Publikation Ungleichheit / Soziale Kämpfe - Staat / Demokratie ... ist das noch demokratisch?

Ein Artikel zum Problem "Demokratie heute" von Alex Demirovic. aus der Beilage der Ost-West-Wochenzeitung "Freitag" zum Kirchentag 2005

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Reihe

Online-Publ.

Autor

Alex Demirović,

Erschienen

Mai 2005

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Um diese Frage zu beantworten, muß man wissen, was demokratisch ist. Demokratisch ist nicht - wie manche glauben (machen wollen) - der Rechtsstaat, also die rechtliche Kontrolle und Steuerung staatlichen Handelns. Demokratie meint, daß das staatliche Handeln den Willen des Volkssouveräns repräsentiert. Nach einem liberalen Verständnis bedeutet dies, daß Demokratie allein in den verfassungsmäßig gebotenen Verfahren und Institutionen besteht, in denen das Volk seinen Willen bekundet, indem es ein Parlament wählt, das aus seiner Mitte mit Mehrheit eine Regierung bestimmt, Gesetze beschließt und anschließend deren Ausführung kontrollieren. Demokratie in einem solchen Verständnis ist eng auf institutionalisierte Verfahren begrenzt. Sie ist strikt von der Gesellschaft getrennt und findet allein im Bereich der Politik und des Staates statt. Andere demokratische Beteiligungsformen kennt die liberale Auffassung nicht. Dort, wo es zu anderen Formen der Willensbildung kommt, neigen Liberale dazu, von der Herrschaft der Verbände - gemeint sind meist: die Gewerkschaften - oder der Straße zu sprechen, von partikularen Interessen, die nicht legitimiert sind, einen Anspruch auf Allgemeinwohl zu erheben. So sind Liberale und Konservative seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten beunruhigt über das Phänomen der unkonventionellen Politikbeteiligung, die mit der Befürchtung der Unregierbarkeit einhergeht. Entscheidungen würden dadurch erschwert, blockiert, zerredet. Es ist ein beunruhigend autoritär-vordemokratischer Zug, der Entscheidungen über die Diskussion unterschiedlicher Perspektiven und Interessen stellt. Letztlich ist der Liberalismus gar nicht damit einverstanden, daß es in der Gesellschaft wirklich unterschiedliche und sogar unversöhnliche Interessen gibt, die die Ursache dafür sind, daß Diskussionen immer wieder notwendig werden und sogleich zu Entscheidungen führen. Er hätte gern schnell bedienbare homogene Interessenlagen. Entsprechend werden solche, die sich nicht fügen, ausgegrenzt.

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