau stabiler und solidarischer Handelsbeziehungen fördern.
2. Digitalsteuer auf US-Tech Oligarchen
Falls sich betroffene Länder und Regionen zu Gegenmaßnahmen entscheiden, sollten sichdiese gezielt auf Bereiche richten, die einen Keil in die gefährliche Machtallianz zwischen der US-Administration und Tech-Oligarchen treiben können. Eine Digitalsteuer ist beispielsweise ein wichtiger Hebel, um Tech-Konzerne wie Meta und Alphabet endlich zu verpflichten, in der EU angemessene Steuern zu zahlen.
3. Ein neues Weltreservesystem abseits des Dollar
Keine nationale Währung sollte gleichzeitig die Rolle einer Weltwährung übernehmen. Was wir langfristig brauchen, ist ein neues internationales Währungssystem mit Kapitalverkehrskontrollen, um das Monopol des Dollars zugunsten einer supranationalen Reservewährung zu überwinden. Mit einer solchen Währung wären Wechselkurse kein Spekulationsobjekt mehr. Außerdem könnten kurzfristige Krisen und langfristige Ungleichgewichte überwunden werden, ohne den Zollhammer auf Kosten der Schwächsten der Gesellschaft zu schwingen. Als ersten Schritt sollten progressive Kräfte weltweit Alternativen zum US-Dollar unter Trump stärken. In Europa kann das zum Beispiel bedeuten, gemeinsam Schulden zu machen und Eurobonds weiter zu etablieren.
Der Moment, Alternativen aufzubauen, ist jetzt
Die Weltwirtschaft steht am Scheideweg zwischen den zwei großen Machtblöcken China und den USA oder der Chance, eine post-neoliberale Ära in einer multipolaren Welt zu etablieren, in der Märkte im Interesse der Mehrheit gestaltet werden. Wohin die Reise geht, hängt davon ab, wer diesen historischen Moment am klügsten nutzt: Autokraten und Tech-Oligarchen oder die arbeitende Mehrheit.