Zum ersten Politikforum am 30. April 2016 in Saint Louis (Senegal) kamen über 60 TeilnehmerInnen aus Wissenschaft, Politik und Medien. Darunter waren auch viele StudentInnen, da die erste von acht geplanten Diskussionsveranstaltungen an der Universität Gaston Berger in Saint Louis (www.ugb.sn) stattfand.
Der Rektor der Universität, Baydallaye Kane, begrüßte die Anwesenden und dankte den Initiatoren Prof. Babaly Sall und Dr. Armin Osmanovic von der RLS Dakar für diese aus seiner Sicht so wichtige Bereicherung des politischen Lebens an der Universität und in der Region. Entwicklung, so Kane, benötige das Engagement der Bevölkerung. Daher sei es so wichtig, dass sich die Menschen, vor allem auch die jungen, an der Politik beteiligen.
Neben der RLS Dakar gehören die Universität und das Universitätsinstitut CERRAD zu den Partnern der Veranstaltungsreihe, die zum Ziel hat die politische Debatte zu aktuellen Themen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auch jenseits der Hauptstadt Dakar zu stärken.
Diskussionsgegenstand des ersten Politikforums war das Verfassungsreferendum, das am 20. März 2016 in Senegal durchgeführt wurde. Senegals Präsident Macky Sall hatte 15 Punkte zur Abstimmung gestellt, darunter auch die zukünftige neue Dauer von fünf statt bisher sieben Jahren seiner Amtszeit. 63 Prozent der abgegebenen Stimmen votierten mit Ja, so dass die Verfassungsänderungen nun in Kraft treten können. Die Abstimmung galt auch als Stimmungstest für den Präsidenten, der seit 2012 regiert und der sich im Jahr 2019 der Wiederwahl stellen wird.
Papa Ogo Seck von der Universität Gaston Berger kritisierte in seinem Kurzvortrag das geringe Interesse am Referendum. Lediglich 40 Prozent der Wahlberechtigten hatten sich am Referendum beteiligt.
Die Reformen, so Seck, seien zwar von der Bevölkerung weithin akzeptiert gewesen, vor allem die Amtszeitverkürzung des Präsidenten, doch seien alle Reformvorhaben nicht allen Menschen klar gewesen. Die Politik habe es versäumt, so Seck, die Bevölkerung wirklich aufzuklären und einzubinden. Daher kam es auch zu einigen – bewussten - Fehlinterpretationen. Um gegen den Präsidenten Stimmung zu machen, wurde zum Beispiel von den ReformgegnerInnen behauptet, dass der Präsident die Homosexualität im Senegal erlauben würde.
Auch der eingeladene Journalist Issa Sall kritisierte die Kommunikationspolitik vor dem Referendum. Die Presse sei manipuliert worden, eine klare und sachgerechte Diskussion hätte in den Medien nicht stattgefunden. Das Lager der BefürworterInnen des Nein, darunter auch der Bürgermeister von Dakar, der der Sozialistischen Partei angehört, die eigentlich Macky Sall unterstützt, hätten das Referendum nur zur Stimmungsmache gegen den Präsidenten benutzt. Eine umfassende Diskussion über die Lage von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im Senegal sei verpasst worden.
Babaly Sall, Politikwissenschaftler an der Universität Gaston Berger, stellte die Frage nach der Bedeutung des Referendums für die staatliche Ordnung im Senegal. Die geringe Beteiligung ist für ihn ein Zeichen, dass die staatlichen Institutionen, die er als koloniales Erbe betrachtet, an Verankerung in der Gesellschaft vermissen lassen.
Nach den Kurzpräsentationen, die zur Diskussion einladen sollten, begann der angeregte Austausch mit den Gästen. Am 28. Mai findet das nächste Diskussionsforum zum Thema „Politische Parteien im Senegal und ihre Zukunft“ statt.