Publikation Ungleichheit / Soziale Kämpfe - Globalisierung - International / Transnational - Amerikas Subjekte der Emanzipation

Beitrag zu den Thesen der Rosa-Luxemburg-Stiftung für das Seminar „Reform oder Revolution? Gesellschaftliche Konflikte, Konzepte, Akteure, Strategien des Kampfes gegen den Neoliberalismus“, Rio de Janeiro, Juni/Juli 2004

Information

Reihe

Online-Publ.

Autorin

Cornelia Hildebrandt,

Erschienen

Juli 2004

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Beitrag zu den Thesen der Rosa-Luxemburg-Stiftung für das Seminar „Reform oder Revolution? Gesellschaftliche Konflikte, Konzepte, Akteure, Strategien des Kampfes gegen den Neoliberalismus“, Rio de Janeiro, Juni/Juli 2004

Bei diesen Texten handelt es sich um Arbeitsübersetzungen für den Seminargebrauch. In einer mehrsprachigen Buchpublikation, die weitere Texte umfassen wird und zum nächsten WSF in Porto Alegre vorgelegt wird, werden die Beiträge in ihrer Endfassung publiziert.Wir bitten darum, die Texte bis dahin nicht zu zitieren.

„Die Parteien der alternativen Linken müssen heute auf der Grundlage ihrer Fähigkeiten bewertet werden, mit zahlreichen und verschiedenen Mitgliedern der Gesellschaft in Beziehung zu treten, den nationalen Kampf direkt mit dem globalen zu verbinden, gemeinsam mit ... vielfältigen Akteuren die zahlreichen und unterschiedlichen Bereiche der gesellschaftliche n Macht zu verändern ..., die Parteien müssen sich von einer Massenintegrierenden zu einer Massen verbindenden Partei entwickeln.“21 Damit stellt sich für linke Parteien die Frage nach ihren strategischen Bündnispartnern sowohl gesellschaftspolitisch, also in Bezug zur Zivilgesellschaft, als auch parteipolitisch. D.h. die Strategiebildung linker Parteien muss sich gleichermaßen in Auseinandersetzung mit den strategischen Grundpositionen der neuen sozialen Bewegungen und denen der sozialdemokratischen Parteie n vollziehen, die selbst mit am stärksten dem postfordistischen Transformationsprozess der Parteiform unterworfen sind und deren strategische Option eines „Dritten Weges“ spätestens seit Ende des letzten Jahrzehnts als zunächst gescheitert betrachtet werden kann. Dementsprechend entwickelte sich auch ein folgenschwere Schlüsseldifferenz in der Einschätzung der Sozialdemokratie: repräsentiert sie nur noch eine sozial und ideologisch abgefederte Variante des herrschenden Neoliberalismus und kommt daher für auch nur kurze Wege einer gegen den Neoliberalismus gerichteten Transformationspolitik prinzipiell nicht mehr infrage (ist sie also vollständig und gleichsam ohne innere Widersprüche integriert in den Machtblock des Neoliberalismus, wie er sich seit Ende der 70er Jahre herauszubilden begann) oder kann sie partiell und zeitweise in ein linkes Projekt einbezogen werden. Die erste Sichtweise ist eine Grundlage für den Aufschwung radikalistischer, z.B. trotzkistischer linksradikaler und autonomer Parteiungen insbesondere in England, Frankreich, Italien und zum Teil auch Spanien. Völlig unterschiedlich entwickelt sich dementsprechend das Verhältnis linker Parteien in Europa zur Sozialdemokratie und zu den neuen sozialen Bewegungen. Die Öffnung hin zu den sozialen Bewegungen ist für viele Parteien der radikalen Linken u.a. auch wegen ihrer spezifischen Situation schwierig (Fehlen oder relative Schwäche der Bewegungen auf nationaler Ebene) oder aufgrund ideologischer Barrieren, die auf der Idee beruhen, dass die Partei noch immer das Hauptinstrument des Kampfes der unteren Klassen sei und soziale Bewegungen lediglich als Komplemente und Korrektive etablierter politischer Institutionen begriffen werden müssen. Selbst die Schwäche der Bewegungen auf nationaler Ebene mit dem Hinweis auf die globale Bewegung umgangen werden kann, ist die Überwindung ideologischer Barrieren schwieriger, eben weil sich zahlreiche Parteien der radikalen Linken in den letzten Jahren auf der Grundlage von zwei Prinzipien gegründeten bzw. ihre Existenz etablierten: zum einen als Instrument sozialer Emanzipation in bezug auf den Staat und zum anderen als Garanten für politische und ideologische Unabhängigkeit der unteren Klassen. 22 Der zentrale Bezug auf den Staat macht es für diese Parteien z.T. schwierig, die politische Rolle anderer Akteure der Zivilgesellschaft zu verstehen und sie in ihrer Eigenständigkeit und Artikulation von Forderungen gesellschaftlicher Veränderung als gleichrangige Partner anzunehmen. Für die Rifondazione stellte eine enge Beziehung zu den Bewegungen ein strategisches Basiselement der Gründung dar und konnte dies aufgrund der großen Bedeutung dieser Bewegungen in Italien auch sein. Im Unterschied dazu ist in der PDS die Frage nach den strategischen Bündnispartnern trotz programmatischer Formulierung einer Strategie zur Formierung eines breiten sozialen und politischen Bündnisses für den grundlegenden Richtungswechsel heftig umstritten. 

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