Nachricht | GK Geschichte Die Hamburger Lehrlingsbewegung 1968 - 1972, Hamburg 2011

Jens Renner rezensiert in ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 569 / 17.2.2012

David Templin: »Lehrzeit - keine Leerzeit!« Die Hamburger Lehrlingsbewegung 1968 - 1972 (200 Seiten, 15 Abbildungen, 10.00 €, Oktober 2011)

Die Geschichtsschreibung über die 68er-Revolte erwähnt die Beteiligung junger ArbeiterInnen meist nur am Rande. In seiner Studie »Lehrzeit - keine Leerzeit« untersucht David Templin die Lehrlingsbewegung in Hamburg zwischen 1968 und 1972. Sie richtete sich gegen die Ausbeutung in den Betrieben, gegen autoritäre Meister und die Verwendung der Lehrlinge für ausbildungsfremde Tätigkeiten. Dagegen protestierten die Auszubildenden auf »Feg-ins« mit ihrem oftmals wichtigsten Arbeitsmittel, dem Besen, und der Parole »Fegen stärkt die Muskeln, schwächt das Gehirn«. Es ging ihnen aber nicht nur um eine bessere Ausbildung. Für viele war die Lehrlingsbewegung Ausgangspunkt einer umfassenden Politisierung. Sie organisierten sich in der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ), dem Jugendverband der DKP, oder dem Sozialistischen Arbeiter- und Lehrlingszentrum (SALZ), einem Vorläufer des Kommunistischen Bundes (KB). Das Verhältnis zum Gewerkschaftsapparat blieb angespannt und ein Streitpunkt auch innerhalb der Lehrlingsbewegung. Das trug zu ihrem relativ schnellen Niedergang bei. Geblieben sei, schreibt David Templin, »die Aktivierung Tausender Jugendlicher..., die ein kritisches Bewusstsein entwickelten, sich politisch engagierten und Missstände in Betrieben anprangerten«. Die längerfristigen Auswirkungen der Proteste auf die Gewerkschaften und die berufliche Bildung seien noch weitgehend unerforscht.