20 Jahre nach ihrem Ende wollen Johannesburgs StadtplanerInnen das Erbe der Apartheid überwinden. Die «getrennte Entwicklung» dieser Epoche und die autozentrierte Stadtentwicklung der 1970er und 1980er Jahre haben in Südafrikas größter Metropole mit über 4 Millionen EinwohnerInnen eine wenig kompakte Stadtstruktur entstehen lassen.
Große Distanzen zwischen Wohn- und Gewerbegebieten, welche die Menschen von und zur Arbeit überwinden müssen, charakterisieren Johannesburg. Aber auch die wenig (sozial) gemischten Stadtviertel sind die Folge der Trennung der Weißen von der mehrheitlich armen Schwarzen Bevölkerung.
Lisa Seftel, Executive Director für den Bereich Verkehr der Stadt Johannesburg, stellte im Rahmen eines Round Tables der Rosa-Luxemburg-Stiftung Südliches Afrika am vergangenen Donnerstagabend (13.3.) die aktuelle stadtentwicklungspolitische Konzeption vor.
Im Mittelpunkt der Johannesburger Stadtentwicklungspolitik stehen die sogenannten «Corridors of Freedom». Entlang dieser Verkehrsachsen, wo der öffentliche Verkehr mittels eines Schnellbussystems Vorrang vor dem motorisierten Individualverkehr haben soll, soll eine Stadt der kurzen Wege erwachsen.
In den neuen Korridoren sollen auch FußgängerInnen und RadfahrerInnen ihren Platz finden. Ziel ist es, die städtischen Funktionen (Arbeiten, Wohnen, Einkaufen etc.) besser miteinander zu verknüpfen. Damit soll Energie eingespart und die Geldbeutel der Menschen entlastet werden. Die geringe Dichte Johannesburgs und der schwach ausgebaute öffentliche Personennahverkehr, der vor der Fußballweltmeisterschaft einen Ausbau erhielt, führt zu einem hohen Ausstoß von klimaschädlichen Gasen. Mit den „Corridors of Freedom“ soll Johannesburg auch klimafreundlicher werden.
Seftel zeigte sich überzeugt, dass die Päne Johannesburg gründlich umgestalten werden. Das seit der Fußballweltmeisterschaft bestehende Schnellbussystem (Rea Vaya) erfreut sich, so Seftel, wachsender Beliebtheit. Im Februar zählte die Stadt 1 Million Benutzer. Dies ist ein neuer Rekord, so Seftel. Als nächster Schritt ist der Anschluss von Sandton und Alexandra an das Schnellbussystem geplant.
Neil Klug, Architekt und Stadtplaner an der Universität Witwatersrand, und seine Kollegin Kirsten Dörmann bewerteten die Pläne der Johannesburger Stadtverwaltung vorsichtiger. Genau wie Seftel sehen auch Klug und Dörmann die Notwendigkeit eines grundlegenden Stadtumbaus, doch legen sie wert auf langsame Schritte und eine umfassende Beteiligung aller betroffenen BewohnerInnen. Beide Architekten wollen entlang der Korridore die Bebauung langsam verdichten. Sie setzen auf Anreize wie einen erleichterten Zugang zu Krediten für die bestehende Wohnbevölkerung entlang der Korridore.
Klug sprach sich in seinem Vortrag auch für mehr direkte Eingriffe von Seiten der Stadt aus. Nur mit mehr sozialen Wohnungsbau und dem Mittel der Enteignung von Privatbesitz lässt sich, so Klug, die Apartheidstadt hin zu mehr Mischung überwinden.
In der lebhaften Diskussion mit dem Publikum wies die ANC Gemeinderätin Joy Coplan auf den Erfolg der Urban Development Zones hin. Mit den neuen städtischen Entwicklungszonen sei eine Revitalisierung der Innenstadt Johannesburgs in Teilen gelungen. Sie erwartet sich von den «Corridors of Freedom» ähnliches für die Vororte der Stadt.