Nachricht | Parteien- / Bewegungsgeschichte - GK Geschichte FAU Mannheim (Hg.): »Mannheims ›andere‹ Arbeiterbewegung: Beispiele eines lokalen Arbeiterradikalismus«, Lich 2014

... zur Lektüre und Diskussion empfohlenes Buch...

Die FAU Mannheim hat als Herausgeber des Sammelbandes »Mannheims ›andere‹ Arbeiterbewegung – Beispiele eines lokalen Arbeiterradikalismus« einen interessanten und lesenswerten Beitrag zur Erweiterung des Wissens über die Arbeiterbewegung im Rhein-Neckar-Raum geliefert. Dass Mannheim traditionell eine »rote Arbeiter- und Gewerkschaftsstadt« ist, ist landläufiges, oft gern stolz weitererzähltes Gemeinwissen. Mannheim hatte 1848 durch die hier agierenden Hecker, Struve u.a. den Ruf der »deutschen Hauptstadt der Revolution« erworben. Ein Mannheimer Arbeiterbataillon war Teil der Revolutionsheere zur Verteidigung der in Baden konsequent versuchten und 1849 in Rastatt vernichtend geschlagenen, demokratischen Revolution. Mannheims Ruf ging auch in eine Strophe des »Badnerliedes« ein: »In Mannheim (steht) die Fabrik, in Rastatt steht die Festung, und das ist Badens Glück«. Dieses wird noch immer von vielen inbrünstig und geschichtsvergessen, mit der rechten Hand flach in der Herzgegend platziert, gesungen. Vor allem bei Fußball-Bundesligaspielen in Freiburg, Karlsruhe und nun auch in Hoffenheim – und insbesondere, wenn es gegen die ebenfalls »globalisierten« Schwaben aus Stuttgart geht. Vergessen wird oder nicht bekannt ist, dass dieses Badnerlied nach dem gegen die benachbarten Franzosen »gewonnenen Krieg« von 1870/71, der in Paris u.a. die Niederschlagung der Commune bedeutete, als Teil des nationalistischen Liedgutes entstanden war. Dennoch: Auf »Mannem« und seine Geschichte ist man und frau stolz. Irgendwie.

Auch wenn das mit dem »roten Mannheim« schon länger nicht mehr stimmt. Geblieben sind eine – bei Bedarf – aktionsfähige IGM und eine immer wieder selbstbewusst streikende ver.di. Das erlaubt zwar nicht mehr, von einem »roten« oder »Arbeiter«-Milieu zu reden. Dennoch sind, vor allem was das gewerkschaftliche »Bewusstsein« betrifft, deutliche Unterschiede zu den Nachbarstädten Heidelberg – von der Universität beeinflusst – und dem von der Chemieindustrie geprägten Ludwigshafen geblieben.

Dies wird in den Beiträgen zu »Mannheims ›andere‹ Arbeiterbewegung« veranschaulicht. In Mannheim als im 19. Jahrhundert entstandenem Industrie- und Handelszentrum waren von Anfang an demokratische und linke Aktivisten und Gruppen am Aufbau sozialer und demokratischer Verhältnisse am – noch immer unvollendeten – Werk. Diesen demokratischen, andauernd widersprüchlichen Entwicklungsprozess verdeutlichen die einzelnen, chronologisch geordneten Artikel.

FAU Mannheim (Hg.): »Mannheims ›andere‹ Arbeiterbewegung: Beispiele eines lokalen Arbeiterradikalismus«, Verlag Edition AV 2014, 163 Seiten, 14,80 Euro

Die vollständige Rezension von Anton Kobel ist zuerst in express. Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 10/2014 erschienen.