
Die Welt entwickelt sich immer weiter in Richtung einer multipolaren Ordnung, was mit zunehmendem Wettbewerb und Konflikten zwischen den Großmächten, insbesondere den USA und China, einhergeht. Dieser Beitrag beleuchtet die Zukunft der internationalen Beziehungen und das damit verbundene Kräftemessen sowie die Herausforderungen für das Völkerrecht, multilaterale Institutionen und die Zusammenarbeit, insbesondere bei Themen wie dem Klimawandel. Es geht außerdem um die Stärkung der Unabhängigkeit und die gemeinsamen Interessen regionaler Organisationen wie der ASEAN.
Prof. Dang Dinh Quy war Ständiger Vertreter Vietnams bei den Vereinten Nationen, stellvertretender Außenminister und Direktor der Diplomatischen Akademie von Vietnam.
Der Beitrag basiert auf einem Papier mit dem Titel «Multilateralism and International Law in a Turbulent World» (dt.: Multilateralismus und Völkerrecht in einer turbulenten Welt). Er entstand anlässlich der internationalen Konferenz «ASEAN in a Changing World» (dt.: ASEAN in einer sich verändernden Welt), die vom Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Hanoi und der Vietnam Peace and Development Foundation im November 2024 veranstaltet wurde.
Die Welt befindet sich im Übergang zu einer multipolaren Ordnung, in der die beiden Supermächte USA und China zwar eine dominierende Rolle einnehmen, jedoch von anderen Ländern, wie Indien, Deutschland, Japan, der EU und Russland, beeinflusst werden. Das Machtgefälle zwischen den Supermächten und den anderen Großmächten wird immer größer. Viele Prognosen gehen davon aus, dass Chinas Wirtschaft bis 2030 jährlich um etwa 5 Prozent wachsen wird, während es in den USA nur ein Wachstum von etwa 2 Prozent geben wird. Folglich wird erwartet, dass Chinas Wirtschaftsleistung die der USA spätestens 2035 übertreffen wird. Einigen Prognosen zufolge könnte China bis 2030 die USA beim nominalen BIP überholen und etwa ein Viertel des globalen BIP ausmachen. Es wird jedoch noch mehrere Jahrzehnte dauern, bis das BIP pro Kopf in China mit den USA gleichziehen kann. Wirtschaftlich werden die USA und China zusammen etwa dreimal so groß sein wie die drittgrößte Volkswirtschaft. Chinas Verteidigungshaushalt wird bis zum Jahr 2030 voraussichtlich rund 550 Mrd. USD erreichen, während Washingtons Militärhaushalt mehr als 1 Billion USD betragen wird. Indien kommt voraussichtlich auf rund 183 Mrd. USD und Russland auf rund 123 Mrd. USD.
Zwei Blöcke mit fließenden Grenzen
Wenn man Bündnisse und Netzwerke von Militärstützpunkten als Teil der Stärke einer Nation berücksichtigt, haben die USA einen erheblichen Vorteil gegenüber China, Russland und anderen Großmächten. Was die «Soft Power» angeht, so werden die USA den Prognosen zufolge bis 2030 das einflussreichste Land bleiben, nicht zuletzt aufgrund ihrer innovativen Entwicklungsstrategien, des soliden Hochschulsystems und ihrer globalen Mediennetzwerke. China und andere Länder investieren zwar massiv in die Stärkung ihrer Soft Power, aber es wird für sie schwierig sein, zu den USA aufzuschließen.
Die Beziehung zwischen den USA und China ist nach wie vor die wichtigste zwischen den Großmächten und prägt die übrige globale Dynamik. Die Spannungen zwischen den USA und Russland sowie zwischen der EU und Russland werden voraussichtlich anhalten, während China und Russland in zahlreichen Fragen weiterhin eng zusammenarbeiten werden. Das Verhältnis zwischen China und der EU wird je nach Thema von einer Mischung aus Kooperation und Konkurrenz geprägt sein. Die Welt könnte sich in zwei große Blöcke aufteilen, mit den USA und dem Westen auf der einen Seite und China und Russland auf der anderen.
