Nachricht | International / Transnational - Afrika - Gesellschaftliche Alternativen - Sozialökologischer Umbau «Power Shift» – Zivilgesellschaft in Mauritius kämpft für mehr erneuerbare Energie

Regierung stoppt aufgrund breiten Widerstandes in der Zivilgesellschaft den Bau eines geplanten Kohlekraftwerks.

Information

Der Kampf gegen ein neues Kohlekraftwerk auf Mauritius war erfolgreich. Die Regierung hat auf Druck einer breiten Koalition von Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften und besorgten BürgerInnen ihre Pläne gestoppt. Nun intensivieren die zivilgesellchaftlichen Gruppen, allen voran CARES, Partner der Ros-Luxemburg Stiftung Südliches Afrika (www.rosalux.co.za) seit 2011, den Kampf für eine alternative Energieversorgung auf dem Archipel.

Ziel der von CARES begonnen Kampagne «Power Shift» ist es die bislang wenig genutzte Solarenergie in Mauritius zu fördern, die Energieversorgung zu demokratisieren und dabei neue Einkommensquellen für Bauern und Zuckerarbeiter zu schaffen, die vom Umbau des EU-Zuckerregimes negativ betroffen sind.

Mit Unterstützung der Rosa Luxemburg Stiftung Südliches Afrika, die den Energieexperten Dieter Seifried (Freiburg) www.oe2.de eingeladen hatte, diskutierte CARES am 15.11. 2013 vor einer großen Zahl von Interessierten Eckpunkte eines möglichen alternativen Energieprogramms für Mauritius. Im Mittelpunkt der Präsentation und der anschließenden Diskussion standen die Vorschläge Seifrieds für die Entwicklung von einer Vielzahl von dezentralen Solar-Kooperativen.

Dieter Seifried, der als Energieexperte lange Jahre am Freiburger Öko-Institut gearbeitet hatte folgte einer Einladung der RLS Südliches Afrika zu einer Diskussion mit Vertretern diverser Organisationen über einen möglichen Ausbau der Solarenergie und den Aufbau von Solarkooperativen für Zuckerbauern in Mauritius.
Büroleiter Armin Osmanovic sprach mit ihm:

Frage: Wie schnell und wie viel kann die Solarenergie zur Energieversorgung in Mauritius beitragen?

Dieter Seifried: Mauritius erneuerbare Energiequellen, zu denen Wasser, Biogas und Bagasse, die Verstromung von Resten aus der Zuckerproduktion, gehören deckt etwa 25-30% der Stromversorgung ab. Solarenergie spielt bei der Stromerzeugung bislang so gut wie keine Rolle. Dabei könnte gerade diese Technologie genutzt werden, um die Stromerzeugungskosten in Mauritius zu reduzieren. Denn auf der sonnenreichen Insel ist die Photovoltaik bereits heute kostengünstiger als die Brennstoffkosten für Schweröl und Diesel, die auf Mauritius etwa 40 Prozent der Stromerzeugung abdecken. Mit dem Ausbau der Solarenergie könnte in den nächsten Jahren etwa 50% des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Dafür muss aber eine entsprechende Infrastruktur für den Ausbau der Solarenergie (Ausbildung und Marktentwicklung) geschaffen werden. Sonst dauert der Ausbau der Photovoltaik länger.

Frage: Wie müsste der Ausbau der Solarenergie erfolgen?

Wichtig vor allem ist der rechtliche Rahmen. Eine geregelte Einspeisevergütung, wie sie in Deutschland nach langen Auseinandersetzungen erreicht wurde, ist die wichtigste Voraussetzung. Seit kurzer Zeit besteht ein solcher Feed-In-Tarif für kleine Stromproduzenten in Mauritius. Doch die staatlich begrenzte Gesamtleistung aller installierten Kleinanlagen (bis zu 50 kW) war eng begrenzt und ist bereits ausgeschöpft. Für die mittleren und größeren Anlagen lässt der staatliche Energieversorger noch Neuanlagen zu, doch für dieses Segment gibt es keine fixe Einspeisevergütung. Hier müssen die Einspeisetarife verhandelt werden, was die Planungen und Investitionen in Photovoltaikanlagen unsicher macht.

Ein Einspeisetarif von 10 bis 15 Euro-Cent ist Anreiz genug, dass größere Produzenten wirtschaftlich erfolgreich Strom aus Solarzellen in das Netz einspeisen können. Die Ausweitung der Einspeisevergütung und die Aufhebung der engen Mengenbegrenzung für die Zubau-Kapazität ist ein zentraler Schritt für eine solare Energieversorgung, auf der von der Sonne wirklich verwöhnten, Inselgruppe. Hier muss die Zivilgesellschaft Druck machen, das habe ich meinen zahlreichen Gesprächspartner in den vergangenen Tagen klar gemacht. Wichtig ist natürlich auch, dass die Preise für Solaranlagen sinken. Heute liegen sie angesichts der geringen lokalen Nachfrage deutlich über den Preisen in Deutschland.

Frage: Ist die Solarwirtschaft eine wirtschaftliche Alternative für die vom Umbau des EU-Zuckerregime arbeitslos gewordenen Zuckerbauern und –arbeitnehmerInnen in Mauritius? Und welche Rolle können Solarkooperativen in Mauritius spielen?

Feste Einspeisetarife für große Produzenten würden den Weg für viele Solar-Kooperativen ebnen. Es gibt ein immenses Interesse auf der Insel etwa von Kleinbauernverbänden und Zuckerarbeitergewerkschaften, aber auch von Privaten und im Öffentlichen Sektor, etwa an Schulen, um in die Solarenergieproduktion einzusteigen. Gerade für Kleinbauern ist die Solarenergieproduktion interessant, denn wegen des Rückgangs der Zuckerproduktion liegt viel Land brach und könnte so in einer Art Mischnutzung für die Stromproduktion, als Standort für PV-Anlagen, und die Landwirtschaft, etwa Gemüseanbau oder Viehwirtschaft, genutzt werden. Ich fahre zuversichtlich aus Mauritius wieder zurück nach Deutschland, denn CARES und andere zivilgesellschaftliche Gruppen haben beim erfolgreichen Stopp des geplanten Kohlekraftwerks ihre Stärke gezeigt. Ich bin daher sicher, dass eine Energiewende in Mauritius gelingen kann.

Weitere Informationen zum Thema: