Der Vertrag über die Ächtung des Krieges wurde vor achtzig Jahren, am 27. August 1928 in Paris unterzeichnet (er trat am 24. Juli 1929 in Kraft). Doch nicht nur wegen des „runden“ Datums ist es angezeigt, sich dessen zu erinnern. Die Ächtung des Krieges, d. h. das Verbot und die tatsächliche Unterbindung der Kriegsführung zum Zwecke der Durchsetzung machtpolitischer oder wirtschaftlicher Interessen ist immer noch oder wieder eine aktuelle Aufgabe.
I.
Die diplomatiegeschichtliche Konstellation entsprang übrigens nicht hehren Zielen, sondern der internationalen Lage auf dem europäischen Kontinent in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre. Deutschland, das die Hauptschuld am Entstehen des Ersten Weltkrieges trug, und die Mittelmächte hatten jenen Weltkrieg verloren. Der Versailler Vertrag postulierte allerdings eine Alleinschuld Deutschlands an jenem Kriege, was einerseits die anderen imperialistischen Mächte exkulpierte und andererseits den Forderungen nach Revanche in Deutschland zusätzlichen Auftrieb gab. Deutschland erholte sich trotz Reparationen wirtschaftlich. Frankreich, das eine führende Stellung im Völkerbund einnahm und die eigentliche Garantiemacht der europäischen Vertragssysteme war, sah sich nicht in der Lage, diese politisch, wirtschaftlich und militärisch dauerhaft zu garantieren. Großbritannien war an einer solchen Stellung Frankreichs auch nicht interessiert. Aristide Briand (1862-1932), der seit Jahrzehnten ein führender Politiker Frankreichs war, trat zum einen für einen französisch-deutschen Ausgleich ein; in diesem Sinne hatte er 1925 die Locarno-Verträge mit auf den Weg gebracht. Zum anderen suchte er als Außenminister 1927 eine Stärkung der Position Frankreichs durch eine sichtbare Anlehnung an die USA zu erreichen. So schlug er der US-Regierung vor, zwischen beiden Staaten einen „Vertrag über ewige Freundschaft und über das Verbot der Anwendung des Krieges als Mittel nationaler Politik“ abzuschließen.
Der Außenminister der USA, Frank Billings Kellogg ( 1856-1937), nahm den Vorschlag auf, modifizierte ihn aber dahingehend, dass er anregte, einen mehrseitigen Vertrag abzuschließen. Die USA wollten eine herausgehobene Position Frankreichs in Europa nicht stützen, und diesem blieb nichts anderes übrig, als einzuwilligen. Am 13. April 1928 unterbreiteten die USA Großbritannien, Deutschland, Italien und Japan den Vorschlag, sich zu einem solchen Vorschlag zu äußern. Nach diplomatischem Hin und Her wurde der Vertrag schließlich am 27. August 1928 von neun Staaten unterzeichnet, am 31. August 1928 trat auch die Sowjetunion bei (die ursprünglich nicht vorgesehen war). Seine Benennung nach den beiden Außenministern, Briand und Kellogg, blieb.
Die wichtigste Feststellung wird bereits in der Präambel getroffen, wo es heißt, „dass die Zeit gekommen ist, einen offenen Verzicht auf den Krieg als Werkzeug nationaler Politik auszusprechen“. Demgemäß erklären die Unterzeichnerstaaten im Artikel I, „dass sie den Krieg als Mittel der Lösung internationaler Streitfälle verurteilen und auf ihn als Werkzeug nationaler Politik in ihren gegenseitigen Beziehungen verzichten“. Der Artikel II bestimmt in diesem Sinne, „dass die Regelung und Entscheidung aller Streitigkeiten oder Konflikte, die zwischen ihnen entstehen könnten, welcher Art und welchen Ursprungs sie auch sein mögen, niemals anders als durch friedliche Mittel angestrebt werden soll“.
Betrachten wir die Geschichte danach, so sind diesen hohen Bestimmungen die Massaker und Verbrechen des Zweiten Weltkrieges gefolgt. Die Verpflichtung zum Frieden wurde jedoch zum konstituierenden Prinzip der UNO-Charta und des Völkerrechts, das nach 1945 geschaffen wurde. Doch auch für die seither vergangenen Jahrzehnte gilt: Es tobte und tobt bis heute eine Vielzahl von Kriegen. Es macht jedoch einen Unterschied, ob das internationale Recht dies sanktioniert, oder aber als Rechtsbruch anklagt. Der Briand-Kellogg-Pakt bedeutete in diesem Sinne einen wichtigen Einschnitt in der Geschichte der internationalen Politik und des Völkerrechts.
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