Publikation Kultur / Medien - Kommunikation / Öffentlichkeit - Migration / Flucht - Rassismus / Neonazismus - Ungleichheit / Soziale Kämpfe Gewalt im Diskurs

Studie über Soziale Medien als Radikalisierungsplattform für Proteste gegen Geflüchtete in Bremen, Halle und Stuttgart

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Reihe

Studien

Autor*innen

Klaus Boehnke, Anne Leiser , Özen Odağ,

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Die Bedeutung der sozialen Medien für die Entstehung, Formierung und Wirkung politischer Proteste und Gewalt wird seit geraumer Zeit heftig diskutiert. Die von der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Auftrag gegebene Studie «Soziale Medien als Radikalisierungsplattform für Proteste gegen Geflüchtete» sollte im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse prüfen, ob sich Zusammenhänge zwischen der Nutzung sozialer Medien und der Intensität von Protesten gegen Geflüchtete mit sozialwissenschaftlichen Methoden ermitteln und belegen lassen. Die Studie befasst sich mit Online-Protesten gegen Geflüchtete und mit der Frage, wie viel Radikalisierungspotenzial in Diskursen steckt, die in den sozialen Medien geführt werden, und ob dieses Potenzial auch in Formen kollektiver Gewaltaufrufe seinen Ausdruck findet.

An drei Standorten in Deutschland – Bremen, Halle (Saale) und Stuttgart – wurden Mediendokumente zu diesem Thema gesammelt. Zusätzlich zu den im Fokus stehenden Online-Dokumenten wurden zum Vergleich auch Printmedientexte in die Analysen einbezogen. Untersuchungszeitraum für Online-Medien war das gesamte Jahr 2016; die vergleichende Analyse von Printmediendokumenten bezog sich auf den Zeitraum zwischen Juni und September 2016. Auf der Basis eines für die Studie entwickelten Kategorienschemas wurden insgesamt 95 Online-Textdokumente, darunter 48 Gruppendiskussionen, von diversen Webseiten analysiert, daneben 297 Zeitungsartikel und Leserbriefe aus Printmedien. Insgesamt wurden 7.190 Codierungen in das Kategorienschema eingetragen.

Festzuhalten ist, dass das Thema Geflüchtete in Bremen sowohl in Online- als auch in Printmedien wesentlich weniger alarmistisch behandelt wurde als an den anderen beiden Standorten, wobei Stuttgart in Anteil und Emotionalität noch einmal deutlich über dem Standort Halle lag. Eine Bereitschaft, Hasskommentare zu posten, bestand an allen drei Standorten. Strafbare Inhalte (etwa im Sinne der Volksverhetzung) fanden sich in den sozialen Medien zuhauf. Insgesamt kommt die Studie aber zu dem Schluss, dass das Internet und die sozialen Medien zwar zu einer deutlichen Enthemmung in der Artikulation rassistischer und fremdenfeindlicher Positionen beitragen, dass die in die Untersuchung einbezogenen sozialen Medien für sich genommen aber nicht eindeutig Quelle einer Radikalisierung im Sinne konkreter Tatvorbereitung sind. Eine Radikalisierung und insbesondere die Organisation von (gewaltsamen) Protesten gegen Geflüchtete entstehen nicht allein durch das Vorhandensein der Möglichkeit, soziale Medien zu nutzen. Die neuen Medien erleichtern es jedoch interessierten individuellen und institutionellen Akteur*innen aus dem rechten Spektrum, eine Radikalisierung in ihrem Sinne voranzutreiben und gegebenenfalls auch (gewaltsame) Proteste gegen Geflüchtete zu organisieren. Politisch betrachtet liegt die Gefahr einer Radikalisierung dieser Art nicht in dem Enthemmungsbeitrag, den die sozialen Medien in der Auseinandersetzung um den Umgang mit Geflüchteten leisten, sondern darin, dass sie die Kampagnenfähigkeit rechtsextremer und rechtspopulistischer Individuen und Organisationen stärken.

Nachgefragt: Gewalt im Diskurs

Wir fragen nach zu den Hintergründen und Ergebnissen der Studie über Soziale Medien als Radikalisierungsplattform für Proteste gegen Geflüchtete in Bremen, Halle und Stuttgart.

 

Anne Leiser: Gewalt im Diskurs

Mitwirkende

Anne Leiser ,

Dauer

14:53

Details
Im NACHGEFRAGT-Interview spricht Mitautorin Anne Leiser mit Ulrike Hempel über die Ergebnisse der Analyse, das Studiendesign sowie über «das Potential der Schreihälse in den sozialen Medien», wie Anne Leiser sagt.

Horst Kahrs: Gewalt im Diskurs

Mitwirkende

Horst Kahrs,

Dauer

8:15

Details
Horst Kahrs, Referent für Klassen- und Sozialstrukturanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung erklärt den Hintergrund, aufgrund dessen die Studie entstanden ist.