Nachricht | GK Geschichte Impressionen von der Tagung „History is unwritten“, 6.-8. 12. 2013, Berlin

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Schwarz war optisch zwar die vorherrschende, aber nicht die dominierende Farbe bei der Konferenz „History is unwritten. Linke Geschichtspolitik und kritische Wissenschaft: Gestern, Heute und Morgen“ am Wochenende 6. bis 8. Dezember in Berlin. Ein ganzer Tag mit Vorträgen, Panels und Workshops, der in der Bundeszentrale von ver.di an der Spree stattfand, wurde von einer Text-Musik-Performance am Freitagabend in einer Kneipe in Neukölln und einem kolonialismuskritischen Rundgang durch das Deutsche Historische Museum am Sonntag umrahmt.

Nach kurzen Begrüßungen durch Till Sträter (AutorInnenkollektiv Loukanikos)) und Bernd Hüttner (Rosa Luxemburg Stiftung richtete Wolfgang Uellenberg, Bereichsleiter Politik und Planung bei der ver.di-Bundesverwaltung, und u.a. Vorsitzender des Trägervereines des Archiv der Arbeiterjugend einige Worte an die Anwesenden. Er wies auf die große Bedeutung hin, die die Beschäftigung mit Geschichte für die Gewerkschaften haben sollte.

David Mayer (Wien) durchschritt in seinem sehr dichten Eröffnungsvortrag über 100 Jahre linker Geschichtsschreibung. Danach folgten, unterbrochen von der Mittagpause, fünf Vorträge: Cornelia Siebeck (Berlin), Florian Grams (Hannover), Dominik Nagl (Mannheim), Susanne Götze (Paris/Berlin), Anton Tantner (Wien).

In einer Workshop-Phase hatten dann neun geschichtspolitische Initiativen (Übersicht) die Möglichkeit, ihre Arbeit vorzustellen. Etwas konfus waren dann leider weite Teile des abendlichen Abschlussplenums, auf dem Bini Adamczak, Ralf Hoffrogge und Renate Hürtgen (alle aus Berlin) teilnahmen. Hier schlug der innerlinke Pluralismus in Beliebigkeit und Aneinandervorbeireden um.

Die Veranstaltung war in vielerlei Hinsicht trotz ihrer Berlin-Lastigkeit, was das Gros der Teilnehmer_innen (wie auch der Vortragenden) angeht, ein Erfolg. Sie war inhaltlich sehr anregend, methodisch solide bzw. adäquat, auf einem aktuellen Forschungs- und politischen Diskussionsstand operierend. Versehen mit Referent_innen, die sich zudem an die Vorgaben der Veranstalter hielten. Mit 177 dokumentierten Teilnehmer_innen (d.h. real deutlich mehr), kamen doppelt so viele Interessierte als erwartet. Das Feedback war positiv und die ReferentInnen lobten die angenehme Atmosphäre und professionelle Organisation.

Ob die Tagung allerdings, wie angestrebt, tatsächlich auch ein Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Bewegung sein konnte, wird sich noch zeigen. Dieser ist, das zeigt die Erfahrung mehrjähriger (Vernetzung-) Arbeit im geschichtspolitischen Feld, schwierig. Es hat sich am Wochenende gezeigt, dass verschiedene Vorstellungen kursieren, was „Geschichte“ überhaupt sei. Ist „Geschichte“ nur die (konstruierte) Vergangenheit, oder ist „Geschichte“ nicht vielmehr das vermachtete Reden über die Vergangenheit (wie es auch Cornelia Siebeck in ihrem Beitrag konstatierte.)

Der AK Loukanikos und seine Mitstreiter_innen haben hier etwas angefangen, das in geeigneter Form fortgesetzt werden sollte. Wenn nicht 2014, dann spätestens 2015. Interessierte, die die nächste vergleichbare Tagung mitorganisieren und vorbereiten wollen, können sich per Mail an huettner@rosalux.de bzw. unwrittenhistory[et]riseup.net wenden.

Die Ergebnisse der Tagung werden in einem Band publiziert werden.

Das Vergangene als Interpretation, (Bezahl-) Artikel von Jan Tölva im Neuen Deutschland vom 5.12.2013.

Exkurs. Von den Teilnehmer_innen waren ca. 44 Prozent männlich, 32 Prozent waren weiblich. 28 Prozent waren im Alter von 20 bis 29 Jahren und 36 Prozent waren zwischen 30 und 39 Jahre jung. Von denjenigen, von denen der Wohnort bekannt ist, leben 63 Prozent in Berlin.

Ausführliches Tagungsprogramm hier als PDF

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