Nachricht | International / Transnational - Afrika - Westafrika Der Franc CFA und das Problem mit der Souveränität in Afrika

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Eigentlich gibt es zwei Währungen mit dem Namen Franc CFA. Im Westen des afrikanischen Kontinents teilen sich acht Länder den Franc CFA nämlich Benin, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Guinea Bissau, Mali, Niger, Senegal und Togo. Der Sitz der Zentralbank ist in Dakar. Diese Länder haben zusammen etwa 110 Millionen Einwohner und verfügen über ein BIP in Höhe von 70,9 Milliarden US-Dollar. Die 11 Millionen Griechen erwirtschaften ein fast vier Mal so hohes BIP (262 Milliarden US-Dollar).

Der zentralafrikanische Franc CFA gilt in sechs Ländern als gemeinsames Zahlungsmittel mit Sitz der Zentralbank in Yaoundé/Kamerun. Zu dieser Währungszone zählen Äquatorialguinea, Gabun, Kamerun, die Republik Kongo, Tschad und die Zentralafrikanische Republik. Diese sechs Länder zählen etwa 50 Millionen Einwohner und weisen insgesamt ein BIP in Höhe von 74,7 Milliarden US-Dollar auf.

Beide Währungen gibt es seit 1945 und beide Währungen sind an den Euro, früher an den französischen Franc, fest gekoppelt. Gegenwärtig erhält man für einen Euro 655,957 Franc CFA. Die französische Zentralbank (Banque de France) in Paris garantiert den Wert beider Währungen. Dafür sind die Länder verpflichtet 50 Prozent ihrer Währungsreserven in Frankreichs Zentralbank (Banque de France) zu platzieren.

Derzeit liegt eine Summe von etwa 20 Milliarden US-Dollar, die mit etwas weniger als null Prozent von der Banque de France verzinst wird, in Paris. Diese Summe, die das BIP vieler Mitgliedsländer beider Währungszonen übersteigt, weckt Begehrlichkeiten bei so manchem Politiker in den betroffenen afrikanischen Ländern, dessen Staatshaushalt unter der gegenwärtigen Rohstoffkrise leidet und dessen Bevölkerung stark steigt, so dass der Bau von Schulen, Straßen und Krankenhäusern immer mehr hinter dem Bedarf zurückbleibt. Die Kritik des Präsidenten des Tschad, Idriss Deby, dessen Land unter dem Preisverfall des Erdöls und dem Kampf gegen Boko Haram leidet, wurde so verstanden.[1]

Kritik gibt es nicht nur an den ungenutzten Währungsreserven, auch der feste Wechselkurs zum Euro stößt auf Bedenken. Beide Franc CFA seien durch die Kopplung überbewertet und behinderten die Exporte und die Investitionen in den beiden Währungszonen, so klagt etwa der frühere Finanzminister der Elfenbeinküste Mamadou Koulibaly.[2] Das Gegenargument dazu lautet wie folgt: der feste Wechselkurs der beiden Franc CFA zum Euro fördere die Währungs- und Preisstabilität und damit Investitionen und Wachstum.

Empirisch ist schwer nachzuweisen, ob die Länder in den beiden Franc CFA Währungszonen ihren festen Wechselkurs mit einem geringeren Wachstum bezahlen müssen. Viele Faktoren beeinflussen das Wirtschaftswachstum, das Handelsregime, die Gestaltung der Zölle, die Exportprodukte, die Bevölkerungsentwicklung und natürlich die politische Stabilität. Die Wirtschaftskrise in der Elfenbeinküste seit den 1980er Jahren hat mehrere Ursachen. Der Preisverfall des Hauptexportgutes Kakao spielt dabei ebenso eine Rolle wie der Bürgerkrieg (2002 bis 2007 und 2010 bis 2011) und der Exodus vieler Unternehmen in dieser Zeit. Ghana, dessen Währung der CEDI frei konvertierbar ist, hat seine bessere wirtschaftliche Entwicklung seit Mitte der 1990er Jahre wohl weniger seiner Währung sondern vielmehr seiner höheren politischen Stabilität zu verdanken.

Die Kritik am Franc CFA ist neben den ökonomisch-technischen Fragen auch politisch motiviert. Für einige ist das gemeinsame Geld eine Frage der Souveränität. Nach Meinung der Autoren des Buches „Sortir l‘Afrique de la servitude monetaire. A qui profite le franc CFA?“[3] symbolisiert die Währung den Neokolonialismus und Imperialismus Frankreichs. Für diese Autoren ist der Franc CFA mehr als 50 Jahre nach der formalen Unabhängigkeit der afrikanischen Länder von Frankreich (die ehemals portugiesische Kolonie Guinea Bissau ist seit 1997 Mitgliedsland im Franc CFA) ein historischer Anachronismus. Mit dem Ende des Franc CFA erhoffen sich diese Autoren nicht nur mehr Wirtschaftswachstum, sondern echten Souveränitätsgewinn.

In der Tat ist es erstaunlich, wie die während der Kolonialzeit entstandene Währung Franc CFA das Ende des französischen Empires überstehen konnte. Warum sind die anderen afrikanischen Länder nicht dem Beispiel Guineas gefolgt, das gleich nach der Unabhängigkeit 1960 aus dem Franc CFA austrat? Warum trat Mali 1984 wieder bei, nachdem es 1962 dem Beispiel Guineas gefolgt war? Wieso kam es nicht zum Ende des Franc CFA, als im Jahr 1994 die Währung um die Hälfte abgewertet wurde, obwohl die verantwortlichen afrikanischen Politiker gegen die Abwertung waren, welche die Weltbank und der IWF forderten, um die Exportfähigkeit der Länder zu fördern?

