Publikation Soziale Bewegungen / Organisierung Rede zur Eröffnung des VI. Parteitags

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Online-Publ.

Erschienen

April 2005

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Sara arbeitet in der Welt des Web. Ihre Geschichte, so erzählt uns Aldo Nove, der sie für Liberazione aufgezeichnet hat, ist die so vieler junger Leute, die die Illusionen von etwas »Neuem« erlebt haben, das nicht neue Arbeit, sondern neue Illusionen bedeutet hat, alte Visionen einer Zukunft, die nie eingetreten ist. Wenn du Sara fragst, wie es ihr geht, antwortet sie dir: »Miserabel.« Warum? »Weil ich das Leben in ständiger Angst satt habe. Weil ich wirklich nie erwartet hätte, so unmenschlich behandelt zu werden ...« Die alljährliche Kündigung, aber auch das jährliche Versprechen der Übernahme, das bis zum letzten Moment wiedergekäut wird. Das ist das Leben des prekär Arbeitenden. Und es ist, offen gesagt, ein unerträgliches Leben. Jene Geschichte verdient ins Gedächtnis gerufen zu werden, weil es die Geschichte einer Generation ist, die Geschichte unserer Kinder, der Jugend der Zeit der Globalisierung und des Neoliberalismus, des Kapitalismus unserer Zeit. Es ist eine Geschichte zuerst der Suche nach traditioneller Arbeit, dann im Web mit dem Internet. Es ist eine Geschichte des Wartens auf eine Zukunft, die nie eintrifft, von schlechter Bezahlung, von Unterbrechungen, von wiederholten Kündigungen, wo man zur Arbeit gerufen oder zu Hause sitzen gelassen wird, eine Geschichte der Unsicherheit über das Heute und das Morgen, des Mobbing, der Zeitarbeit. Hört, wie es endet:

»Abgesehen von der Unredlichkeit eines nicht eingelösten Versprechens auf Arbeit habe ich drei Monate grundloses Mobbing erlebt. Monate, in denen ich abends nach Hause ging und weinte. Das alles wegen einer Arbeit, die ich dann am Ende nicht hatte. Auch wenn ich bis zum letzten Moment immer aufs Neue beruhigt wurde. Irgendwann hat jedenfalls die Zeitarbeitsfirma mich wieder zu sich gerufen. Was bietet sie dir an? Einen Vertrag über zehn Tage, wieder in derselben Firma. Zehn Tage? Ja. Ich werde wütend, und sie versprechen mir, sie wollten sich um mehr bemühen. Und tatsächlich tun sie mehr. Sie versprechen mir einen anderen, vorteilhafteren Vertrag. Wieder vergeht eine Woche, sie rufen mich wieder und schlagen mir einen anderen Vertrag vor. Nicht mehr über zehn Tage, sondern fünfzehn ... Ein Delirium? Ein Delirium. Zutiefst verletzend. Und hier stehe ich jetzt. Von einer zur nächsten Gelegenheitsarbeit lavierend, ohne etwas Konkretes in der Hand zu haben, ohne irgendeine Perspektive. Was sind deine politischen Vorstellungen? Jahrelang stand ich links, glaubte an die Werte und Ideen der Linken. Und jetzt? Seit geraumer Zeit glaube ich an gar nichts mehr.«

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