Publikation Staat / Demokratie - Migration / Flucht - Rassismus / Neonazismus - Westeuropa Antimigrantische Politik und der «Sommer der Migration»

Rassistische Mobilisierungen, das deutsch-europäische Grenzregime und die Perspektive eines gegenhegemonialen Projekts. Analyse von Helge Schwiertz und Philipp Ratfisch

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Reihe

Analysen (Archiv)

Autor*innen

Helge Schwiertz, Philipp Ratfisch,

Erschienen

Januar 2016

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Die Rede von der «Flüchtlingskrise» ist in Europa seit Mitte 2015 allgegenwärtig. Gemeint ist damit vonseiten der Politik und der Medien meist eine vermeintliche Überlastung der «Kapazitäten» von Transit- und Aufnahmestaaten aufgrund einer gestiegenen Einwanderung. Die Krise lässt sich jedoch auch anders interpretieren: als Krise des Schengen-Abkommens mit seinen restriktiven Elementen, als Scheitern des bisherigen Grenz- und Migrationsregimes in Europa – und damit als Errungenschaft von Migrationsbewegungen. Denn der lange «Sommer der Migration» (Kasparek/Speer 2015) hat unübersehbar gezeigt, dass sich Mobilität nicht in feste Bahnen nach den Vorstellungen eines «Migrationsmanagements» lenken lässt, sondern ein Moment relativer Autonomie besitzt, das staatliche Kontrollversuche und nationale Grenzen unterläuft.

Das Jahr 2015 hat auf der einen Seite neue Bewegungen der Migration und der Solidarität, auf der anderen Seite jedoch eine neue Stufe staatlicher Repression und völkischer Hetze gegen Migration hervorgebracht. In Deutschland sprechen mittlerweile zwar selbst konservative PolitikerInnen von einem «Einwanderungsland» und neoliberalen Diskursen entsprechend wird Migration zudem vermehrt als «Potenzial» für die Wirtschaft betrachtet. Dennoch kann in Deutschland und der EU weiterhin von einer Hegemonie antimigrantisch geprägter Politik gesprochen werden. Denn die prinzipielle Entrechtung und Abschiebbarkeit von Nicht-StaatsbürgerInnen sind in Staat und Zivilgesellschaft nach wie vor mehrheitlicher Common Sense, auch wenn ihnen abgestufte Rechte zugesprochen werden. In den gegenwärtigen Auseinandersetzungen um das herrschende Grenzregime spitzen sich verschiedene Entwicklungen der letzten Jahre zu. Ausgehend von dieser Dynamik eröffnen sich zugleich Perspektiven eines gegenhegemonialen Projekts, das die antimigrantischen Politiken und rassistischen Mobilisierungen infrage stellt.

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Dies ist eine überarbeitete und erweiterte Version des Textes, der als Diskussionsbeitrag erschienen ist in: Peripherie – Zeitschrift für Politik und Ökonomie in der Dritten Welt 138–139/2015, S. 327–335. Wegen der Schnelligkeit der Entwicklungen und Auseinandersetzungen im Migrationsregime ist stets der Redaktionsschluss dieser Analyse zu beachten: Anfang Dezember 2015.