Ein Blick zurück in die Geschichte von Französisch-Westafrika und dem Weg der westafrikanischen Länder in die Unabhängigkeit kann zur Beantwortung dieser Fragen beitragen.

Frankreich hatte in seine Kolonien lange kaum investiert. Der Staat blieb minimal, auch was die Zahl der Staatsbediensteten anbelangt, die Infrastrukturentwicklung konzentrierte sich auf den Export landwirtschaftlicher Güter: im Senegal Erdnüsse, in der Elfenbeinküste Kakao. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nahm der Druck auf Frankreich zu. In den Kolonien, wo es zu Streiks kam, verlangte man eine bessere Bezahlung und ein besseres Leben. Druck gab es aber auch auf internationaler Ebene. Der Kolonialismus hatte in der alten Form keine Zukunft mehr.

Afrikaner und Franzosen suchten nach einem neuen Arrangement. Komplette Unabhängigkeit wurde damals in den 1950er Jahren nur von einer Minderheit gefordert. Afrikanische Politiker wie Leopold Senghor, der spätere senegalesische Präsident, warnten sogar vor einem Bruch mit Frankreich. Vollständige Souveränität, also Unabhängigkeit, klang in ihren Ohren nur wie andauernde Armut und Abhängigkeit von Almosen, sprich Entwicklungshilfe.

Frankreich sollte wirtschaftlich und finanziell in die Pflicht genommen werden, schließlich waren in den 1950er Jahren die Gehälter in Westafrika deutlich gestiegen, sie waren an die Verhältnisse in Frankreich angepasst worden, und viele Afrikaner waren im expandierenden Staatsdienst untergekommen. [4]

Frankreichs Politiker wollten lange an ihrem Empire festhalten. Mit insgesamt 88 Millionen Menschen wollte man auf der Weltbühne und im neu zusammenwachsenden Europa den vordersten Platz einnehmen. Eine Union mit Westafrika und französische Staatsbürgerschaft für Afrikaner, bedeutete aber auch, dass die Nationalversammlung in Paris mehr und mehr von schwarzen Abgeordneten dominiert werden würde. Viele der Abgeordneten lehnten eine solche „Kolonisierung Frankreichs durch die Kolonien“ ab. Ein Festhalten am Kolonialreich bedeutete aber auch eine Transferunion. Millionen von Franc flossen bereits in die armen und unterentwickelten Gebiete in Afrika. Die Verantwortlichen in Frankreich rechneten vor, dass der Lebensstandard im Land durch die Transfers um bis zu 30 Prozent sinken könnte.

Ende der 1950er Jahre scheiterten alle Versuche Westafrika und Frankreich in einem wie auch immer gearteten Staatenverbund zusammenzuhalten. Der Franc CFA überdauerte, weil damit die lange von beiden Seiten angestrebte Zusammenarbeit in einem wesentlichen Bereich fortgeführt werden konnte. Und weil der Franc CFA den über die Jahrzehnte gewachsenen wirtschaftlichen Vernetzungen entsprach. Französische Unternehmer konnten in „ihrer“ Währung weiter in Afrika tätig sein und Afrikas Migranten konnten sich darauf verlassen, dass ihre Häuser zu Hause in Ouagadougou oder Dakar weiter wertbeständig blieben.

Dieses System hat erstaunlicherweise lange gehalten und könnte auch weiter fortbestehen. Denn eine wirtschaftliche Zusammenarbeit in der Region und darüber hinaus macht für die Mitgliedsländer damals wie heute Sinn, zählen sie doch bis heute zu den ärmsten Ländern der Welt, und das gilt auch für die Staaten in der Region mit eigener Währung.

Dass die afrikanischen Länder eine von der französischen Zentralbank unabhängige Währungsunion gründen könnten, schlägt heute kaum noch Wellen. Frankreichs Afrikapolitik hat heute vor allem die Terrorismusbekämpfung und die Abwehr von Migranten im Sinn. Der Franc CFA interessiert kaum noch, die Erinnerung an die gemeinsame Kolonialzeit verblasst immer mehr.

Über die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit in der Region müsste mehr gesprochen werden. Schließlich kosten handelspolitische Alleingänge, wie jener des außerhalb der Währungsunion des Franc CFA liegende Gambia, die Länder in der Union, wie beispielsweise das Nachbarland Senegal, Millionen an entgangenen Zolleinnahmen. Denn Gambias Wirtschaftsmodell basiert wesentlich auf niedrigeren Zollschranken und dem Reexport von Waren in den Senegal. Die Diskussion um eine gemeinsame Währungs- und Wirtschaftspolitik wäre in Westafrika dringend notwendig, nicht zuletzt um endlich an Souveränität zu gewinnen.

 

 

 

Armin Osmanovic leitet das RLS-Auslandsbüro Westafrika der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Dakar.


[1] http://www.lanouvelletribune.info/international/afrique/25037-franc-cfa-l-afrique-doit-avoir-sa-propre-monnaie-pour-idriss-deby

[2] http://www.bloomberg.com/news/articles/2014-04-17/african-monetary-union-stirs-criticism-of-france

[3] http://www.lemonde.fr/afrique/article/2016/09/30/debut-de-rebellion-africaine-contre-la-servitude-monetaire-du-franc-cfa_5006237_3212.html

[4] Siehe hierzu Frederick Cooper, Citizenship between Empire and Nation, Remaking France and French West Africa, Princeton University Press, 2014