Im Gegensatz zu den starren Machtblöcken des Kalten Krieges werden die Grenzen zwischen diesen Blöcken jedoch fließender sein und die Länder der jeweiligen Blöcke weiterhin mit den Ländern auf der anderen Seite zusammenarbeiten. Die Beziehungen zwischen den USA und China werden ebenfalls sowohl von Kooperation als auch von Konflikten bestimmt sein, wobei die Spannungen wahrscheinlich überwiegen werden. Unabhängig davon, ob Demokraten oder Republikaner an der Macht sind, wird sich an der China-Politik der USA nicht viel ändern: «kooperieren, wenn möglich, konkurrieren, wenn nötig, und konfrontieren, wenn unvermeidlich». Die USA werden den Handelskonflikt und Technologie-Wettlauf mit China voraussichtlich fortsetzen. Als Reaktion darauf wird China versuchen, seine Abhängigkeit von den USA zu verringern, und massiv in die Weiterentwicklung seines Technologiesektors investieren.
Globalisierung und wachsende Kluft
Die wissenschaftlich-technische Revolution schreitet immer schneller voran und bringt eine Vielzahl bahnbrechender Technologien hervor. Verschiedene Forschungsinstitute prognostizieren umwälzende Entwicklungen in mehr als zehn Technologiebereichen, darunter das Internet der Dinge, Cloud Computing, Robotik, autonome Fahrzeuge, Biotechnologie, Brennstoffzellen, 3D-Druck, neue Materialien und vor allem künstliche Intelligenz (KI).
Die vierte industrielle Revolution (Industrie 4.0) wird mit dem weiteren wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt noch weiter Fahrt aufnehmen. In den internationalen Beziehungen wird die Industrie 4.0 das Machtgleichgewicht zwischen den Nationen, insbesondere zwischen den Großmächten, verschieben, den Wettbewerb und die Rivalität verstärken und gleichzeitig die Kluft zwischen reichen und armen Ländern vertiefen. Industrie 4.0 wird in Verbindung mit geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China sowie zwischen den USA, dem Westen, China und Russland die Fragmentierung und Spaltung vorantreiben, insbesondere im Hinblick auf die wachsende digitale Kluft zwischen Ländern und regionalen Blöcken.
Die Globalisierung wird sich fortsetzen, wenn auch in anderer Geschwindigkeit und mit neuen Methoden und Schwerpunktbereichen. Die Konflikte zwischen den Großmächten, die Folgen der COVID-19-Pandemie, der Krieg zwischen Russland und der Ukraine sowie zwischen der Hamas und Israel, Industrie 4.0 und der Klimawandel werden die Globalisierungsdynamik bis 2030 stark beeinflussen und die Methoden und Sektoren der Globalisierung verändern. Der internationale Handel wird voraussichtlich wachsen: laut einer Prognose der Standard Chartered Bank aus dem Jahr 2021 bis 2030 um mehr als 70 Prozent, womit er die Marke von 30 Billionen US-Dollar überschreiten würde.
Die Demokratisierung der internationalen Beziehungen wird zwar weiter voranschreiten, aber zunehmend auf machtpolitische Widerstände stoßen. Mittelgroße und kleine Länder werden zunehmend in den Strudel geopolitischer Lagerbildung hineingezogen, insbesondere dann, wenn die Großmächte versuchen, ihre Kräfte für einen Wettbewerb oder eine Konfrontation zu mobilisieren. Wissenschaftliche und technologische Fortschritte sowie Entwicklungen im Bereich Industrie 4.0 verändern die Position und die Rolle mittlerer und kleiner Länder im internationalen Beziehungsgeflecht, auch in ihrer Interaktion mit Großmächten.
