Prof. Stefan Berger, Ruhr-Universität Bochum berichtet auf H-Soz-Kult über die Tagung, die vom 13. 15. 03. 2013 in Bochum stattfand. Sie wurde vom von Berger geleiteten Institut für soziale Bewegungen der Ruhr-Universität Bochum, der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie und der Hans-Böckler Stiftung verantwortet. Sie widmete sich, so Berger " der Frage, ob man Gewerkschaftsgeschichte als Erinnerungsgeschichte schreiben kann und welche Erkenntisgewinne von einem solchen erinnerungshistorischen Zugang zu Gewerkschaftsgeschichte zu erwarten sind."
In seiner Einleitung zur Tagung stellte STEFAN BERGER (Bochum) zugespitzt die Frage, wie die Erinnerung an den 2. Mai 1933, die Besetzung der Gewerkschaftshäuser in Deutschland und die Auflösung der Gewerkschaften, die Geschichte der Gewerkschaften im Exil, im Krieg und in den zwei Nachkriegsdeutschland geprägt hat.
Der Eröffnungsvortrag von ULRICH BORSDORF (Essen) fragte am Beispiel von Hans Böckler, wie führende Gewerkschafter die Zerschlagung ihrer Organisation verarbeiteten. Böckler stellte sich nicht die Frage nach eigenen Fehlern und Versäumnissen. Stattdessen zog er sich in sein Kölner Privathaus zurück in dem Gefühl, bis zum bitteren Ende seine Pflicht getan und gegen den Nationalsozialismus gekämpft zu haben. Auch konnte er sich des Gefühls nicht erwehren, Gewerkschafter wie er seien von den deutschen Arbeitern verraten worden, die in Scharen zu den Nationalsozialisten übergelaufen seien. Nach dem Krieg war es dasselbe Pflichtbewusstsein, das ihn dazu trieb, als Siebzigjähriger noch einmal wichtige Verantwortung in der sich neu formierenden Gewerkschaftsbewegung zu übernehmen.
Kompletter Bericht über den Link unten.
Konferenzübersicht:
Begrüßung
Grußwort Wolfgang Jaeger (Düsseldorf)
Stefan Berger (Bochum): Gewerkschaftsgeschichte als Erinnerungsgeschichte - einige methodische Vorüberlegungen
Eröffnungsvortrag
Ulrich Borsdorf (Essen): Die Zerschlagung der Gewerkschaften verarbeiten: Das Beispiel Hans Böckler
Sektion 1
Der Einfluss von Widerstand und Exilerfahrung auf Konzeptionen gewerkschaftlichen Neubeginns
Ursula Bitzegeio (Bonn): Die Verbannung eines Oligarchen. Hans Gottfurcht im Londoner Exil
Christoph Jünke (Hagen): Viktor Agartz - Wirtschaftsdemokratie nach dem
Faschismus
Frank Bajohr (Hamburg): Die Patriarchen. Erfahrungen und Vorstellungen alter Gewerkschaftsfunktionäre zwischen Widerstand, Wartestand und gewerkschaftlichem Neubeginn
Öffentlicher Abendvortrag
Ulrich Freese (Stellvertretender Vorsitzender IG BCE): Der Zukunft verpflichtet: Für Demokratie und Sozialpartnerschaft
Sektion 2
Die Entscheidung zur Einheitsgewerkschaft und die Einflüsse der westlichen Alliierten
Julia Angster (Mannheim): Transnationale Gewerkschaftsbeziehungen und der Einfluss der American Federation of Labor auf den DGB
Anja Ingenbleek (Krefeld): Vielfalt unter einem Dach - Die Erinnerung an den 2. Mai 1933 und der Wiederaufbau der deutschen Gewerkschaftsbewegung
unter britischer Besatzung
Sektion 3
Die NS-Vergangenheit und der gewerkschaftliche Wiederaufbau in der DDR
Christoph Kleßmann (Potsdam): Verordnete Einheit. Zur Frühgeschichte des
FDGB in der SBZ/DDR
Detlev Brunner (Leipzig): Mythos "Einheit" - 1933 und die Erinnerungspolitik des FDGB
Stefan Heinz (Berlin): Welche Bedeutung hatte die Exilerfahrung während des Nationalsozialismus auf gewerkschaftliche Überlegungen nach 1945? Der IG Metall-Funktionär Kuno Brandel und der FDGB-Funktionär Fritz Rettmann
Sektion 4
Die NS-Vergangenheit und der gewerkschaftliche Wiederaufbau im Bergbau
Jens Adamski (Bochum): Die Erfahrung des Nationalsozialismus und der gewerkschaftliche Wiederaufbau im Bergbau
Holger Heith (Bochum): Die nationalsozialistische Vergangenheit in der Jugendbildungsarbeit der IGBE
Sektion 5
Die Erfahrung von 1933 und die Entwicklung eines rheinischen Kapitalismus
Knud Andresen (Hamburg): Die Anpassung vergessen? Zur gewerkschaftlichen Debatte in der BRD über den 2. Mai 1933 und seine Vorgeschichte
Stefan Remeke (Werther): Der andere Blick auf den westdeutschen Korporatismus. Die Zerschlagung der Gewerkschaften im NS und der politische Gestaltungsanspruch des DGB
Klaus Mertsching (Bonn): Innergewerkschaftliche Auseinandersetzungen mit
der NS-Zeit bis Mitte der 1960er Jahre
Sektion 6
Einheitsgewerkschaft und sozialpartnerschaftliche Beziehungen
Walther Müller-Jentsch (Düsseldorf): Der Weg der Gewerkschaften in die soziale Marktwirtschaft
Rudolf Uertz (Eichstätt): Christliche Gewerkschaftstraditionen im gewerkschaftlichen Wiederaufbau
Karl Lauschke (Dortmund): Betriebe als Agitationsfeld politischer Parteien
Sektion 7
Die deutsche Einheitsgewerkschaft und gewerkschaftlicher Internationalismus
Willy Buschak (Dresden): Die Erinnerung an den 2. Mai 1933 in den internationalen Arbeiterorganisationen und im deutschen Exil bis 1945
Stephan Stracke (Wuppertal): Aus der Niederlage von 1933 lernen. Die Wuppertaler Gewerkschaftsprozesse - Gewerkschaftlicher Widerstand und
internationale Solidarität
Dieter Nelles (Bochum): Zur gewerkschaftlichen Traditionspflege geeignet? Internationaler gewerkschaftlicher Widerstand gegen das NS-Regime
Schlusswort der Veranstalter