Publikation Soziale Bewegungen / Organisierung - Arbeit / Gewerkschaften - Wirtschafts- / Sozialpolitik - Staat / Demokratie - Commons / Soziale Infrastruktur Kinderarmut und Reichtum in Deutschland

Ene, mene, muh, und raus bist Du? Studie von Prof. Dr. Michael Klundt

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Reihe

Studien

Autor*innen

Christoph Butterwegge, Michael Klundt,

Erschienen

Mai 2017

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Nimmt man das Sozialstaatsgebot unserer Verfassung (Artikel 20 Absatz 1 und Artikel 28 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz) ernst, gehört die Bekämpfung von Armut, Not und Elend zu den zentralen Aufgaben sämtlicher Staatsorgane. Gleichwohl hat bisher keine Bundesregierung die Armut im reichen Deutschland als Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt erkannt, der man konsequent entgegenwirken muss. Armutsbekämpfung war vielmehr seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland eine sträflich vernachlässigte Regierungsaufgabe. Dies gilt auch und gerade für die Armut von Kindern, welche fast immer auf der Armut ihrer Familie bzw. ihrer Mutter beruht. [...]

Über 2 Mio. Kinder unter 18 Jahren bezogen am 31. Dezember 2016 entweder Arbeitslosengeld II oder das im Volksmund ebenfalls „Hartz IV“ genannte Sozialgeld. Je nach Lebensalter sind das heute 2017 236, 291 bzw. 311 Euro pro Monat (plus Miet- und Heizkosten). Lebensmitteltafeln versorgen nach eigenen Angaben regelmäßig ca. 1,5 Mio. Menschen mit Essen, von denen sich ungefähr ein Drittel im Kindesalter befinden. Leiden diese Minderjährigen etwa nicht unter erheblichen materiellen Entbehrungen, oder sind 500.000 tatsächlich „wenige“, wie der Fünfte Armuts- und Reichtumsbericht suggeriert? [...]

Obwohl die finanziellen Nöte zahlreicher Familien trotz ausgesprochen günstiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen seit Jahrzehnten drängender, die Armuts- und Reichtumsberichte der Bundesregierung immer voluminöser und die politisch Verantwortlichen immer ratloser werden, geht kein solidarischer Ruck durch Deutschland. Vielmehr schiebt man die Schuld für Armut, Unterversorgung und soziale Ausgrenzung der Kinder meistenteils den Eltern in die Schuhe, bezeichnet sie als „Drückeberger“, „Faulenzer“ oder „Sozialschmarotzer“ und erwartet von ihnen, dass sie sich nach der Münchhausen-Methode selbst aus dem Schuldensumpf herausziehen, statt die gesellschaftlichen Strukturen zu verändern.

Auszug aus dem Vorwort von Christoph Butterwegge

Inhalt

1.1 Regierungs-Maßnahmen der letzten anderthalb Jahrzehnte als Armuts-Ursachen

1.2 „Meilensteine“ oder Armuts-Verstärker?

1.3 Krise der Repräsentanz oder: Reichtum und Einfluss auf Politik, Medien und Wissenschaft

1.4 Bertelsmannisierungen oder: Zwischen verbaler Partizipationsermutigung und realer Partizipations-Einschränkung

2. Neoliberales Demografisierungs-Framing

2.1 Im Namen der Kinder oder: Instrumentalisierung und kapitalisierte Kindheiten

2.2 Zwischen-Fazit und Alternativen

2.3 Ungleichheits-Diskurse und Debatten im politischen Raum

2.4 Soziale Ungleichheit als Naturgegebenheit und das Aufkommen eines Klassenrassismus

3. Umfang und Erscheinungsformen

3.1 Verharmlosung von Kinderarmut oder: Relative versus „echte“ Armut?

3.2 Absolute und relative Armut, relativer Reichtum – Einkommen und Vermögen

3.3 Stand und Entwicklung der Armuts- und Reichtumsquoten in Deutschland

4. Folgen und Auswirkungen

5. Alternativen und Gegenmaßnahmen

6. Zusammenfassung