Demografische Veränderungen, insbesondere in Bezug auf die Erwerbsbevölkerung, werden die Position und Rolle von Ländern und Regionen verschieben. Bis 2030 wird Südasien (einschließlich Indien) die größte Bevölkerung haben, gefolgt von Afrika, Ostasien (einschließlich China) und Südostasien. Europa wird auf den sechsten Platz zurückfallen. China, Indien und andere asiatische Länder (ohne Japan) werden die Hälfte der weltweiten Kaufkraft auf sich vereinen. Die Mittelschicht in den Schwellenländern wird diejenige der USA, Europas und Japans zusammengenommen voraussichtlich um das Fünffache übertreffen. Alternde und schrumpfende Bevölkerungen und die sinkende Zahl der Arbeitskräfte werden das Wachstum in vielen Ländern behindern. Nach 2030 wird die Zahl der über 65-Jährigen in China die Zahl der 0- bis 14-Jährigen übersteigen, was China zu einem der am schnellsten alternden Ländern der Welt macht. China, Russland und alle Industrieländer der OECD werden aufgrund ihrer alternden und schrumpfenden Bevölkerung vor Herausforderungen stehen. Die USA bilden hier eine Ausnahme. Migrant*innen, insbesondere qualifizierte, werden weiterhin maßgeblich zur Leistungsfähigkeit der US-Erwerbsbevölkerung beitragen.
Risiken für Frieden und Zusammenarbeit
Frieden, Zusammenarbeit und Entwicklung stehen vor größeren Herausforderungen als bisher, bleiben aber weiterhin wichtige globale Trends. Frieden müsste als die Abwesenheit von Krieg zwischen Großmächten definiert werden, auch wenn es weiterhin und wahrscheinlich immer Kriege und bewaffnete Konflikte geben wird. Da die Großmächte über Massenvernichtungswaffen verfügen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, ist es höchst unwahrscheinlich, dass sie direkt gegeneinander Krieg führen. Die aktuellen Konflikte zwischen kleineren Ländern oder zwischen großen und kleinen Ländern werden voraussichtlich nicht so bald enden. Es können zwar neue Konflikte entstehen, doch ist nicht davon auszugehen, dass sie zu einem Weltkrieg eskalieren werden. Anhaltende Rivalitäten zwischen den Großmächten, etwa der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, befeuern die Militarisierung und tragen in einigen Fällen zu einem Wettrüsten zwischen bestimmten Ländern oder Länderkonstellationen bei.
Trotzdem investieren Staaten weiterhin massiv in Entwicklung, um sowohl die unmittelbaren als auch die langfristigen Herausforderungen in den Bereichen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt bewältigen zu können. Eine grüne, saubere und nachhaltige Entwicklung wird sich als ein führender Trend etablieren, da die Länder auf den Klimawandel reagieren und die von den Industrieländern festgelegten Umweltschutzstandards einhalten müssen, insbesondere EU-Handelsvorschriften. So hat z. B. das Europäische Parlament am 19. April 2023 die Entwaldungsverordnung (EUDR) verabschiedet, welche die Einfuhr von Waren verbietet, die mit der Abholzung von Wäldern in Verbindung stehen.
Vorteile multilateraler Institutionen
Multilaterale Institutionen, insbesondere die Vereinten Nationen (UN) als größte und komplexeste, verlieren derzeit an Einfluss, vor allem dann, wenn die Großmächte und ihre Verbündeten unilaterale Maßnahmen bevorzugen oder wenn es Konflikte zwischen den Großmächten gibt. In humanitären Angelegenheiten werden multilaterale Institutionen wie die UN weiter an Bedeutung und Einfluss gewinnen. Mit der Zunahme globaler Konflikte und Krisen steigt die Nachfrage nach humanitärer Hilfe. Multilaterale Institutionen sind aufgrund ihrer organisatorischen Infrastruktur, ihres Personals, ihrer Erfahrung und – was entscheidend ist – des Vertrauens, das sie bei den Geberinnen humanitärer Hilfe genießen, die effektivsten Kanäle für die Bereitstellung und Umsetzung dieser Hilfe.
Auch in den Bereichen Entwicklung und Menschenrechtsschutz werden multilaterale Institutionen weiterhin von entscheidender Bedeutung sein. Dies zeigt sich nicht nur in ihren Bemühungen um die Förderung nachhaltiger Entwicklungsziele und die Unterstützung einkommensschwacher Länder, sondern auch in ihrer Fähigkeit, globale Herausforderungen zu bewältigen, insbesondere bei der Pandemiebekämpfung und Klimaschutzmaßnahmen.
