
Nächste Woche kommen Politiker*innen und Staatsvertreter*innen aus der ganzen Welt in Belém, Brasilien, zur jährlichen UN-Klimakonferenz zusammen, um durch globale Verhandlungen Lösungen für die Klimakrise voranzutreiben. Die diesjährige Konferenz – die 30. Konferenz der Vertragsparteien der UN-Klimarahmenkonvention, COP30 – markiert den 10. Jahrestag des Pariser Abkommens, das weithin als Meilenstein der internationalen Klimadiplomatie gilt. Doch die geopolitische Landschaft, die das Abkommen 2015 geprägt hat, sieht ganz anders aus als die, mit der die Verhandlungsführer*innen heute in Belém konfrontiert sind.
Vor zehn Jahren füllten Demonstrant*innen für Klimagerechtigkeit die großen Alleen der Metropolen, und politische Parteien mit klaren klimapolitischen Positionen wurden in regionale und staatliche Parlamente gewählt. Heute hat die USA (erneut) das Pariser Abkommen verlassen, setzt weiterhin auf fossile Brennstoffe und zwingt andere Länder, dies ebenfalls zu tun. Die argentinische Delegation wurde von der letztjährigen Konferenz COP29 in Aserbaidschan zurückgezogen, der Leiter der Delegation bezeichnete den Klimawandel als «sozialistische Lüge». El Salvador inhaftiert Umweltaktivist*innen, die laut UNO und zahlreichen Menschenrechtsexpert*innen illegal verfolgt werden.
Die Rückschritte in der Klimapolitik beschränken sich nicht auf die offen autoritären Regierungen. Während Australien öffentlich vom Ausbau der erneuerbaren Energien spricht, weitet es die Nutzung von Kohle aus, die EU befindet sich in einem Prozess der Umweltderegulierung, der Netto-Null-Plan des Vereinigten Königreichs steht unter starkem Druck, und vor wenigen Wochen hat die brasilianische Regierung eine Lizenz für die Ölförderung im Amazonasgebiet genehmigt. Dies sind nur einige wenige Beispiele für weitreichende Entwicklungen, in denen der Aufstieg der populistischen extremen Rechten erkennbar ist und klimafeindliche Standpunkte der Klimadiplomatie einen erheblichen Schlag versetzen.
Nicht nur die Klimadiplomatie steckt in der Krise
Es ist wichtig zu erkennen, dass nicht nur die Klimadiplomatie in der Krise steckt. Das Vertrauen und der Glaube an multilaterale Institutionen habe in den letzten Jahren generell erheblich abgenommen. Multilaterale Institutionen konnten weder den Völkermord in Palästina verhindern noch die russische Invasion in der Ukraine abwenden. Die UNO, die lange Zeit als führende multilaterale Institution galt, steht unter anhaltendem Beschuss von rechtspopulistischen Politiker*innen und sieht sich sowohl mit drastischen Mittelkürzungen als auch mit einer Welle bilateraler Abkommen konfrontiert, die ihre Autorität unterlaufen.
Internationale Kommentator*innen und Analyst*innen haben zuletzt argumentiert, dass sich die globale Diplomatie zunehmend von Zusammenarbeit zu Wettbewerb entwickele. Allerdings weisen auch einige darauf hin, dass eine wirklich gleichberechtigte Zusammenarbeit möglicherweise nie existiert hat. Die Kluft zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden, die auf Jahrhunderte koloniale Ausbeutung zurückgeht, ist nach wie vor groß, insbesondere, was die Klimadiplomatie betrifft. Der Globale Norden hat nie die Bereitschaft gezeigt, Gerechtigkeit und historische Verantwortung in den Mittelpunkt zu stellen und Prinzipien einer fairen Aufteilung in Bezug auf die Aneignung der Atmosphäre zu folgen. Ebenso haben sie es immer wieder versäumt, den Ländern des Globalen Südens im Einklang mit dem Prinzip der «gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten», das in der Präambel der UN-Klimarahmenkonvention verankert ist, ausreichend Klimafinanzierung zur Verfügung zu stellen. Die Behauptung der Regierungen des Globalen Nordens, dass öffentliche Mittel knapp sind, wird durch den raschen Anstieg der Militärausgaben in den letzten Jahren deutlich widerlegt. Und während eine echte Zusammenarbeit auf Augenhöhe schon immer schwierig zu erreichen war, wächst die Dringlichkeit dieses Ziels mit der Verschärfung des globalen Wettbewerbs.
