Analyse | Wirtschafts- / Sozialpolitik - Sozialökologischer Umbau - Klimagerechtigkeit CCS: Der ungedeckte Scheck der fossilen Energielobby

Warum Gaskraftwerke mit Kohlendioxid-Abscheidung unrealistisch sind

Information

Autor

Hanno Böck,

Dronenblick auf ein neues Gaskraftwerk des Energieversorgers EnBW, das auch wasserstofffähig ist (Stuttgart, 9.4.2025)
So unterschiedlich die Einschätzung der Umweltbewegung beim Thema CCS ist, in der Ablehnung von Gaskraftwerken mit CCS sind sich fast alle Umweltorganisationen einig. Neues Gaskraftwerk des Energieversorgers EnBW, das auch wasserstofffähig ist (Stuttgart, 9.4.2025), Foto: picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod

Die neue Bundesregierung möchte, dass schnell neue Gaskraftwerke gebaut werden. Insbesondere bei der CDU hofft man dabei auch auf CCS-Technologie, mit der CO2-Emissionen abgefangen und unterirdisch gelagert werden könnten. Doch gerade für Gaskraftwerke eignet sich CCS besonders schlecht. Das schadet auch deshalb, weil die Technologie für andere Bereiche noch gebraucht werden könnte, argumentiert der Klimajournalist Hanno Böck.
 

Carbon Capture and Storage, kurz CCS, wird seit einigen Jahren wieder verstärkt als Lösung für den Klimaschutz diskutiert. Kohlendioxid soll dabei von Emissionsquellen abgefangen und dauerhaft in geologischen Gesteinsformationen unterirdisch gelagert werden. Doch die Technologie hat ihre Tücken. Trotz großer Versprechen wird sie bislang nur in wenigen Ländern und in relativ kleinem Maßstab genutzt. Viele Projekte sind gescheitert, und selbst die, die in Betrieb sind, vermeiden meist weniger CO2-Emissionen als vorgesehen. Und bei den wenigen Projekten, die real in Betrieb sind, dient die Mehrzahl primär nicht der Emissionsreduktion. Vielfach wird CCS in Kombination mit einer Technologie namens Enhanced Oil Recovery genutzt. Dabei wird CO2 in alte Öllagerstätten gepresst, um die Ausbeute an Öl zu erhöhen.

Hanno Böck ist freier Journalist und berichtet regelmäßig über Klimaschutztechnologien. Er veröffentlicht einen englischsprachigen Newsletter über Industriedekarbonisierung.

CCS ist aus verschiedenen Gründen umstritten. Es wurde in der Vergangenheit häufig als Feigenblatt eingesetzt, um fossile Energien weiterzunutzen. So wurden etwa um das Jahr 2010 in Deutschland zahlreiche Kohlekraftwerke gebaut – ohne CCS, aber mit dem Versprechen, dass man die Technologie später nachrüsten könnte. Der Konzern Vattenfall schrieb etwa in einer Broschüre im Jahr 2011 über das Kohlekraftwerk Moorburg in Hamburg: «Sobald die erforderlichen technischen, wirtschaftlichen und gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind, wird Vattenfall das Kraftwerk Moorburg mit einer Anlage zur Abscheidung von CO2 ausrüsten.» Doch dazu kam es nie. Das Kohlekraftwerk Moorburg wurde inzwischen abgeschaltet, eine CO2-Abscheidung hat es nie erhalten.

Die damaligen Pläne für CCS führten in den Regionen, in denen CO2-Lagerstätten entstehen sollten, zu großen Protesten. In Brandenburg und Schleswig-Holstein gründeten sich Bürgerinitiativen gegen die Pläne, CO2 zu verpressen. In den Regionen dominierte dabei die Sorge vor direkten Risiken, etwa dass CO2 wieder entweichen oder das Grundwasser verschmutzen könnte. Es lag allerdings nicht nur an Protesten, dass die Idee, Kohlekraftwerke mit CCS nachzurüsten, nicht umgesetzt wurde. Auch in Ländern, in denen es deutlich weniger Vorbehalte gegen CCS gab, kam die Technologie nicht zum Einsatz – aus wirtschaftlichen Gründen. Im Vereinigten Königreich etwa verabschiedete man eine gesetzliche Regelung, die vorsah, dass neue Kohlekraftwerke nur noch mit CCS gebaut werden dürfen. Kein einziger Energieversorger ließ sich darauf ein, inzwischen hat das Land den Kohleausstieg vollzogen.

