Nachricht | International / Transnational - Afrika Wo steht Südafrika heute?

Eine Konferenz diskutiert die Herausforderungen für Afrikas größte Volkswirtschaft in Zeiten der Krise.

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Der Harold Wolpe Trust lud zu Ehren des Sozialwissenschaftlers Harold Wolpe, der 1996 starb, und unterstützt durch die Rosa Luxemburg Stiftung Südliches Afrika in- und ausländische Expertinnen zu einer zweitägigen Konferenz (14.-15. Mai 2012) ein, um die politisch-ökonomischen Veränderungsprozesse in Südafrika seit Ende der Apartheid zu diskutieren.

Professor Ben Fine von der School of African and Oriental Studies in London und der südafrikanische Ökonom Iray Abedian waren sich in der Analyse der Ursachen der anhaltenden Beschäftigungskrise in Südafrika weitgehend einig. Südafrikas Politik habe es, so Abedian, versäumt, rechtzeitig in die Infrastruktur des Landes zu investieren. Die Stromausfälle im Jahr 2008, die zu Produktionsausfällen führten, seien bereits Ende der 1990er Jahre angesichts des Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums absehbar gewesen. Die Regierung habe aber nichts unternommen.

Versagt habe die Politik auch im Bildungsbereich, meinte Abedian. Die Qualität der Ausbildung habe lange nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Allein die Zahl der gebauten Schulen war für die Regierung von Interesse, so der südafrikanische Ökonom, der Anfang der 1990er Jahre auch die Regierung beriet.

Ben Fine legte seinen Schwerpunkt der Analyse auf die makroökonomische Politik der ANC-Regierung. Wie während der Apartheid sei Südafrikas Wirtschaftspolitik den Interessen der Bergbauwirtschaft und Großindustrie verpflichtet. Eine industrielle Entwicklungsstrategie fehle. Vor allem der hohe Wechselkurs, den die Regierung und die Zentralbank zusammen mit einem stark globalisierten Finanzsektor favorisieren, belaste die Wettbewerbsfähigkeit der südafrikanischen Industrie.

Südafrikas Vizepräsident Kgalema Motlanthe ging auf die Analysen der beiden Wissenschaftler in seiner Rede am Abend des ersten Konferenztags vor 100 in- und ausländischen Gästen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Zivilgesellschaft ein. Von der eigenen Regierung forderte er mehr Anstrengungen, das Erbe der Apartheid, Armut und Arbeitslosigkeit, von der vor allem die schwarzen SüdafrikanerInnen betroffen sind, abzubauen.

Mit Blick auf China, wo es gelungen sei, die Armut abzubauen, warnte er vor einfachen Antworten in der aktuellen Diskussion um die Nationalisierung der Bergbauwirtschaft und anderen Bereichen, wie es die ANC-Jugendliga und die Metallarbeitergewerkschaft NUMSA fordern. Erst nach einer teilweisen Privatisierung sei es China gelungen die Wirtschaft zu stärken und die Armut abzubauen, meinte Motlanthe. China zeige aber auch, die Notwendigkeit einer klaren Entwicklungsstrategie und einer qualifizierten Verwaltung.

Fine und Abedian sowie die TeilnehmerInnen aus Zivilgesellschaft, Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Medien hatten beklagt, dass sowohl die neue schwarze Elite als auch die weiße Elite des Landes keine klare Entwicklungsorientierung habe. Vielmehr herrsche eine Mentalität der Selbstbereicherung vor.