Dass Brasilien Gastgeber der COP ist, hat nicht nur symbolische Bedeutung
Das sind die Bedingungen, unter denen die Vertreter*innen der Staaten nächste Woche in Brasilien eintreffen, um erneut zu verhandeln. Dass Brasilien Gastgeber der COP30 ist, hat nicht nur symbolische Bedeutung. Es bringt Staats- und Regierungschefs der Welt in den Amazonas, den größten Regenwald der Welt und einen wichtigen Stabilisator des globalen Klimasystems. Es ist aber auch entscheidend für den Verlauf der COP30, da die brasilianische Regierung unter Präsident Lula sich als Gegengewicht zur vorherigen, autoritären und klimaleugnenden, Regierung positioniert, und sich an die Spitze einer Wende hin zu nachhaltiger Energieerzeugung stellen will. Der Zeitpunkt der Konferenz ist ebenfalls bedeutsam: In Brasilien finden im nächsten Jahr Wahlen statt, und ihr Ausgang ist noch ungewiss. Die Regierung des Gastgeberlandes («Präsidentschaft» genannt) übt einen erheblichen Einfluss auf die COPs aus. Sie nutzt ihre diplomatischen Netzwerke, um die Agenda zu gestalten, hält Vorbereitungstreffen mit wichtigen Parteien ab und greift steuernd ein, wenn die Verhandlungsgespräche ins Stocken geraten. Bei erfolgreichen Verhandlungen wird demnach auch ein Großteil des Verdienstes in der Regel der Präsidentschaft zugeschrieben.
Die derzeitigen geopolitischen Spannungen spiegeln sich in der offiziellen Botschaft der COP30 wider: Deren Schwerpunkt liegt in diesem Jahr auf dem Übergang von «Verhandlungen» zur «Umsetzung». Die Präsidentschaft hat immer wieder betont, wie wichtig gemeinsames Handeln ist, und zwar nicht nur bei den offiziellen Verhandlungen, sondern auch außerhalb der Verhandlungssäle, wo sich Führungskräfte aus der Wirtschaft, Investor*innen und Wissenschaftler*innen treffen sollen, um Antworten auf die Klimakrise zu finden. Die Präsidentschaft hat dafür die Form des Mutirão vorgeschlagen – eine Form des kollektiven Handelns, die von indigenen Traditionen inspiriert ist und als «kontinuierliche Mobilisierungsmethode» beschrieben wird –, durch den eine neue Form der Klimapolitik erreicht werden soll. Es ist das erste Mal, dass die Kommunikationsstrategie einer Präsidentschaft tatsächlich über die formellen Verhandlungen hinausgeht. So gut gemeint dieser Ansatz auch sein mag, er birgt die Gefahr, den Prozess zu untergraben, da Verhandlungen zwischen staatlichen Akteuren dazu dienen sollen, globale Standards festzulegen, an die sich andere halten sollen.
Damit die COP als Erfolg gewertet werden kann, wird die Leistung der Präsidentschaft in der Regel daran gemessen, ob die Verhandlungen zu konkreten Ergebnissen geführt haben. In Bezug auf ihr wichtigstes politisches Projekt scheint die brasilianische Präsidentschaft jedoch die Verhandlungen vorwegnehmen zu wollen: Sie hat bereits die Tropical Forest Forever Facility (TFFF) vorgestellt, die während des Weltgipfels der Staats- und Regierungschefs kurz vor Beginn der Verhandlungen nächste Woche ins Leben gerufen werden soll. Die Einrichtung wird als innovatives Finanzierungsmodell beworben, mit dem Investitionen in Höhe von rund 125 Milliarden US-Dollar von Regierungen, Unternehmen, Wohltätigkeitsorganisationen und vermögenden Privatpersonen generiert werden sollen. Diese Mittel würden dann investiert. Die Erträge würden zunächst an die Investor*innen ausgeschüttet, und die verbleibenden Erlöse dienen zur Entschädigung von Waldbesitzer*innen und -schützer*innen auf der Grundlage der Anzahl der Hektar stehenden Waldes.
Allerdings würde der Fonds in erheblichem Umfang in Kredite und Anleiheinstrumente investieren, die anfällig für Krisen wie Zahlungsausfälle, Währungsabwertungen oder politische Instabilität sein können. Sollte der Fonds scheitern, würden zunächst private Gläubiger*innen gerettet werden, was die dringende Frage aufwirft, was dann aus den verbleibenden Wäldern der Welt und ihrem Schutz werden würde. Trotz dieser Bedenken gab die Weltbank letzte Woche ihre Zustimmung und erklärte sich bereit, den Fonds zu verwalten. Zahlreiche Regierungen sagten ihre Unterstützung zu.
Klimafinanzierung bleibt ein entscheidender Faktor für die Senkung der Emissionen
Auch wenn die brasilianische Präsidentschaft versucht, den Fokus über die formellen Gespräche hinaus zu lenken, werden eine Reihe wichtiger Tagesordnungspunkte die Diskussionen in Belém dominieren. Ein zentrales Thema ist die Verpflichtung jedes Landes, die Treibhausgasemissionen im Einklang mit dem 1,5-Grad-Ziel zu reduzieren, wie es in den nationalen Klimazielen, den National Determined Contributions (NDCs), festgeschrieben ist. Alle fünf Jahre müssen die Länder ihre NDCs vorlegen, die dann in einem Synthesebericht zusammengefasst werden. Die derzeitigen Beiträge würden zusammen genommen nur etwa 10 Prozent der zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels erforderlichen Reduktionen ausmachen. Es bestehen weiterhin erhebliche Lücken, da die Länder des Globalen Nordens historische Emissionen und Klimaschulden nicht einberechnen, die sie dazu verpflichten würden, einen weitaus größeren Teil zur Emissionsreduzierung beizutragen.
