Nachricht | International / Transnational - Afrika Südafrika in Afrika: Wie afrikanisch ist Südafrika?

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Viele in Afrika waren überrascht, als Südafrikas Präsident Jacob Zuma die militärische Intervention Frankreichs in Mali Mitte Januar unterstützt hatte.[1] Denn Südafrika gehörte zu den schärfsten Kritikern des Westens, als Frankreich und die UN in der Elfenbeinküste in den Bürgerkrieg eingriffen und Frankreich, Großbritannien, die USA und andere nicht-afrikanischer Staaten in Libyen mittels Luftkrieg halfen, das Regime Gaddafi zu stürzen.

„Afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme“ ist das Credo südafrikanischer Außenpolitik seit dem Ende der Apartheid. Vor allem der frühere Präsident Thabo Mbeki war ein entschiedener Verfechter größerer afrikanischer Unabhängigkeit von den alten Kolonialmächten und der Supermacht USA. Kriege und Konflikte, welche den afrikanischen Kontinent seit den Stellvertreterkriegen des kalten Krieges in vielen Teilen bis heute kennzeichnen, wollte man selber lösen.

Mbekis 1996 gehaltene und vielbeachteten Rede „I am an African“ sollte aber nicht nur das neue afrikanische Selbstbewusstsein, gar eine „afrikanische Renaissance“ markieren, es sollte vor allem auch nach innen, in die südafrikanische Gesellschaft wirken, die sich mit ihrer Multikulturalität weiter schwer tut. Dass Südafrika eine afrikanische Nation ist mag geographsich auf der Hand liegen, die vielen Jahre der Unterdrückung und Marginalisierung der afrikanischen Mehrheitskultur während Kolonialismus und Apartheid haben aber tiefe Spuren hinterlassen.

Über 100 Zuhörer kamen zur Diskussion „The Future of South Africa in Africa“ an der Universität Free State. Im Mittelpunkt der Veranstaltung mit den Hauptrednern Prof. Kwesi Kwaa Prah vom Centre for Advanced African Studies of African Society (Kapsatdt) und Denis Goldberg, ANC-Freiheitskämpfer, stand denn auch die Frage wie „afrikanisch“ Südafrika heute ist.

Prah sprach sich für eine Stärkung der afrikanischen Identität in Südafrika aus. Vor allem die afrikanischen Sprachen müssten gestärkt werden. Statt der englischen Sprache, die immer mehr den Alltag der Menschen bestimmt, müssten die afrikanischen Sprachen benutzt werden. Denis Goldberg wandte ein, dass nicht nur eine afrikanische Kultur in Südafrika beheimatet sei. Dass sich die Kulturen auch aus den unterschiedlichen materiellen Alltagsbedingungen speisen. Auch wies Goldberg darauf hin, dass es Aspekte der traditionellen afrikanischen Kultur gebe, wie etwa die Macht der traditionellen Führer, die undemokratisch und damit problematsich seien.

Südafrika erlebt in der Tat eine Redtraditionalisierung der afrikanischen Kultur. Traditionelle Führer erhalten von der ANC-Regierung neue Rechte und damit mehr Einfluss. Frauenrechte drohen dadurch in Gefahr zu geraten. Gleichzeitig wächst mit dem materiellen Wohlstand in den Städten die Ferne zu den „afrikanischen Wurzeln“. Englisch und nicht Zulu symbolisert den sozialen Aufstieg, so dass Englisch immer mehr auch zu Hause in den Familien gesprochen wird.

In der Tat sind es die von Goldberg angesprochenen unterschiedlichen materiellen Bedingungen, welche angesichts von Massenarbeitslosigkeit einerseits und neuem Reichtum andererseits die Klüfte zwischen den Klassen und Schichten in Südafrika immer weiter vertiefen, so dass es fraglich ist, ob der im Kampf gegen das Apartheidregime gebildete  „Nationalismus“ des ANC oder eine neue gewünschte „afrikanische Identität“ als gesellschaftlicher Kitt fungieren können.