Internationales Recht und Völkergewohnheitsrecht werden weiterhin eine wichtige Rolle in den Beziehungen zwischen Ländern spielen. Allerdings werden die Großmächte das Völkerrecht wahrscheinlich zunehmend missachten und manipulieren, insbesondere jene Regelungen, die ihrer Ansicht nach ihre Freiheit einschränken oder ihren Interessen zuwiderlaufen. Darüber hinaus müssen viele Bereiche des Völkerrechts erweitert und weiterentwickelt werden, um neue Herausforderungen etwa rund um den Klimawandel und im Bereich künstliche Intelligenz zu bewältigen. Die Umsetzung dieser Neuerungen wird sich jedoch aufgrund der fehlenden Zusammenarbeit zwischen den Großmächten als schwierig erweisen.
Das derzeitige System der multilateralen Institutionen steht vor zahlreichen Herausforderungen, die neue Organisationen und Mechanismen erforderlich machen. Angesichts der anhaltenden Konflikte und des Wettbewerbs zwischen den Großmächten sowie der neuen Herausforderungen, die sich aus dem wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt und den Folgen des Klimawandels ergeben, werden sich die bestehenden multilateralen Institutionen weiterentwickeln, und es werden neue entstehen. Organisationen innerhalb des UN-Systems, wie die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF), stehen unter wachsendem Reformdruck, der insbesondere von China, Russland und den Schwellenländern ausgeht.
Strategischer Wettbewerb im Indo-Pazifik
Aus Staatengruppen bestehende multilaterale Strukturen wie die NATO und BRICS werden weiterhin Macht gewinnen. Vermutlich werden aufgrund der Fragmentierung und Spaltung in den Beziehungen zwischen den Großmächten ähnliche Strukturen entstehen. Die meisten werden sich zunehmend gegeneinander ausrichten, im Einklang mit den strategischen Zielen der Großmächte. Multilaterale Mechanismen für kleinere Länder, wie die Bewegung der Blockfreien Staaten und die Gruppe der 77, werden aufgrund interner Streitigkeiten, der Zuwendung zu einer der Großmächte und des sich seit dem Kalten Krieg, als diese Bündnisse ins Leben gerufen wurden, verändernden internationalen Kontextes zunehmend an Stärke verlieren.
Hierbei geht es vor allem um den indo-pazifischen Raum oder Indopazifik, der die dynamischste Entwicklungszone der Welt bleiben wird. Einigen Prognosen zufolge wird der Indopazifik, der mit China, Indien (der drittgrößten Volkswirtschaft) und Japan (der viertgrößten Volkswirtschaft) drei der größten Volkswirtschaften der Welt vereint, im Jahr 2030 52,5 Prozent des globalen BIP erwirtschaften. Der Indopazifik wird auch weiterhin als Hauptbühne des strategischen Wettbewerbs zwischen den USA und China dienen. Zwar wird es weiterhin potenzielle Krisenherde in der Region geben, doch besteht keine allzu große Gefahr, dass sie zu größeren Konflikten eskalieren. Dies liegt vor allem daran, dass die Hauptakteure dieser potenziellen Krisenherde in der Lage sind, die strategischen Planungen ihrer Gegenspieler erheblich zu stören. Die ASEAN steht beim Etablieren einer Gemeinschaft vor mehreren Herausforderungen und zieht die Aufmerksamkeit der Großmächte auf sich. Es ist unwahrscheinlich, dass in Myanmar bis 2030 Wahlen abgehalten werden, das Südchinesische Meer wird eine potenzielle Quelle der Instabilität bleiben, und es kann zu lokalen Konflikten kommen. Die ASEAN-Länder werden weiterhin Druck und Anreize seitens der Großmächte und ihrer Bündnisse spüren. Es wird erwartet, dass die ASEAN bis 2030 zur viertgrößten Volkswirtschaft der Welt aufsteigt und zur erfolgreichsten Gemeinschaft unter den regionalen Zusammenschlüssen von Entwicklungsländern wird.
Multilateralismus und internationales Recht
Bis 2030 werden die multilateralen Institutionen und das internationale Recht durch die aktuellen globalen Entwicklungen tiefgreifende Veränderungen erfahren. Dazu gehören (a) zunehmende Konflikte und Konkurrenz in verschiedenen Bereichen zwischen Großmächten statt Zusammenarbeit; (b) das Auseinandertreiben kleinerer Länder, von denen sich einige mit China und Russland und andere mit den USA und den westlichen Nationen verbünden werden, und (c) neue Herausforderungen, die sich aus dem rasanten wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt ergeben, insbesondere im Bereich der künstlichen Intelligenz, und aus den dringend erforderlichen Klimaschutzmaßnahmen.
