Nachricht | Geschichte - Erinnerungspolitik / Antifaschismus - Parteien- / Bewegungsgeschichte - GK Geschichte Gute Gründe und doppelte Böden. Zur Geschichte ‚linker‘ Geschichtsschreibung

Sozial.Geschichte Online 14 (2014), dokumentiert den Eröffnungsvortrag von David Mayer zur Tagung „History is unwritten“, die am 7. Dezember 2013 in Berlin veranstaltet wurde.

Über ‚linke Geschichtsschreibung‘ lässt sich mit Blick auf die Gegenwart ohne Zweifel viel sagen, aus einer analytisch-distanzierten wie aus einer normativ-engagierten Sicht.1 Der Ausgangsgedanke der folgenden Überlegungen lautet hingegen: Will man über das Verhältnis von sozialemanzipatorischen Bewegungen und Geschichtsschreibung sprechen, so muss man dieses Verhältnis und bisherige Praktiken linker Geschichtspolitik selbst historisieren. Das kann nicht nur Erhellendesüber ihre Entwicklung, ihre Formen, Hinter- und Beweggründe, Erfolge wie Krisen zu Tage fördern. Eine solche Historisierung macht zugleich jene Herausforderungen deutlich, mit denen linke Geschichtsschreibung auch in der heutigen Situation konfrontiert ist. Herausforderungen, die darauf hinauslaufen, dass es neben den guten Gründen – Motive, Dringlichkeit und, ja, Legitimität – auch immer die doppelten Böden gab und gibt.
Solch doppelte Böden bestehen zwischen Kritik und Indienstnahme, zwischen Legitimität (von Anklage und Gegenerzählungen) und Legitimierung (von Herrschafts- und Ungleichheitsverhältnissen anderer Art als jenen, die zuvor einer Kritik unterworfen wurden) oder, ganz allgemein, zwischen Wissenschaft und Politik. Darüber hinaus gilt: Alles, was durch den Lichtkegel linker Geschichtsschreibung und Geschichtspolitik in Erinnerung gerufen wird, ist zugleich auch ein Vergessen von anderem. Eine wirklich egalitäre‘ Geschichte, die alle Stimmen und Blickpunkte einschließt, ist nicht zustande zu bringen.

Der komplette, 35 Seiten umfassende Aufsatz ist über den Link unten frei als PDF verfügbar. Dieser Text von David Mayer ist ein Vorabdruck aus dem Sammelband "History is unwritten. Linke Geschichtspolitik und kritische
Wissenschaft. Ein Lesebuch"?, der im Frühjahr 2015 im Verlag edition assemblage erscheinen wird.
Er wird herausgegeben von dem AutorInnenkollektiv Loukanikos, das auch die gleichnamige Konferenz im Jahr 2013 in Berlin organisiert hat (http://historyisunwritten.wordpress.com). Im Band werden außer der Konferenzdokumentation auch Beiträge von geschichtspolitischen Initiativen und weitere wissenschaftliche und politische Wortmeldungen zum Thema linker Geschichte enthalten sein.