Nachricht | Deutsche / Europäische Geschichte Das Ende des kalten Krieges und der Weg in die deutsche Einheit

Internationale Konferenz der RLS Brandenburg in Potsdam über Sichtweisen in europäischen Nachbarländern

Auf das Ende der DDR und den schnellen Weg zur staatlichen Einheit Deutschlands war man in keinem der europäischen Nachbarländer und auch nicht in den USA vorbereitet. Noch im Sommer 1989 gingen alle Staaten von der Fortexistenz der deutschen Zweistaatlichkeit über einen längeren Zeitraum aus. Diese Ansicht vertraten Wissenschaftler aus sechs europäischen Staaten während der von der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg in Kooperation mit der Michael-Schumann-Stiftung und dem Potsdamer Verlag WeltTrends am 18. Juni 2014 in Potsdam veranstalteten Konferenz mit dem Titel „Das Ende des Kalten Krieges und der Weg in die deutsche Einheit. Sichtweisen in europäischen Nachbarländern“.

In einem Einleitungsvortrag berichtete der Staatssekretär im DDR-Außenministerium während der de Maiziere-Regierung im Jahre 1990, Hans Misselwitz, über die Kontakte seines Ministeriums zu den Partnern in den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen. Insbesondere ging er auf die Haltung der polnischen Regierung zur Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze als polnische Westgrenze ein.

 

In einer anschließenden von Raimund Krämer (Universität Potsdam) moderierten Diskussionsrunde trugen Mark Allinson (University of Bristol), Bogdan Koszel und Malwina Księżniakiewicz (Universität Poznan) sowie Gilbert Merlio (Université Paris IV) ihre Sichtweisen auf die Rolle der Regierungen ihrer Länder in den Verhandlungen um die Herstellung der deutschen Einheit vor. Dabei wurde deutlich, dass insbesondere in Frankreich und Großbritannien zunächst die Skepsis gegenüber einem zu erwartenden Zuwachs an Einfluss des vereinigten Deutschland in der Europäischen Union vorherrschte. In den Medien beider Länder wurde der deutsche Vereinigungsprozess ausführlich und kritisch diskutiert. Polen verband mit dem deutschen Vereinigungsprozess die Forderung nach einer endgültigen völkerrechtlichen Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze. Erst nach dem deutsch-polnischen Grenzvertrag 1991 ist Polen als eines der letzten Staaten aus dem formal noch bestehenden Warschauer Vertrag ausgeschieden.

In einer zweiten Diskussionsrunde, die von Dörte Putensen (Universität Rostock) moderiert wurde, äußerten sich Seppo Hentilä (Universität Helsinki), Hannes Hofbauer (Promedia Verlag Wien) und Thomas Wegener Friis (Universität Odense) zu ihren Erkenntnissen über die politische und mediale Debatte in ihren Ländern. Österreich hatte vor allem wirtschaftlich von der deutschen Zweistaatlichkeit profitiert, trug 1989 entscheidend zur Abwanderung vieler Ostdeutscher über die österreich-ungarische Grenze bei, sah den deutschen Vereinigungsprozess dennoch kritisch. Dänemark begegnete der Vereinigung aufgrund historischer Erfahrungen mit Deutschland ebenfalls mit Skepsis, während Finnland den Vereinigungsprozess nutzte, um seine Beziehungen zur Sowjetunion auf neuer Grundlage zu regeln. Präsident Koivisto kündigte den Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand mit der Sowjetunion auf und konnte dadurch Finnlands politischen Handlungsspielraum gegenüber der benachbarten östlichen Großmacht erheblich erweitern. Trotz anfänglicher Vorbehalte wurde jedoch vor allem den führenden Politikern in diesen Ländern relativ schnell klar, dass vor dem Hintergrund des Zusammenbrechens des politischen Systems im Ostblock kaum eine Alternative zur deutschen Vereinigung bestand.

Als letzter Diskussionsredner sprach Alexander von Plato (Fernuniversität Hagen) über die Rolle der USA und der Sowjetunion im deutschen Vereinigungsprozess. Dazu hatte er für seine Publikationen zahlreiche Gespräche mit handelnden Politikern, darunter mit Michail Gorbatschow und Hans Modrow geführt. Für den Wandel in der sowjetischen Position, der sich etwa im Zeitraum zwischen Ende Januar bis Mitte Februar 1990 abzeichnete, machte er vor allem innenpolitische und wirtschaftliche Probleme verantwortlich.

Abschließend kündigte Raimund Krämer als Chefredakteur von WeltTrends an, dass der Verlag gemeinsam mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg die Absicht habe, bis Ende des Jahres einen Tagungsband mit den erweiterten Vorträgen der Referenten zu publizieren.

 Bilder von Daniel Klaucke (Potsdam)