Nachricht | Staat / Demokratie - Afrika - Wirtschafts- / Sozialpolitik Cheikh Anta Diop und keine Integration in Afrika

Zum 30. Todestag des senegalesischen Historikers Cheikh Anta Diop (1923-1986) veranstaltete die Rosa-Luxemburg-Stiftung Dakar und ARCADE (Africaine de Recherche et de Coopération pour l’Appui au Développement Endogène) vergangenen Samstag eine Diskussionsrunde zu der mehr als 150 Gäste in das Kulturzentrum Douta Seck in Dakar kamen.

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Thema der Diskussionsveranstaltung waren die wirtschaftspolitischen Thesen von Cheikh Anta Diop, der vor allem für seine Studien zur vorkolonialen Geschichte Afrikas bekannt wurde. Diop, so Professor Felwine Sarr (Wirtschaftswissenschaftler an der Universität von Saint Louis, Senegal), setzte sich in seinen Schriften aber auch mit dem wirtschaftlichen Potenzial Afrikas, den Möglichkeiten einer Industrialisierung Afrikas und der demographischen Entwicklung Afrikas auseinander.

Im Mittelpunkt seiner wirtschaftsgeographischen Ideen standen die verschiedenen Großräume Afrikas und ihr natürliches Potenzial für eine wirtschaftliche Inwertsetzung durch die damals neu unabhängig gewordenen Staaten Afrikas. Dabei betonte Diop vor allem die Notwendigkeit der wirtschaftlichen Integration Afrikas, so Sarr, um eine bestmögliche Nutzung der natürlichen Ressourcen wie Mineralien, aber auch Energie zu erreichen. Integration und Steuerung der wirtschaftlichen Potenziale Afrikas waren für Diop die entscheidenden Voraussetzungen für den Erfolg des Kontinents.

Mit der Entwicklung der wirtschaftlichen Integration Afrikas setzte sich Makhtar Diouf (Wirtschaftswissenschaftler an der Universität von Dakar), in seiner Präsentation auseinander. „Es gibt keine echte Integration Afrikas“ war Dioufs These. Die existierenden Regionalorganisationen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Afrikas Integration keine Realität sei. Als Erbe des Kolonialismus seien bis heute nicht einmal die Eisenbahnsysteme harmonisiert. Integration bedarf aber einer integrierten Infrastruktur, diese existiert nicht.

Verantwortlich machte Diouf neben der Politik der internationalen Organisationen wie die Weltbank vor allem die afrikanischen Politiker selbst, die kein echtes Interesse an einer Integration haben, wie dies in Europa nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges der Fall war. Auch seien die existierenden Regionalorganisationen nicht mit den notwendig qualifizierten PolitikerInnen besetzt. An Geld fehle es diesen Organisationen aber nicht, so Diouf, der die Vergabe von Stipendien durch die ECOWAS/CEDEAO in Frage stellte.

In der Diskussion mit dem Publikum dominierte neben der Kritik an den internationalen Geberorganisationen vor allem die Frage der Relevanz von Cheikh Anta Diops Wirtschaftsthesen heute. Sarr kritisierte den Versuch Diops Thesen unhinterfragt zu rezipieren. Diops Ideen entstammen einer Zeit, die stark von alten wirtschaftsgeographischen Überlegungen geprägt wurden, die vor allem die Schwerindustrie und die Energiewirtschaft in den Mittelpunkt  der Überlegungen stellte. Die Rolle von Innovationen und technischen Entwicklungen sowie der Rolle des Menschen im Entwicklungsprozess wurde damals häufig vernachlässigt.