Nachricht | Deutsche / Europäische Geschichte - GK Geschichte Als Pinsel und Feder glühten. Manch großer Geist war 1914 von allen guten Geistern verlassen

Auch hundert Jahre später bleibt der Erste Weltkrieg punktuell schwer begreiflich. Zu bleibender Verstörung trägt die anfängliche Kriegsbegeisterung manch großer Geister jener Tage bei. Ihr Kriegsjubel erinnert daran, dass herausragende Begabung sich nicht notwendig mit Weitsicht paart.

Golo Mann hielt 1958 in seiner »Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts« fest, »Jubel, Kriegswut und Kriegsfreude« seien im Sommer 1914 überall in Europa zu spüren gewesen, weil sich alle für die Angegriffenen hielten, ganz besonders Deutschland. Hier lebte der Glaube an die bedrohende Einkreisung, von der man sich befreien müsse. Ein Zeugnis dafür war der als »Manifest der 93« bekannt gewordene »Aufruf an die Kulturwelt«. Von 93 Wissenschaftlern, Künstlern und Schriftstellern unterzeichnet und am 4. Oktober 1914 veröffentlicht, bestritt er die Vorwürfe der Kriegsgegner und rief zur Solidarisierung mit dem deutschen Volk auf. Das Manifest widerspiegelt die nationalistisch erregte Stimmung jener Wochen ebenso wie die Blicktrübung, die damit meist einhergeht. Nicht nur in diesem Fall.

Den ganzen Beitrag von Reiner Oschmann (zuerst erschienen in der Tageszeitung Neues Deutschland vom 22.02.2014) hier online lesen.