Nachricht | Staat / Demokratie - Parteien / Wahlanalysen - Afrika Der ANC im Exil in Lusaka

Historiker Hugh Macmillan diskutiert die Thesen seines neu erschienen Buches an der Johannesburger University of the Witwatersrand.

 

Knapp 60 interessierte Gäste kamen am Dienstag, den 28. Januar 2014 an die Universität Witwatersrand (WITS) in die Johannesburger Innenstadt, um mit Hugh Macmillan von der Universität Oxford die Thesen in seinem jüngsten Buch mit dem Titel «The Lusaka Years: The ANC in Exile in Zambia, 1963-94» zu diskutieren.

Geleitet wurde die Podiumsdiskussion von Arianna Lissoni, Historikerin an der WITS. Neben Macmillan waren die Professoren Shireen Hassim und Clive Glaser, beide ebenfalls von der WITS, geladen. Veranstalter der Diskussionsrunde waren das Institut für Geschichte und die Rosa-Luxemburg-Stiftung im Südlichen Afrika.

Macmillans Thesen hatte in der Wochenzeitung Mail&Guardian eine lebhafte Geschichtsdebatte provoziert. Im Kern geht es dabei um die Frage des Einflusses der Kommunistischen Partei Südafrikas (SACP) auf den African National Congress (ANC) im Exil. Hintergrund bildet die umstrittene Mitgliedschaft Nelson Mandelas in der kommunistischen Partei.

Mandela hat eine solche Mitgliedschaft immer bestritten. Stephen Ellis hatte in seinem Buch „External Mission: The ANC in Exile, 1960-1990“ im vergangenen Jahr im Mai die Diskussion um das Erbe des ANC neu entfacht und hält es für belegt, dass Mandela Mitglied der SACP war.

In einem jüngsten Artikel im Mail&Guardian (hat der britische Historiker Ellis, der an der Universität Amsterdam lehrt, dem ANC vorgeworfen, die Belege für eine Mitgliedschaft Mandelas in der SACP bewusst zu leugnen. Zudem warf er dem ANC vor, die herausragende Bedeutung der damaligen zumeist weißen Kommunisten bei der Ausarbeitung der ANC Freedom Charter im Jahr 1955 in Abrede zu stellen.

Ellis will 20 Jahre nach dem Ende der Apartheid zur Aufklärung der Gründe für deren Ende beitragen. Für ihn ist weniger die Stärke des ANC, zumal militärisch, für den Fall der Apartheid verantwortlich, als eine Vielzahl von anderen Faktoren, unter anderem das Ende des Kalten Krieges, das auch in Südafrika zu einem weniger konfrontativen Verhältnis zur politischen Linken und zumal den Kommunisten führte.

Ellis Thesen bestimmten denn auch den Diskussionsabend mit Macmillan, denn dieser hatte wie Verne Harris von der Mandela Foundation Ellis in der Wochenzeitung Mail&Guardian widersprochen (siehe die weiterführenden links).

Die für Ellis wichtige Frage der Mitgliedschaft in der SACP ist für Macmillan lediglich der Versuch, den ANC als kommunistisch abzustempeln. Damit solle für Verständnis für Länder wie Großbritannien oder die Vereinigten Staaten von Amerika, die für ihre allzulange Nähe zum Apartheidregime kritisiert wurden, geworben werden, da der ANC als kommunistisch unterwanderte Organisation im Kalten Krieg vom Westen nicht unterstützt werden konnte.

Macmillan bestand auch an diesem Abend darauf, dass Mandela möglicherweise nicht Kommunist war, dass dieser nur kooptiert wurde. Auch gab es damals keine formalen Mitgliederregister und Mandela war bis zu seiner Inhaftierung lange Jahre immer wieder außer Landes, so dass es bis heute keine klaren Belege für eine solche Mitgliedschaft gibt.

In der Diskussion mit dem Publikum spielte neben der Rolle der Kommunisten im Befreiungskampf auch das Alltagsleben der Exilanten eine große Rolle. Dabei, so Macmillan, müsse man einen großen Unterschied zwischen dem Exil in den Militärlagern in Angola und dem Exil in Lusaka machen. Die Erfahrungen in Lusaka, so Macmillan, hätten viele im ANC positiv verändert. Dort sei mit der Grundstein gelegt worden, für einen vorsichtigen moderaten Kurs des ANC, der von utopischen Vorstellungen von großen und schnellen Veränderungen in Südafrika Abstand nahm.

Weiterführende Links:

Hugh Macmillan: Was Madiba co-opted into Communism? 

Verne Harris: I am not a Marxist, Mandela said. Did he lie?