Nur zwei Kohlekraftwerke mit CCS wurden überhaupt gebaut. In den USA wurde am Kraftwerk Petra Nova eine kleine CCS-Anlage in Betrieb genommen, aber wenige Jahre später wieder stillgelegt. Boundary Dam in Kanada ist das einzige CCS-Kohlekraftwerk, das noch in Betrieb ist. In Deutschland wurde CCS nach den großen Protesten faktisch verboten und war lange Zeit kein Thema mehr. Das aktuell noch gültige Kohlendioxid-Speichergesetz lässt nur eingeschränkte Demonstrationsprojekte zu. Doch die Diskussion hat sich in den vergangenen Jahren gedreht, und manche Akteure, die früher CCS pauschal ablehnten, öffneten sich vorsichtig für die Idee. Deutlich war dieser Umschwung etwa bei den Grünen. Robert Habeck, früher selbst an Protesten gegen CCS beteiligt, wollte als Bundeswirtschaftsminister die Technologie in Deutschland auf den Weg bringen und das Kohlendioxid-Speichergesetz ändern, um CCS zu ermöglichen. Doch zu einer Verabschiedung der gesetzlichen Grundlagen kam es durch das Ende der Ampelkoalition nicht mehr.

So umstritten CCS immer war, viele Klimawissenschaftler*innen halten die Technologie für notwendig, und Umweltverbände vertreten bei diesem Thema sehr unterschiedliche Positionen. So spielt CCS etwa in den Szenarien des UN-Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) eine wichtige Rolle. Und während manche Umweltverbände wie der BUND oder Greenpeace CCS ablehnen, sprechen sich beispielsweise der NABU, der WWF und die aus Norwegen stammende Organisation Bellona tendenziell für einen begrenzten Einsatz aus.

CCS für Zement- und Kalkindustrie bislang ohne Alternative

Ein gewichtiges Argument für letztere ist, dass sich in bestimmten Industrieprozessen Emissionen kaum anders vermeiden lassen. Am relevantesten ist hierbei die Zement- und Kalkindustrie. Kalkstein enthält selbst Kohlenstoff, der in Kalk- und Zementöfen freigesetzt wird. Selbst, wenn es möglich wäre, ein Kalk- oder Zementwerk komplett mit erneuerbarem Strom zu betreiben, gäbe es diese Prozessemissionen weiterhin. (Ob elektrische Zementwerke überhaupt realistisch sind, ist eine andere Frage.)

Selbst manche Umweltschützer, die CCS kritisch sehen, sagen: Wenn es nur darum ginge, CCS für Emissionen in Branchen wie der Zementindustrie einzusetzen, wären sie damit einverstanden. Die Deutsche Umwelthilfe hält beispielsweise CCS für riskant und steht der Technologie sehr kritisch gegenüber, schreibt aber auch: «CCS muss auf die Anwendungsfälle begrenzt sein, in denen es keine Alternative gibt.»

Weitaus kontroverser wäre der Einsatz von CCS an Gaskraftwerken. Schon die vorige Bundesregierung wollte den Bau neuer Gaskraftwerke fördern, die jetzige Große Koalition setzt noch stärker darauf. Gaskraftwerke sollen langfristig vor allem dann einspringen, wenn Solar- und Windenergie wenig Strom liefern. Dabei war lange der Plan, dass neue Gaskraftwerke langfristig mit grünem Wasserstoff laufen sollen, um eine weitgehend klimaneutrale Stromversorgung zu ermöglichen.

Zu Gaskraftwerken mit CCS war die Position aus dem grün geführten Wirtschaftsministerium, dass man das nicht verbieten möchte, aber auch nicht fördern. Dabei ging es vor allem um formaljuristische Aspekte. Man rechnete damit, dass ungeförderte CCS-Gaskraftwerke sowieso niemand bauen würde. Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung heißt es nun: «Wir werden umgehend nach Beginn der Wahlperiode ein Gesetzespaket beschließen, das die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CCS) insbesondere für schwer vermeidbare Emissionen des Industriesektors und für Gaskraftwerke ermöglicht.»

Merz will «schnell Gaskraftwerke mit CCS-Technologie bauen»

In einem Interview mit dem Handelsblatt im April äußerte sich Friedrich Merz noch deutlicher. Man wolle «schnell Gaskraftwerke mit CCS-Technologie bauen». Und weiter: «Die einseitige Festlegung auf Wasserstoff, den wir noch gar nicht haben, geben wir auf.»

Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU) hatte zunächst angekündigt, schnell den Bau von 20 Gigawatt (GW) an neuen Gaskraftwerken zu fördern. Nunmehr sollen es in einem ersten Schritt nur 5 bis 10 GW sein, um beihilferechtliche Probleme zu umschiffen. Sie äußerte sich dabei allerdings erneut weder konkret zur Frage, ob diese wasserstofffähig, noch, ob diese mit CCS betrieben werden sollen. 

Doch ist CCS an Gaskraftwerken überhaupt plausibel? Bislang gibt es weltweit kein einziges Gaskraftwerk in industriellem Maßstab, das CCS-Technologie nutzt. Um zu verstehen, warum das so ist, lohnt es sich, auf die technischen Details zu blicken. Tatsächlich hört man in der Diskussion um CCS häufig zwei scheinbar widersprüchliche Aussagen. Während Befürworter der Technologie betonen, dass diese bereits etabliert und in manchen Ländern erfolgreich eingesetzt wird, monieren Kritiker, dass es sich um eine ungetestete Technologie handelt. Auflösen kann man diesen Widerspruch, indem man sich klarmacht, dass CCS nicht gleich CCS ist. Je nach Einsatzzweck handelt es sich um sehr unterschiedliche Technologien mit unterschiedlichen Herausforderungen.

CCS ist nicht gleich CCS

In Europa wird CCS in relevanter Größenordnung bislang ausschließlich in Norwegen eingesetzt. Allerdings ist auch dort der Einsatz von CCS überschaubar. Lediglich bei zwei Projekten, Sleipner und Snøhvit, gibt es langfristige Erfahrungen, erst vor kurzem kam ein Zementwerk mit teilweiser CO2-Abscheidung hinzu. 

Norwegen führte bereits 1991 eine CO2-Steuer ein, welche die Vermeidung von Emissionen attraktiv machte. Der staatliche Öl- und Gaskonzern Statoil, heute unter dem Namen Equinor bekannt, startete daraufhin das CCS-Projekt Sleipner. Im Gasfeld Sleipner betreibt Equinor eine Aufbereitungsanlage für fossiles Erdgas. Das dort geförderte Gas enthält einige Prozent CO2. Dieses mitgeförderte CO2 muss vor der Einspeisung in Gasnetze aus dem Erdgas entfernt werden, und zwar in jedem Fall, unabhängig von CCS. Es ist dieses mitgeförderte CO2, das Equinor in unterirdische Gesteinsformationen unter dem Sleipner-Gasfeld verpresst.

Neben Sleipner gibt es seit 2008 ein ähnliches Projekt im Gasfeld Snøhvit. Auch hier wird nur CO2 verpresst, das bei der Erdgasförderung mitgefördert wird. Das reduziert die Emissionen der Gasaufbereitung, es ändert aber nichts an den weitaus höheren Emissionen, die das fossile Gas verursacht, wenn es anderswo verbrannt wird.

Auch bei den CCS-Projekten Sleipner und Snøhvit funktioniert nicht immer alles wie geplant. Im Oktober 2024 deckte das Portal Desmog auf, dass Equinor über Jahre bei Sleipner etwa 30 Prozent weniger CO2 verpresst hatte als angegeben. Schuld daran war fehlerhaftes Monitoring-Equipment. Doch zumindest kann man Sleipner und Snøhvit bescheinigen, dass CCS dort über einen längeren Zeitraum real eingesetzt wurde. Allerdings ist das für die Diskussion in Deutschland kaum relevant, denn hier gibt es keine Gasförderung in großem Stil, und damit auch keine vergleichbar großen Erdgas-Aufbereitungsanlagen.

Keine «Mondlandung» in Norwegen

Auch in Norwegen wollte man CCS in der Vergangenheit an Gaskraftwerken einsetzen. Vorbild hierfür sollte das Gaskraftwerk Mongstad werden, das eine Ölraffinerie mit Strom versorgt. Norwegens Politik sparte nicht an großen Worten. «Das ist unsere Mondlandung», sagte 2007 der damalige Ministerpräsident Jens Stoltenberg. Doch aus Norwegens Mondlandung wurde nichts. Das Projekt wäre viel zu teuer gewesen. 2013 wurde es aufgegeben. Trotzdem gebaut wurde das Gaskraftwerk Mongstad. Es war lange Zeit eine der größten Emissionsquellen in Norwegen, vor einigen Jahren wurde es stillgelegt. Mongstad ist ein weiteres Beispiel dafür, wie CCS dazu geführt hat, dass fossile Infrastruktur legitimiert wurde, obwohl die CO2-Abscheidung real nie zum Einsatz kam.