Die Entwicklungen werden sich je nach Thema und Institution unterschiedlich auswirken. Die Rolle der multilateralen Einrichtungen verändert sich damit jeweils auf unterschiedliche Weise.
Für kleinere und mittelgroße Länder bleibt das Völkerrecht ein wichtiges «Werkzeug», um ihre Interessen gegenüber Großmächten zu wahren und im Spannungsfeld zwischen diesen Mächten zu bestehen. Allerdings werden sich diese Länder aufgrund des von den Großmächten ausgeübten Drucks und deren Anreizen auseinanderentwickeln. Dies wird es erschweren, in Fragen geeint zu bleiben, in denen diese Großmächte miteinander in Konflikt oder Wettbewerb stehen.
Die Großmächte achten das internationale Recht oft nur dann, wenn es ihren eigenen Interessen dient. Umgekehrt zögern sie häufig nicht, sich darüber hinwegzusetzen oder es umzuinterpretieren, um ihre eigene Agenda durchzusetzen, auch wenn dies den Interessen der internationalen Gemeinschaft zuwiderläuft. Wenn es um Rechtsnormen geht, die sich mit gemeinsamen Herausforderungen wie der Regulierung von KI oder Cybersicherheit befassen, ist die Zusammenarbeit zwischen den Großmächten im Allgemeinen besser. In Bereichen, die mit Sicherheit im traditionellen Sinn zu tun haben, werden Wettbewerb und Konflikte zwischen ihnen jedoch wahrscheinlich die Wirksamkeit dieser Rechtsnormen beeinträchtigen oder sie sogar unwirksam machen.
Die Rolle von Institutionen, an denen beide Ländergruppen beteiligt sind – die erste unter der Führung Chinas und Russlands, die zweite unter der Führung der USA und des Westens – wie die Vereinten Nationen und die mit ihnen verbundenen Organisationen (Weltbank, IWF und Welthandelsorganisation), APEC und EAS, wird aufgrund der anhaltenden Konflikte und des Wettbewerbs zwischen den beiden Gruppen wahrscheinlich an Bedeutung verlieren. In Bereichen, in denen beide Seiten gemeinsame Interessen haben, wie bei der Bekämpfung des Klimawandels, der Bewältigung neuer sicherheitspolitischer Herausforderungen und der Lösung gemeinsamer Entwicklungsfragen, werden diese Institutionen jedoch weiterhin eine wichtige Rolle spielen.
Institutionen, die entweder von den USA und dem Westen oder von China und Russland angeführt werden, wie BRICS, SCO, NATO, QUAD usw., werden vermutlich an Bedeutung gewinnen, da jede Seite versucht, diese Institutionen zur Durchsetzung ihrer Interessen und der Intensivierung des Wettbewerbs mit der anderen Seite zu instrumentalisieren. Regionale Institutionen stehen unter Druck, können aber dennoch an Bedeutung gewinnen. Selbst starke Institutionen wie die EU stehen aufgrund des Wettbewerbs zwischen den USA und China sowie der Dynamik zwischen den USA, China und Russland vor Herausforderungen. Die Entwicklung anderer regionaler Organisationen wird davon abhängen, welche strategische Bedeutung sie im Ringen der Großmächte haben.
Dementsprechend wird die ASEAN eine größere Rolle spielen, wenn sie ihre Einheit bewahrt, unabhängig bleibt und ihre internen Kapazitäten durch verstärkte Vernetzung und Gemeinschaftsbildung ausbaut. Andererseits wird sie an Einfluss verlieren, wenn es ihr nicht gelingt, dem Druck und den Anreizen der Großmächte zu widerstehen, und sie nicht in der Lage ist, Einheit und Solidarität in Fragen zu wahren, die den gemeinsamen Interessen des Verbands entsprechen.
Erstveröffentlicht am 28. Mai 2025 vom Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Hanoi.