Publikation Ungleichheit / Soziale Kämpfe - Staat / Demokratie - Gesellschaftstheorie - Globalisierung - Krieg / Frieden Der Krieg in der Pipeline

Der Energiedialog muss Teil der Friedensarchitektur des 21. Jahrhunderts werden. Standpunkte 18/2008 von Alexander Ulrich und Fabio De Masi.

Information

Reihe

Standpunkte

Autor

Fabio De Masi,

Erschienen

September 2008

Bestellhinweis

Nur online verfügbar

Zugehörige Dateien

Der Energiedialog muss Teil der Friedensarchitektur des 21. Jahrhunderts werden

Der Krieg in Georgien verdeutlicht, Energie- und Sicherheitspolitik sind siamesische Zwillinge: Pipelines sind die Blutgefässe der militärischen Operation am offenen Herzen Europas. Die Trasse Baku-Tiflis-Ceyhan (BTC) bzw. die Nabucco-Pipeline sollen die Versorgung des Westens mit Rohöl bzw. Gas aus dem kaspischen Meer sichern. Die EU fürchtet die Abhängigkeit von Energielieferungen Russlands sowie aus dem Persischen Golf.

Georgien versuchte unter dem Schirm der Busch-Administration, über den Bruch des Waffenstillstandsabkommens im Konflikt um die abtrünnigen Provinzen Abchasiens und Südossetien, eine NATO-Mitgliedschaft zu erpressen. Die Chance einer gesamteuropäischen Sicherheitsarchitektur nach dem Ende des Kalten Krieges wurde erneut vertan. Die NATO kreist Russland seit der Unterzeichnung der 2+4 Verträge vertragswidrig immer weiter ein. Russland ließ sich daher die Gelegenheit nicht entgehen, mit dem illegalen Vorstoß ins georgische Kernland, seine Sicherheitsinteressen zu unterstreichen. Natürlich ging es auch darum, das für den Gasimport aus Aserbeidschan und Turkmenistan zentrale Transitland zu destabilisieren. Die völkerrechtswidrige Anerkennung Abchasiens und Südossetiens sollte den Westen darüber hinaus an seine verhängnisvolle Politik im Kosovo erinnern.

Nur neocons oder osteuropäische Staaten, die ihr Transitmonopol ausreizen, haben ein Interesse an der Eskalation. Bislang ist es Paneuropäern wie Bundesaußenminister Steinmeier zu verdanken, dass die transatlantischen Heckenschützen in Schach gehalten wurden.

Die zeitgleiche Ankündigung der US-Administration in Polen ein Raketenabwehrsystem zu installieren, wird mit der Gefahr einer potentiellen Atommacht Iran begründet. Der Iran beruft sich auf internationale Garantien zur friedlichen Nutung der Atomenergie, während Russland das Raketenabwehrsystem nach den gescheiterten Bemühungen um einen gemeinsamen Standort in Aserbeidschan als Bedrohung empfindet. Die Atomwaffenstaaten und die nuklearen Teilhaber, so etwa Deutschland, kommen weiterhin ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag nicht nach. Der Konflikt droht Europa erneut zu spalten und verdeutlicht die sicherheitspolitischen Risiken der Kernenergie. Eine Normalisierung der Beziehungen zum iranischen Regime läge zweifelsfrei im Interesse der EU: Das Land verfügt über enorme Gasreserven.

Im Sudan führen die Wasserkrise und der Zugang zu den Ölvorkommen zu Flucht, Vertreibung und Sezessionskonflikten (im Süden). In Bolivien begehrte die Oligarchie in der nach Autonomie strebenden Gas-Region Santa Cruz mit gewaltsamen Mitteln und Unterstützung der USA gegen die Zentralregierung in La Paz auf.

Link für Dateidownload folgtmehr als pdf