Im Jahr 2022 kam es in Norwegen erneut zu einer Diskussion um CCS an einem Gasverbrennungskraftwerk. Das Gas aus dem Snøhvit-Feld, wo Equinor bereits eines der beiden CCS-Projekte in Norwegen betreibt, wird auf der Insel Melkøya nahe der Stadt Hammerfest aufbereitet und als verflüssigtes Erdgas (LNG) exportiert. Auf Melkøya wird Erdgas auch zur Energieerzeugung verbrannt, etwa um Kompressoren für die Gasverflüssigung zu betreiben. Perspektivisch soll die Plattform mithilfe von Landstrom elektrifiziert werden. Diesen Plan verfolgt Equinor seit 2022, doch das war umstritten. Norwegen hat zwar reichlich Strom aus vergleichsweise sauberer Wasserkraft, doch viele Industrien würden den gerne nutzen. Und der Bau von Windkraftanlagen und Stromleitungen führt auch in Norwegen zu Konflikten. Deshalb forderten einige Politiker aus der Region, Melkøya weiterhin durch die Verbrennung von Erdgas mit Energie zu versorgen und die dabei entstehenden Emissionen mittels CCS zu vermeiden. Ausgerechnet der Öl- und Gaskonzern Equinor hielt davon überhaupt nichts. Laut Equinor wäre ein solcher Plan praktisch unbezahlbar. Umgerechnet zwischen 500 und 600 Euro würde es pro vermiedener Tonne CO2 kosten. Dass CCS nicht gerade günstig ist, ist wenig überraschend, doch die Kosten, die Equinor hier angab, waren extrem.

Dabei scheinen die Voraussetzungen für CCS auf Melkøya eigentlich gut zu sein. Equinor betreibt bereits ein relativ erfolgreiches CCS-Projekt nebenan, der Konzern kennt die geologischen Voraussetzungen und kaum ein anderes Unternehmen hat mit CCS-Technologie mehr Erfahrungen. Anders als zukünftige Gaskraftwerke in Deutschland muss Equinor kein Erdgas einkaufen. Ein Nachteil war allerdings, dass der Platz auf der Insel Melkøya begrenzt ist und Equinor die LNG-Plattform für einige Monate hätte stilllegen müssen.

Der große Unterschied zwischen CCS an einer Gasaufbereitungsanlage, die mitgefördertes CO2 abtrennt, und einem Gaskraftwerk ist die Konzentration des Treibhausgases in den Abgasen. Das CO2, das in Sleipner und Snøhvit verpresst wird, muss sowieso aus dem Erdgas abgetrennt werden. Hierfür fallen keine zusätzlichen Kosten an, das CO2 liegt in fast reiner Form vor.

Bei einem Verbrennungskraftwerk sind die Abgase ein Gemisch. Der Hauptbestandteil ist Stickstoff, dazu kommen neben CO2 noch Sauerstoff und weitere Gase in geringen Konzentrationen. Will man hier CCS nutzen, muss man das CO2 zuerst abtrennen. Üblicherweise kommt hier ein Verfahren namens Aminwäsche zum Einsatz. Das Verfahren ist auch aus ökologischen Gründen problematisch, denn es können giftige Chemikalien entweichen. Doch vor allem ist die Aminwäsche teuer und benötigt selbst viel Energie. Je geringer die Konzentration von CO2 im Abgasstrom, desto teurer wird es. Das ist vor allem für Gaskraftwerke ein Problem, denn dort ist die CO2-Konzentration in den Abgasen besonders niedrig, sogar niedriger als bei Kohlekraftwerken.

Als theoretische Alternative zur teuren Aminwäsche könnte man Gas in reinem Sauerstoff verbrennen, was als Oxyfuel-Verfahren bezeichnet wird. Der dabei entstehende Wasserdampf ließe sich leicht vom CO2 trennen. Auf ein solches Verfahren setzt die Firma NET Power in Texas. NET Power hat eine neue Form von Gasturbinen entwickelt, die eine effizientere Verbrennung von Erdgas oder anderen Brennstoffen ermöglicht, und gleichzeitig durch Oxyfuel-Technologie die CO2-Abscheidung erleichtert. Doch so vielversprechend das klingen mag, bei NET Power läuft es gerade alles andere als rund. Die Kosten für ein erstes, im Bau befindliches großes Kraftwerk sind drastisch gestiegen. Der Termin für die Inbetriebnahme wurde um mehrere Jahre verschoben. Der Preis der NET Power-Aktien ist in den letzten Monaten abgestürzt.

