Nachricht | GK Geschichte Willy-Brandt-Haus Lübeck (Ausstellungskritik)

Information

Am 18. Dezember 2013 wäre Willy Brandt 100 alt geworden. 2007 wurde in Lübeck, wo Brandt (als Herbert Frahm) geboren wird und bis 1933 lebte, das Willy-Brandt-Haus eröffnet. Es bietet eine nach modernsten Prinzipien gestaltete Dauerausstellung zur Person und zum Leben Brandts

Die Ausstellung ist chronologisch angeordnet und zeigt Kindheit und Jugend in Lübeck, das Exil in Norwegen und Schweden, die Zeit als Berliner und als Bundespolitiker, sowie als SPD-Vorsitzender und Bundeskanzler (1969-1974). Der letzte Abschnitt behandelt Brandts (globales) Engagement, vor allem als Vorsitzender der SPD (1964 bis 1987) und als Präsident der Sozialistischen Internationale (1976 bis 1992).

In der Ausstellung wird die Persönlichkeit Brandt deutlich, als Mensch, als Europäer und als demokratischer Sozialist und Sozialdemokrat. Die Darstellung der Person ist wiederum mit der politischen und kulturellen Geschichte Deutschlands und Europas verwoben, so dass das Panorama eines Lebens im kurzen 20. Jahrhundert aufgespannt wird. Die Ausstellung bietet durch die Präsentation persönlicher Gegenstände Brandts, wie auch die umfangreichen Dokumente selbst für Menschen mit Vorwissen noch neues. Besucher_innen ohne größeres Vorwissen können, v.a. durch die Schilderung des Menschen Brandt, an vielen, für sie passenden Stellen näher anknüpfen. Die Ausstellung verfügt über nahezu zwei Dutzend Film- und Hörstationen.

Nach dem Besuch dieser empfehlenswerten Ausstellung bleiben vor allem zwei Eindrücke zurück: Brandt gehörte zu der Gruppe von Politikern, die für ihre Überzeugungen noch etwas riskiert haben, und dies ist ihnen anzumerken. Zweitens und damit zusammenhängend: Je näher man auf Willy Brandt schaut, umso fremder mutet die heutige Sozialdemokratie an, deren Ikone für die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts Brandt ja ist.

Das Willy-Brandt-Haus wird von der 1994 vom Deutschen Bundestag errichteten Willy-Brandt-Stiftung getragen, ist somit eine quasi-staatliche Einrichtung. Die Stiftung betreibt zwei Standorte, das Willy Brandt Forum in Berlin und das Haus in Lübeck. Die norddeutsche Dependance, die sich auch als „Lernort für Zeitgeschichte“ versteht, liegt im Herzen der Lübecker Altstadt (Königstr. 21), der Einritt ist frei. Für einen Besuch sind zwei Stunden zu veranschlagen, wer die umfangreichen Medienangebote nutzen möchte, sollte dafür deutlich mehr Zeit mitbringen.

 

Ausstellungskatalog: 

Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung (Hrsg.): Willy Brandt. Ein politisches Leben im 20. Jahrhundert, 136 Seiten, 5 EUR