Klimafinanzierung, die sowohl Klimaschutz- als auch die Anpassungsmaßnahmen unterstützt, bleibt ein entscheidender Faktor für die Senkung der Emissionen. Gemäß dem Pariser Abkommen sollen die Industrieländer diesen Entwicklungsländern Mittel entsprechend ihren historischen Emissionen zur Verfügung stellen, doch diese Verpflichtung wurde nie vollständig umgesetzt.
Bei den Klimaverhandlungen im vergangenen Jahr in Baku wurden zwei wichtige Entscheidungen getroffen. Erstens wurden 300 Milliarden US-Dollar für Entwicklungsländer für Klimaschutz und Anpassung zugesagt – ein Betrag, der von Vertreter*innen des Globalen Südens und der Zivilgesellschaft als bei weitem nicht ausreichend kritisiert wurde. Zweitens wurde ein umfassenderes jährliches Investitionsziel von 1,3 Billionen US-Dollar angekündigt, wobei jedoch nur wenige Details genannt wurden. In beiden Fällen bleibt unklar, wer die Mittel tatsächlich bereitstellen wird – eine Frage, die die Verhandlungsführer*innen der Entwicklungsländer auf der COP30 voraussichtlich nachdrücklich stellen werden. Über die Frage des Umfangs und der Quellen hinaus betonen Vertreter*innen des Globalen Südens und Aktivist*innen, dass die Klimafinanzierung nicht in Form von Krediten erfolgen darf, da dies die ohnehin schon untragbare Schuldenlast im Globalen Süden weiter verschärfen würde. Sie fordern, dass die Mittel für Anpassungsmaßnahmen denen für Klimaschutzmaßnahmen entsprechen müssen, dass die Finanzierung Loss and Damage – klimabedingte Schäden und Verluste, die durch Anpassungsmaßnahmen nicht vermieden werden können – ausdrücklich einschließen muss und jenen Gemeinschaften der Zugang zu den Mitteln ermöglicht werden muss, die am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind. 2022 wurde auf der Klimakonferenz in Sharm-el-Sheikh der Fund für Loss and Damage eingerichtet – was als großer Erfolg gefeiert wurde. Doch diese Initiative droht ins Stocken zu geraten. Es wurden nur wenige Mittel zugesagt oder bereitgestellt, obwohl Wissenschaftler*innen warnen, dass Billionenbeträge erforderlich sein werden, um den am meisten betroffenen Gemeinschaften gerecht zu werden.
Nach drei Jahren hat die Zivilgesellschaft endlich wieder die Möglichkeit, sich zu versammeln
Während die brasilianische Präsidentschaft möglicherweise versucht, die zentrale Bedeutung der formellen Verhandlungen herunterzuspielen und insbesondere die Aufmerksamkeit von heiklen Finanzfragen abzulenken, könnte sie damit unbeabsichtigt den Fokus der Konferenz auf einen Bereich verlagern, in dem ihr Einfluss eher begrenzt ist. Nach drei Jahren COPs unter der Leitung autoritärer Regime wird die Zivilgesellschaft endlich wieder die Möglichkeit haben, außerhalb der offiziellen Tagung einen eigenen Gipfel abzuhalten. Das Treffen sozialer Bewegungen und indigener Gemeinschaften aus der ganzen Welt, Cupola dos Povos, ist das Ergebnis jahrelanger Bemühungen der brasilianischen und lateinamerikanischen Zivilgesellschaft und bietet eine von den Menschen getragene Alternative zu dem, was viele als Stagnation in den Verhandlungssälen ansehen. Indigene Bewegungen, Aktivist*innen für soziale Gerechtigkeit, Frauen, Jugendliche und von Schwarzen geführte Organisationen sowie zahlreiche andere zivilgesellschaftliche Gruppen werden ihre Visionen für eine gerechte und nachhaltige Transformation vorstellen und sich gleichzeitig mit dringenden Herausforderungen wie der Leugnung der Klimakrise und dem Aufstieg der extremen Rechten befassen. Angesichts der Tatsache, dass Regierungen weiterhin keine angemessenen Antworten auf die drängenden Probleme der Zeit haben, stellt sich die Frage, wie die Menschen die Macht zurückgewinnen können.
Oberflächlich betrachtet mögen die geopolitischen Beziehungen weniger günstig erscheinen als in den vergangenen Jahren. Doch die COP30 bietet dennoch eine entscheidende Chance. Da jene, die die Klimakrise leugnen oder sich gegen wirksame Klimapolitik stellen, sich aus der internationalen Klimapolitik herausgezogen haben, können die Verhandlungsführer*innen zeigen, was möglich ist, wenn Gerechtigkeit, historische Verantwortung und faire Lastenverteilung die Agenda bestimmen. Sie könnten die zerrütteten Nord-Süd-Beziehungen kitten und multilateralen Institutionen neues Leben einhauchen. Selten zuvor hat die Welt sie so dringend gebraucht wie heute.