Man hat also die Wahl zwischen einer Aminwäsche, die unfassbar teuer wäre, und experimentellen Technologien, von denen noch niemand weiß, ob sie überhaupt funktionieren. Insbesondere letztere dürften sich auch kaum bei bestehenden Kraftwerken nachrüsten lassen.

CCS keine Lösung für Methanemissionen

Ein weiteres Problem für CCS-Gaskraftwerke sind Methanemissionen. Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas und ein sehr starkes Treibhausgas. Wenn Methan entweicht, und das kann von der Förderung über den Transport bis zur Verbrennung überall passieren, trägt es ganz erheblich zum Klimawandel bei. CCS würde an diesen Methanemissionen nichts ändern, im Gegenteil. Da CCS selbst Energie benötigt, würde ein CCS-Gaskraftwerk mehr Erdgas verbrauchen. Und damit steigen auch die Methanemissionen, die bei der Förderung und beim Transport entstehen.

Besonders groß und kaum vermeidbar ist dieses Problem bei LNG, also verflüssigtem Erdgas, welches per Schiff importiert wird. Die Transportschiffe werden selbst mit LNG als Treibstoff betrieben. Lange Zeit gab es überhaupt keine Daten darüber, wie viel Methan hier entweicht. Erste  Messungen aus jüngerer Zeit deuten darauf hin, dass diese Emissionen weitaus höher sind als angenommen.

Langfristig würden die Kosten für CCS an Gaskraftwerken eher steigen als sinken, was mit ihrer Rolle im Energiesystem zusammenhängt. Der Ausbau von Solar- und Windenergie wird weitergehen, Gaskraftwerke sollen perspektivisch vor allem dazu dienen, fluktuierende Erzeugung auszugleichen und in Dunkelflauten einzuspringen. Das bedeutet auch: Diese Kraftwerke würden immer seltener laufen. Neben Betriebskosten gibt es bei CCS erhebliche Kapitalkosten für die Bereitstellung der Technik und den Betrieb der Infrastruktur. Für ein Kraftwerk, das am Ende nur wenige Tage im Jahr überhaupt läuft, ist das wirtschaftlich kaum machbar.

Trotz aller Probleme, die es auch damit gibt, spricht das eher für die Nutzung von grünem Wasserstoff, oder auch Wasserstoff-Derivate wie Ammoniak oder Methanol. Doch man würde am Ende verhältnismäßig wenig Wasserstoff brauchen.

Die Diskussion um CCS-Gaskraftwerke schadet der Akzeptanz von CCS

Zuletzt stellt sich noch eine ganz andere Frage: Was bedeutet die aktuelle Diskussion für die Akzeptanz von CCS? Die Proteste gegen CCS in den frühen 2010er Jahren haben dazu geführt, dass das Thema für viele Jahre politisch tot war, und manch einer mag heute sagen, dass das ein Fehler war.

So unterschiedlich die Einschätzung der Umweltbewegung beim Thema CCS ist, in der Ablehnung von Gaskraftwerken mit CCS sind sich fast alle Umweltorganisationen einig. Selbst die deutsche Sektion von Bellona, eine Umweltorganisation, die CCS eher positiv bewertet, schreibt: «Die Option, fossile Kraftwerke durch CCS zu dekarbonisieren, betrachten wir sehr kritisch. ‹CCS-ready» bleibt häufig ein leeres Versprechen, da Nachrüstungen teuer und technisch komplex sind.»

Mehrere Zement- und Kalkwerke planen CCS-Anlagen und haben teilweise dafür bereits erhebliche EU-Fördergelder zugesagt bekommen. Sie stehen unter Druck, ihre enorm hohen Emissionen zu senken. Doch starten können sie nicht, da bislang dafür die rechtliche Grundlage fehlt. Denn – eine Folge der Diskussion um 2010 – CCS ist bislang in Deutschland faktisch verboten.

Ob CCS irgendwann – für dann tatsächlich nicht anders vermeidbare Treibhausgasemissionen – in Deutschland überhaupt eine Chance haben wird, dürfte auch davon abhängen, ob es gelingt, für Akzeptanz zu sorgen. Da scheint es schwer nachvollziehbar, dass sich die Diskussion nun viel um CCS für Gaskraftwerke dreht – was nicht nur besonders teuer und unrealistisch, sondern auch besonders umstritten ist.